Riesentorlauf in Sölden: ÖSV-Star Schwarz nur von Odermatt besiegt

Marco Schwarz fährt in Hocke durch die Tore.
Marco Schwarz stach aus einer starken ÖSV-Mannschaft heraus. Brennsteiner wurde Vierter, Haaser Sechster.

Marco Schwarz ist normalerweise kein Mann der  großen Emotionen und öffentlichen Gefühlsausbrüche. Der Kärntner präsentiert sich nahezu in allen Lebenslagen abgeklärt und verliert nie die Kontrolle. Als er nun aber nach seinem zweiten Platz beim  Riesentorlauf in Sölden zum Interview gebeten wurde, da war es um ihn geschehen.

Marco Schwarz rang  um Fassung und kämpfte mit den Tränen. „Das war so ein zaches Jahr und eine so schmerzhafte Zeit“, sagte der 30-Jährige mit belegter Stimme. „Ich bin normalerweise nicht so emotional.“
Es war im Dezember 2023 in Bormio, als der Kärntner mitten in der Hochform seiner Karriere durch einen Kreuzbandriss jäh aus dem Rennläuferleben gerissen wurde. Marco Schwarz führte zu diesem Zeitpunkt gerade den Gesamtweltcup an und galt als einziger Mann, der Superstar Marco Odermatt  die große Kristallkugel streitig machen könnte.

Die schwere Knieverletzung warf den Weltmeister von 2021 (Alpine Kombination) weiter zurück, als er befürchtet hatte. Schmerzen waren sein ständiger Begleiter, und als er sich dann auf  dem steinigen  Weg zurück auch noch einer Bandscheiben-Operation unterziehen musste,  startete er erneut bei null.  „Ich habe in dieser Zeit sehr viel mit mir gehadert“, erzählt der Kärntner. 

Langer Leidensweg

Wer kann’s ihm auch verdenken: Da darf Marco Schwarz einmal in der Laufbahn eine Heim-WM erleben und  dann ist er bei diesem Ereignis noch gezeichnet von seinen Verletzungen und deshalb nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. „Ich habe mich gerade in der letzten Saison selbst zu sehr unter Druck gesetzt“, berichtet Schwarz, der einfach nicht wahrhaben wollte, dass er noch nicht wieder der Alte ist. „Richtig schmerzfrei trainieren funktioniert erst seit Sommer“, gibt er zu.

Welches Potenzial in einem fitten Marco Schwarz steckt, der wieder bedingungsloses Vertrauen in seinen Körper und seine Fähigkeiten hat, zeigte er am Sonntag beim Saisonauftakt in Sölden. 

Schwierige Bedingungen, wie sie gestern auf dem Rettenbachferner herrschten (diffuses Licht, schlechte Bodensicht), hätten ihn vor einigen Monaten noch gehemmt. Gestern bewältigte Schwarz den Steilhang mit einer Überzeugung und Souveränität, als hätte es die schmerzhafte Vorgeschichte nie gegeben. „Letztes Jahr hätte ich mir das sicher nicht zugetraut. Da habe ich bei solchen Verhältnissen zurückgezogen.“

Wichtiges Aha-Erlebnis

Der erste Durchgang, in dem er nur eine  Hundertstelsekunde langsamer war als Sieger Marco Odermatt, wirkte für den Österreicher wie ein Aha-Erlebnis. „Das hat mir Sicherheit gegeben und mir gezeigt, dass ich gut drauf bin. Im Training war ich nämlich nicht bei den Schnellsten.“

Aber das hat mittlerweile gar nichts mehr zu heißen im österreichischen Riesentorlauf-Team. Nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher war hierzulande die große Riesentorlauf-Krise ausgerufen worden, in den letzten Wintern kam das Team aber mehr und mehr in Fahrt.  

Starkes Team

Beim Weltcupauftakt demonstrierten die Österreicher im Sog von Schwarz die aktuelle mannschaftliche Stärke: Stefan Brennsteiner erreichte mit dem vierten Rang seine mit Abstand beste Platzierung in Sölden. Weltmeister Raphael Haaser markierte im zweiten Durchgang die Laufbestzeit und fuhr als Sechster sein bestes Weltcupergebnis im Riesentorlauf ein.

Verdienter Lohn nach diesem fast perfekten Wochenende: Die Österreicher führen erstmals seit langer Zeit wieder im Nationencup.

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