Warum Schnee von gestern auch (Kunst)Schnee von morgen ist

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"Tagebuch": So gut wie überall hatte der abtrünnige Marc Girardelli zum Unmut des ÖSV einst aufgetrumpft.

Keine Abfahrt in Gröden, keine in Val d’Isère. Jeweils wegen zu viel Schnee. Aus Tourismus-Sicht in Wahrheit der optimale Absagegrund. Ungeachtet dessen plagt die umweltbesorgte Stephanie Venier, wie aus einem ORF-Interview herauszuhören war, schlechtes Gewissen, weil man ihr und Teamkolleginnen mit einem Hubschrauberflug eine neunstündige Autofahrt nach Val d’Isère erspart hatte.

Mikaela Shiffrin reiste nach Val d’Isère gar nicht erst an. Doch auch in Abwesenheit macht die 24-jährige Amerikanerin von sich reden, indem sie sich – im Gegensatz zu ihrem Präsidenten Donald Trump – öffentlich Sorgen um den Klimawandel macht. In 40 Jahren, meinte die weltbeste Skirennläuferin gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, werde man nicht mehr Skifahren können.

Gleiches hatte der fünffache Gesamtweltcupsieger Marc Girardelli schon vor 27 Jahren in Gegenwart des KURIER-Reporters prophezeit.

Und heute?

„So lange leere Lkw quer durch Europa fahren, nur um die Exportförderung zu kassieren“, antwortet Girardelli, „werde ich mich zu diesem Thema nicht mehr äußern.“

Der Vorarlberger, der alle seine 46 Weltcup-Rennsiege als One-Man-Show für Luxemburg errungen hatte, sprach in seiner spektakulären Karriere nur selten mit Medien. Wenn doch, dann wartete er stets mit markigen Worten auf. Solche werden mittlerweile auch in Konzernen geschätzt, wenn Girardelli, 56, vor Führungskräften selbstbewusst Vorträge hält.

So gut wie überall hatte der Abtrünnige zum Unmut des ÖSV einst aufgetrumpft. Nur im Grödnertal, wo seit 50 Jahren um Weltcuppunkte gerast wird, trug sich Girardelli – so wie eine halbe Rennläufergeneration später auch Hermann Maier – nie in die Siegerliste ein. Einmal freilich auch aus groteskem Grund, der typisch war für den Unberechenbaren.

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Stephanie Venier: Im Helikopter mit schlechtem Gewissen

Girardelli war in Gröden in allen drei Trainingsläufen der Konkurrenz um die Ohren gebraust. Am Renntag aber wartete man auf den Topfavoriten vorm Startzelt oben am Ciampinoi vergeblich. Aus Protest dagegen, dass man ihm die (in Gröden selten vorteilhafte) Startnummer 1 zugeteilt hatte, reiste Marc ab. Vor einem Abfahrtsrennen, in dem ein gewisser Armin Assinger Stunden später mit Nummer 31 sensationeller Zweiter werden sollte.

Marc Girardelli heute: „Ich habe in derselben Saison trotzdem den Abfahrtsweltcup gewonnen.“ Das war im März 1989 gewesen. Zur gleichen Zeit, zu der Marcel Hirscher in Salzburg das Licht der Welt erblickt hatte.

Auch Slalomgenie Hirscher schrieb in Gröden nie Renngeschichte. Marcel hob sich seine Riesenform stets für den Riesenslalom auf der nördlichen Seite des Grödner Jochs auf. Für Alta Badia, wo die österreichischen Erwartungen in der Saison 1 nach Hirscher am heutigen vierten Adventsonntag in der alpinen Basisdisziplin alles andere als riesig sind.

Trotz des vielen Neuschnees wird in Alta Badia auf Kunstschnee gecarvt. Ohne Weiß aus der Düse wäre der Weltcup längst undenkbar.

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