Warum sich ÖSV-Star Kriechmayr einen Schweizer zum Vorbild nimmt

Der Skirennläufer beim Alpinen Ski Weltcup in Sölden.
Die Abfahrer starten am Freitag in Lake Louise in den Winter. Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr möchte in diesem Winter auf den Spuren von Beat Feuz wandeln.

Es beginnt jetzt wieder einer dieser Winter, die wie gemacht sind für Vincent Kriechmayr. Denn wann immer irgendwo eine WM ansteht, dann ist der 31-Jährige zur Stelle. Zwei Medaillen 2019 in Åre und zwei Titel 2021 in Cortina weisen den Oberösterreicher als echten WM-Spezialisten aus.

Das unterscheidet Kriechmayr von seinem ÖSV-Teamkollegen Matthias Mayer, der traditionell im Vier-Jahres-Rhythmus zuschlägt und seit 2014 bei allen Winterspielen Gold geholt hat.

Ein Skirennläufer mit Goldmedaille bei der FIS Alpinen Ski-Weltmeisterschaft 2021.

2021 in Cortina holte Kriechmayr WM-Gold in Abfahrt und Super-G

Vincent Kriechmayr war in Peking als Mitfavorit wieder einmal bei Olympia leer ausgegangen. Deshalb blickt er vor der ersten Saisonabfahrt am Freitag in Lake Louise (20.30, live ORF2) auch mit gemischten Gefühlen auf die vergangene Saison zurück.

Obwohl Vincent Kriechmayr den Abfahrtsklassiker in Wengen und – wie könnte es bei ihm anders sein – die Generalprobe im WM-Ort Courchevel gewonnen hat (Abfahrt, Super-G), zog der ehrgeizige Abfahrer keine positive Bilanz. „Ich war mit mir nicht zufrieden.“

KURIER: Sie haben drei Rennen gewonnen und waren trotzdem nicht zufrieden?

Vincent Kriechmayr: Die Saison ist nicht so gelaufen, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Ich bin zwar verletzungsfrei durchgekommen und habe auch Rennen gewonnen, aber grundsätzlich sind meine Ansprüche andere.

Das ist Jammern auf hohem Niveau.

Das Reizvolle am Skisport ist, dass es keine Perfektion gibt. Ich muss einen Schritt nach vorne machen. Und dafür muss ich an allen Schrauben drehen. Ich sehe noch überall Möglichkeiten, mich zu verbessern.

Ein Skirennläufer mit Startnummer 33 freut sich über seinen Erfolg.

Was meinen Sie konkret?

Das betrifft alle Belange. Die Kondition, die Skitechnik, das Mentale, es geht um das Thema Konstanz. Man muss sich ja nur Beat Feuz ansehen.

Was ist mit dem Schweizer?

Beat Feuz ist ein Paradebeispiel für Konstanz. Der fährt seit Jahren in der Abfahrt immer aufs Podium. So muss man agieren und performen, genau das ist mein Ziel.

Ist es ein Vorteil, dass Sie dank Ihrer beiden Titel von Cortina 2021 das WM-Ticket bereits sicher haben?

Es stimmt, dass ich mich nicht qualifizieren muss, aber das ist ja nicht mein Ziel, dass ich bei der WM dabei bin. Ich will einer der Besten der Welt sein. Wobei eines stimmt: Wenn ich der Beste in Österreich bin, dann habe ich zumindest schon einmal den Mothl (Anm. Matthias Mayer) geschlagen und dann bin ich automatisch weit vorne

Weil sie Matthias Mayer ansprechen. In den letzten Jahren mussten Sie beide die Erfolge in der Abfahrt einfahren. Fehlt der Nachwuchs?

Man darf Daniel Hemetsberger nicht vergessen, der ist letztes Jahr seine zweite echte Saison gefahren und war immer vorne dabei. Und wir haben gute junge Läufer, die richtig schnell sind.

Das klingt nach einem aber.

Sein Potenzial, im Rennen abzurufen, das ist die Kunst. Da fehlt oft die Coolness und sie wirken verkrampft. Ich habe es in meiner Anfangszeit auch oft nicht am Punkt gebracht. Die jungen Österreicher können aber sicher nicht weniger gut Skifahren als Läufer aus anderen Nationen.

Warum warten dann trotzdem viele so lange auf den Durchbruch?

Vielleicht tun sich manche etwas schwerer, mit dem Druck umzugehen. Wenn du bei uns nicht die Leistung bringst und im Bereich Platz 40 oder 50 landest, dann fährst du beim nächsten Rennen nicht mehr. Andere Nationen haben das Problem nicht. Da kriegst du deine Chance und kannst ein, zwei Saisonen im Weltcup fahren.

Täuscht der Eindruck, oder stehen Sie und Matthias Mayer den jungen Kollegen besonders zur Seite?

Wir wollen etwas von unserer Erfahrung weiter geben. Außerdem ist es in einer Gruppe immer viel angenehmer, wenn nicht jeder gegen jeden arbeitet. Skifahren ist zwar ein Einzelsport und es wurmt mich auch, wenn ich nicht gut fahre. Aber wenn einer von uns vorne ist, dann ist es erträglicher.

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