ÖSV-Star Franz nach Horror-Sturz: "Schmerzmittel sind mein Begleiter"
Der Abfahrer ist seit 14 Monaten mit Verletzungen an beiden Beinen außer Gefecht. Schmerzen sind sein täglicher Begleiter.
18.01.24, 05:00
Im November 2022 veränderte sich das Leben von Max Franz schlagartig. Bei einem Sturz in Copper Mountain erlitt der Kärntner einen offenen Unterschenkelbruch am linken Bein, bei dem der Nerv durchtrennt wurde. Auch am rechten Bein hatte er eine äußerst komplizierte Unterschenkelverletzung. Die Narben, die sich über seinen Körper ziehen, sind 114 Zentimeter lang. 14 Monate nach seinem Unfall kämpft der 34-Jährige um die Rückkehr in den Alltag – und irgendwann auf die Skipiste.
Max Franz: Ich hatte vor vier Wochen noch einmal eine Operation. Der Nagel in meinem linken Unterschenkel musste gewechselt werden. Der neue Nagel ist jetzt zwei Millimeter dicker, es fühlt sich schon einmal stabiler an.
War dieser Eingriff denn immer geplant?
Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir diese Operation umgehen können. Dass es eine Option sein könnte, war schon lange ein Thema. Es ist mit der Heilung nicht so weitergegangen, wie wir uns das erhofft haben. Eigentlich wollte man den Fuß nicht noch einmal aufschneiden wegen der Infektionsgefahr. Schlussendlich gab es keinen anderen Ausweg als diese OP.
Was erhoffen Sie Sich von der OP und dem dickeren Nagel in Ihrem Fuß?
Im Endeffekt sollte dadurch eine normale Knochenheilung stattfinden. Für den Körper war das ein Neustart. Durch die schweren Verletzungen an beiden Beinen hatte mein Körper seit dem Unfall so viel zu arbeiten. Mit dem Nerv, der wieder heilen musste, mit dem Gewebe. Die Knochenheilung ist für den Körper offenbar hinten angestanden. Ich muss jetzt einfach das Beste draus machen.
Was können Sie machen bzw. was ist Ihnen nicht möglich?
Es war unmöglich, dass ich einmal eine längere Strecke zurücklege. Mit den Hunden spazieren gehen – keine Chance. Nach 300 Metern habe ich umdrehen müssen, da war es so was von genug. Danach hatte der Körper immer den ganzen Tag zu tun und ich war fix und fertig.
Hätten Sie nach ihrem Sturz gedacht, dass das so ein langwieriges Problem sein würde?
Nein. Ich habe mir damals gedacht: Die Knochen sind halt gebrochen, das wird schon bald wieder. Ein Knochen ist ja nicht so schlimm, ein Kreuzbandriss ist viel schlimmer. Aber da war mir auch nicht so bewusst, was mir passiert ist und was es bedeutet, wenn der Nervenstrang durchtrennt ist. Das ist mir erst im Spital in Graz richtig bewusst geworden: Die Ärzte haben gemeint, dass es schon eineinhalb Jahre dauern würde, bis sich der Nerv erholt hat. Der wächst einen Millimeter am Tag und arbeitet sich am Fuß nach unten.
Das muss frustrierend sein.
Letztes Jahr im Frühjahr habe ich mir gedacht, dass ich gegen Ende der Saison noch den letzten Schnee ausnützen kann. Nichts. Im Sommer habe ich dann gehofft, dass ich beim ersten Schnee im Herbst wieder auf den Skiern bin. Denkste. Jetzt hoffe ich, dass ich heuer den Schnee vielleicht noch ausnutzen kann.
Ist das realistisch?
Ich bin jetzt sehr guter Dinge, dass in fünf, sechs Wochen mehr geht. Dass ich auf Langlaufski komme oder auf Tourenski. Seit der letzten OP spüre ich, dass sich im Bein was tut. Auch die Ärzte sagen: Sobald der Knochen einmal fest ist, dann bist du von jetzt auf gleich ein neuer Mensch. An dem halte ich mich gerade brutal fest. Aber es hat schon ein Paar Mal geheißen, dass was vorangeht. Und das war dann leider nicht so.
Haben Sie Schmerzen?
Immer. Ich hatte immer Schmerzen. Ein Knochen, der nicht heilt, tut echt sauweh. Und wenn ein Nerv wächst, dann bist du hypersensibel und extrem empfindlich.
Das heißt, Sie brauchen immer noch Schmerzmittel?
Für die Nerven nehme ich Lyrica, die dämpfen diesen Schmerz ein bisschen. Wenn ich die weglasse, dann wird’s richtig spannend. Dann sticht der Fuß richtig und du hältst es kaum aus. Es ist eigentlich ein gutes Zeichen, wenn es weh tut, weil das bedeutet, dass der Nerv wächst. Schön, wenn ich mich freuen sollte, dass was wehtut. So geil ist das nicht.
Das klingt furchtbar.
Es gibt den Schmerz von den Nerven und den Schmerz von den Knochen – das kannst du oft nicht unterscheiden. Die letzten Wochen nach der OP habe ich noch andere Schmerzmittel gebraucht. Schmerzmittel sind seit dem Sturz mein Begleiter.
Spüren Sie Nebenwirkungen?
Gerade am Anfang habe ich gemerkt, dass ich mich schwer tu. Mir sind gewisse Sachen nicht mehr eingefallen. Das hat sich irgendwann gelegt. Und mein Körper hat sich daran gewöhnt, dass der Schmerz immer da ist.
Gab es in den letzten 14 Monaten so etwas wie den größten Frustmoment?
Es war ein ständiges Auf und Ab. Einen Tag geht’s gut, du trainierst ein bisschen – und dann kannst du zehn Tage nichts tun. Das zipft dich schon an. Den frustrierenden Moment lasse ich gar nicht zu. Ich will die negativen Sachen nicht an mich heran lassen. Es ist wichtig, dass man nie in ein Loch fällt.
Was haben die letzten 14 Monate mit Ihnen gemacht?
Mich hat es oft aus meiner Karriere rausgenommen, wenn ich gerade richtig gut drauf war. Das kostet mich so viel Zeit und hindert mich an dem, was ich gerne machen würde. Es ist eine Verletzung und ich kämpfe mich zurück, anscheinend ist das mein Los. Ich nehme es an und versuche das zu lösen und noch einmal zurück zu kommen. Ich habe noch nicht gezeigt, was ich kann. Und wenn ich zeigen kann, dass ich aus der Verletzung auch noch einmal zurückkommen kann, dann wäre das großartig.
Haben Sie einen Fahrplan?
Es gibt kleine Ziele, die ich erreichen will, die es mir aber immer wieder über den Haufen wirft. Das große Ziel ist nach wie vor die Rückkehr in den Weltcup. Das lasse ich mir nicht nehmen, das ist meine Motivation.
Das Ziel scheint im Moment sehr weit entfernt.
Natürlich muss mein Körper wieder zu hundert Prozent funktionieren, damit ich das machen kann. Ich weiß, dass Weltcupfahren ein ambitioniertes Ziel ist, aber es ist möglich. Ich will es noch einmal probieren.
Was antworten Sie jenen, die sagen, das wäre unmöglich?
Ich verstehe, wenn Leute skeptisch sein. Sicher ist es schwierig, realistisch betrachtet ist es sogar sehr, sehr schwierig. Aber das zu schaffen, wäre ein Erfolg, den nicht viele vorweisen können.
Kommentare