Wie Daniel Tschofenig die Freude am Skispringen gefunden hat

Daniel Tschofenig lehnt sich an seine Ski und freut sich offensichtlich über einen guten Sprung.
Daniel Tschofenig meldete sich nach einigen Turbulenzen mit dem zweiten Platz in Oberstdorf zurück und ist der erste Jäger von Tournee-Leader Domen Prevc.

Daniel Tschofenig ist ein miserabler Schauspieler. Der 23-jährige Kärntner mag sich partout nicht verstellen, und sei es nur für die Kameras. Daniel Tschofenig sagt, was er sich denkt und er zeigt, wie er sich fühlt. Und das in allen Lebenslagen.

„Das war einfach genial“, jubelte der Titelverteidiger nach seinem zweiten Platz beim Tournee-Auftaktspringen in Oberstdorf mit einem fetten Grinser. Aus dem Kärntner sprach dabei nicht nur die pure Freude über die lang ersehnte Rückkehr auf das Siegespodest, sondern Daniel Tschofenig wirkte vor allem: richtig erleichtert. „Das tut echt gut nach den letzten Wochen.“

Der große Schanzenheld des letzten Winters – Sieg bei der Tournee und im Gesamtweltcup – war das große Rätsel der bisherigen Saison. So stark Tschofenig im November mit dem Sieg in Lillehammer in den Olympiawinter gestartet war, so schwach präsentierte er sich in den Wettkämpfen vor der Tournee. Bei der Generalprobe in Engelberg hatte der erfolgsverwöhnte Überflieger zuletzt sogar den zweiten Durchgang verpasst.

Abenteuer im Kopf

Bei Tschofenig kamen in den letzten Wochen gleich mehrere Probleme zusammen, die schließlich dazu führten, dass der Kärntner genau das machte, was jeder Skispringer tunlichst vermeiden sollte: Er begann zu grübeln und zu tüfteln.

Tschofenig haderte mit seiner Hocke im Anlauf, er ärgerte sich über die abhandengekommene Absprungstärke und war mit sich und der Skisprungwelt sichtlich nicht im Reinen. Eurosport-Experte Markus Eisenbichler wies den Gesamtweltcupsieger sogar schon auf seine negative Körpersprache hin. „Ich muss schauen, dass die Freude am Skispringen wieder zurückkommt“, antwortete Tschofenig.

Dabei kam die Flaute des Überfliegers ja keineswegs überraschend. Daniel Tschofenig hatte einen mühsamen Sommer hinter sich, während die Kollegen sich mit den neuen Sprunganzügen und den anderen Materialänderungen anfreundeten, war der Kärntner zwei Monate lang wegen einer Muskelverletzung zur Untätigkeit gezwungen. Selbst ein hochveranlagter Skispringer wie er kann dieses Manko nicht innerhalb kürzester Zeit wettmachen.

Dazu kam der Erfolgsdruck, den sich der überehrgeizige Gesamtweltcupsieger selbst immer aufbürdet. Mit seiner immensen Erwartungshaltung steht sich Daniel Tschofenig immer dann im Weg, wenn es gerade nicht nach Wunsch läuft. „Mir war aber schon bewusst, dass so eine Saison wie letztes Jahr nicht jeden Winter passiert. Das schüttelt man nicht so einfach aus dem Handgelenk.“

Rasante Trendwende

Oder etwa doch? In Oberstdorf sah man wieder einmal, wie schnell es im Skispringen in die andere Richtung gehen kann. Ein gelungener Sprung in der Qualifikation auf Rang 3 hat Daniel Tschofenig gereicht, um den ganzen lästigen Ballast abzuwerfen und wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu bekommen.

Das geht so weit, dass er selbst Seriensieger Domen Prevc ins Visier nimmt. 17,5 Punkte, oder umgerechnet 10 Meter, liegt der Slowene voran. „Wir müssen sicher hoffen, dass er einen Fehler macht. Aber die Tournee ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

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