Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Pokerface: Hirscher macht sich Gedanken über seine Zukunft. 
"In meinem Kopf spielt es im Moment verrückt", sagt der Ski-Star und gönnt sich ein Paar Tage Pause vor dem Weltcupfinale.

Marcel Hirscher hat abgeliefert, was sich die Öffentlichkeit und er selbst erwartet haben. Der Salzburger gewann zum achten Mal den Gesamtweltcup und zum jeweils sechsten Mal die kleinen Kugeln in den technischen Disziplinen. Dazu kam WM-Gold im Slalom und -Silber im Riesentorlauf. Nach Rang drei im Slalom von Kranjska Gora war er müde, bäumt sich für die letzten Saisonrennen aber nochmals auf.

Freilich gelang Hirscher in Kranjska Gora mit der vorzeitigen Fixierung des Gesamtweltcups der große Coup, die Rennen selbst verliefen aber nicht wunschgemäß. Salzpistenpräparierungen bei Frühlingstemperaturen mag der Eis-Spezialist einfach überhaupt nicht. Nach Rang sechs im Riesentorlauf ging es im Slalom aber zumindest noch auf das Podest.

Das hatte zur Folge, dass er zur Pressekonferenz nach dem Rennen kam und dort auf Henrik Kristoffersen - Salzliebhaber, Dauerrivale, Gewinner des Riesentorlaufs am Samstag und Zweiter des Slaloms am Sonntag hinter Ramon Zenhäusern - traf. Der Norweger kommentierte annähernd jeden Satz des Salzburgers, stichelte ("Sei nicht so ernst"), versuchte ihn mit allerhand Argumenten zur Fortsetzung der Karriere zu überreden bzw. die Verbesserung des Weltcup-Siegrekordes von Ingemar Stenmark (mit 68 fehlen Hirscher noch 18) schmackhaft zu machen. "Ich habe dich noch nie so lustig erlebt", kam selbst Hirscher aus dem Lachen nicht mehr heraus.

Die aufgelockerte Stimmung kam auch nicht ganz von ungefähr. Bei Hirscher war mit der Fixierung des achten Gesamtweltcupsieges am Tag davor eine große Last abgefallen. Er verglich das mit der letzten Prüfung nach jahrelangem Lernen. "Du bist so zufrieden, jede Last ist von deiner Schulter weg. Da ist es hart, die Motivation zu finden und die Energie", erklärte er seine Leistung im Rennen. "Und ich hasse salzige Bedingungen. Ich mag diese Frühlingslett'n wirklich nicht."

Marcel Hirschers Karriere:

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Marcel Hirscher wurde am 2. März 1989 in Hallein geboren, als erstes Kind von Ferdinand und Sylvia Hirscher.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Von Kindesbeinen an wird Marcel von seinem Vater Ferdinand (re.), einem staatlich geprüften Ski- und Snowboardlehrer, betreut. Im Trainer-Team seines Sohnes gilt er als eine Art "Supervisor", der auch bei Video-Analysen dabei ist. Der um sieben Jahre jüngere Bruder Leon (Mi.) wollte in die Fußstapfen seines Bruders treten, eine schwere Hüftkrankheit bremste ihn aus. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Stets an seiner Seite: Mit Laura Moisl war Marcel zehn Jahre liiert, bis sich das Paar im vergangenen Sommer endlich dazu entschloss, eine Ehe zu schließen.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Im Oktober bekamen sie einen Sohn. Seitdem habe der Ski-Star andere Prioritäten, sagte er kurz nach der Geburt.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Bereits in der Jugend ließ der 173 cm große Fahrer sein Talent aufblitzen. Als 14-Jähriger wurde er dreifacher österreichischer Schülermeister, als 15-Jähriger kam er nach Erreichen des Alterslimits bei FIS-Rennen zum Einsatz.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Bei der Junioren-WM 2007 gewann er die Goldmedaille im Riesenslalom und die Silbermedaille im Slalom.

Ein Mann mit blonden Haaren und blauem Jackett vor einer Marmorwand.

Sein Weltcup-Debüt feierte der in Annaberg/Salzburg lebende Ausnahmeathlet am 17. März 2007.

Ein lächelnder Skirennläufer wird mit Schnee auf dem Siegerpodest gefeiert.

In Lenzerheide kam er damals - zum Start war er als Juniorenweltmeister berechtigt - als Drittletzter auf Rang 24 mit einem Rückstand von 3,17 Sekunden auf Sieger Aksel Lund Svindal.

Ein Skirennläufer jubelt mit Skiern und Stöcken in der Hand im Zielbereich.

Seinen Durchbruch im Weltcup erlebte Marcel Hirscher im olympischen Winter 2009/2010. In Val d'Isère carvte er in seiner Paradedisziplin Riesenslalom zu seinem ersten Weltcup-Sieg.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Am 12. Dezember 2010 feierte Hirscher, wieder in Val-d’Isère, seinen ersten Slalom-Sieg im Weltcup.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Im Jänner 2012 gelang ihm beim Schladminger Nachtslalom der erste Sieg auf österreichischem Boden. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Und der Höhenflug hielt an. 

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Es folgten 8 Gesamtsiege (2011/12, 2012/13, 2013/14, 2014/15, 2015/16, 2016/17, 2017/18, 2018/19), die letzte große Kugel...

WELTCUP-FINALE IN SOLDEU: HIRSCHER (AUT)

... erhielt er beim Saison-Finale am 17. März in Soldeu (Andorra). 

Ein Skirennläufer jubelt mit Skiern und Stöcken in der Hand.

Hirscher ist zudem sechsmaliger Riesentorlauf-Weltcupsieger (2011/'12, 2014/'15, 2015/'16, 2016/'17, 2017/'18, 2018/'19) und hat ebenso...

Ein Skirennläufer jubelt mit erhobenen Armen und Skistöcken über seinen Sieg.

... viele Slalom-Weltcupsiege (2012/'13, 2013/'14, 2014/'15, 2016/'17, 2017/'18, 2018/'19) bislang verbuchen können.

Hirscher siegte mit Rekordvorsprung

Der Salzburger triumphierte im vergangenen Dezember in Alta Badia erstmals auch im Parallel-Riesentorlauf und egalisierte mit dem 62. Weltcupsieg die ÖSV-Bestmarke der österreichischen Jahrhundert-Sportlerin Annemarie Moser-Pröll. Inzwischen hält er bei 67.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Nach dem Sieg in Saalbach ist er die alleinige Nummer eins. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Auch bei den Weltmeisterschaften hagelt es Medaillen für Hirscher. 2013 gewann er in Schladming bei seinem ersten Antreten, dem Mannschaftsbewerb, die Goldmedaille mit dem österreichischen Team. Im Riesenslalom gewann er seine erste WM-Einzelmedaille, eine silberne.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Bei Olympia sammelte er drei Medaillen: Gold im Riesenslalom und Kombination (Pyeongchang) sowie Silber im Slalom von Sotschi. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Österreichs Sportler des Jahres wurde er fünf Mal - 2012, 2015, 2016, 2017 und 2018. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Im vergangenen Oktober wurde Hirscher zum vierten Mal von den Mitgliedern der Internationalen Ski-Journalisten-Vereinigung (AIJS) zum Alpinskisportler des Jahres gewählt. Damit schloss er zum bis dato allein führenden Schweizer Pirmin Zurbriggen auf.

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Im vergangenen Jahr wurde der Salzburger von der Zeitung L’Equipe zum "Champion der Champions 2018" bzw. zum Weltsportler des Jahres gekürt. Hirscher ist der erste Skifahrer überhaupt, der die prestigeträchtige Trophäe in Empfang nehmen durfte. Diese Ehre wurde vor ihm keinem Österreicher zuteil. 

Hirscher zu Zukunftsfrage: "Härteste Entscheidung meines Lebens"

Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich erhielt Hirscher 2016. Den Orden überreichte ihm der damalige Bundeskanzler Werner Faymann. 

Zu Rang drei dürfe man ihm daher ruhig gratulieren, er habe nicht viel mehr rausholen können. "Es hat in der Früh beim Einfahren schon mit einer gescheiten Brez'n angefangen. Das ist mir in den letzten zehn Jahren nicht ein einziges Mal passiert. Irgendwie ist es Zeit, dass es jetzt vorbei ist. Es fällt einfach alles weg, wenn du so hinhackelst auf was. Das kennt eh jeder. Es ist eh jedes Jahr das gleiche. In Anbetracht der Umstände: dritter Platz, bist du wahnsinnig!"

Hirscher wird nun ein paar Tage Pause machen ("Ich muss schauen, wie es mir geht") und am Freitag zum Weltcupfinale nach Soldeu/Andorra fliegen. Dort stehen für ihn am Wochenende noch je ein Riesentorlauf und ein Slalom auf dem Programm. Zudem erfolgt wie immer die offizielle Vergabe der Kugeln, was auf der Rückreise wieder Übergepäck bedeutet.

"Es war eine sehr gute Saison. Ich habe wirklich, wirklich sehr stark angefangen", blickte Hirscher auf den Winter zurück. Zehn Siege feierte er im Weltcup, beginnend mit dem Slalom am 18. November in Levi bis zu jenem am 29. Jänner in Schladming. Dazu kamen die Kugeln und WM-Medaillen. "Es war und ist eine gewaltig schöne Zeit. Ich bin extrem dankbar."

Wie es weitergeht? "Diese Entscheidung wird die härteste in meinem ganzen Leben werden. Im Moment kann ich nicht sagen, wohin es geht. In meinem Kopf spielt es im Moment verrückt." Er freut sich nach dem Finale erst einmal auf eine lange Zeit daheim. Danach wird der Familienvater berichten, ob er noch ein Jahr dranhängt.

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