Bob-Pilotin Katrin Beierl: "Gut, dass ich diesen Schlaganfall hatte"
Wieso die Niederösterreicherin nach der Diagnose erleichtert war, was sie positiv in die Zukunft blicken lässt und warum ihr der Sport auf dem Weg zurück hilft
Am 11. August hatte Katrin Beierl in Peru einen Schlaganfall. Die Himbergerin war zu diesem Zeitpunkt 28, sie ist Profisportlerin, austrainiert und topfit, in der Saison 2020/’21 gewann Beierl als erste heimische Bob-Pilotin den Gesamtweltcup.
KURIER: Wie oft haben Sie Sich die Frage gestellt: Wieso gerade ich? Wieso trifft es eine junge, fitte Frau?
Katrin Beierl: Natürlich habe ich mir gedacht: Da gibt’s junge Leute, die rauchen, die dick sind, die ungesund leben – warum erwischt es die nicht, und mich schon?
Haben Sie eine Antwort?
Es ist halt so. Und ich bin nicht die Einzige in meinem Alter. Bei mir haben sich viele gemeldet, die auch einen Schlaganfall hatten. Daher weiß ich, dass es viel schlimmer hätte kommen können. Auf der Neurologie habe ich gesehen, welche Beeinträchtigungen andere haben.
Wie geht’s Ihnen denn?
Ich bin sehr müde und habe Schwindelgefühle beim Schlafen. Seit einiger Zeit ist die linke Wange taub. Das Blödeste ist, dass ich mit dem linken Auge nicht mehr richtig sehen kann. Mir fehlt das Gefühl für die Distanz und auch das Blickfeld ist eingeschränkt. Deswegen kann ich nicht mit dem Auto oder dem Rad fahren. Aber grundsätzlich ist es körperlich nicht das große Problem. Ich bin froh, dass ich nicht mehr habe.
Sie wirken überhaupt nicht schockiert oder deprimiert.
Ehrlich gesagt hat mich die Diagnose Schlaganfall nicht schockiert.
Wirklich nicht?
Ich hatte auf dem Weg von Peru nach Wien genug Zeit, mich damit zu beschäftigen, was ich haben könnte. Ich habe viel gegoogelt. Und bei den Symptomen, die ich hatte, war der Schlaganfall noch eine der besseren Optionen. Als die Ärztin mir gesagt hat, dass ich einen Schlaganfall hatte, war meine erste Reaktion: ,Oh geil, kein Gehirntumor.’
Wann und wie haben Sie gemerkt, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt?
Das Tückische war ja, dass es sich wie eine Migräne angefühlt hat. Seit ich zwölf bin, habe ich immer wieder solche Attacken, auch mit Sehstörungen. Der Unterschied war, dass es diesmal nicht nach einer halben Stunde vorbei war. Bei den Untersuchungen habe ich dann erfahren, dass es schon mein dritter Schlaganfall war.
Schon Ihr dritter?
Die Ärzte haben zwei Narben im Kleinhirn entdeckt, die von älteren Schlaganfällen stammen.
Sie haben nie was gespürt?
Nein. Daher haben die Ärzte auch gesagt, dass es gut war, dass ich jetzt diesen Schlaganfall hatte, bei dem ich etwas gemerkt habe. Weil es hätte tragisch ausgehen können, wenn ich noch einige kleinere Schlaganfälle gehabt hätte, und irgendwann kommt ein großer daher.
Müssen Sie jetzt Medikamente nehmen und Ihr Leben umstellen?
Ich nehme im Moment zwei Medikamente. Aber eigentlich möchte ich eine Lösung haben. Ich möchte nicht so leben, dass es heißt: Das kann jederzeit wieder passieren. Es gibt die Vermutung der Neurologen, dass dieser Schlaganfall mit meiner Migräne zusammenhängen könnte. In sechs Wochen habe ich im Sanatorium Kettenbrücke in Innsbruck bei Doktor Spiegel das nächste MRT, da wird man sehen, wie viel sich zurückgebildet hat und ob was bleibt.
Können Sie auch aktiv etwas zur Heilung beitragen?
Ich mache im Moment Gehirnjogging, Sudoku und Sichttraining für das Auge.
Sie sind also quasi wieder im Training.
Ich denke, es hilft mir, dass ich aus dem Sport komme. Ich kenne Verletzungen und weiß, wie man damit umgehen soll. Du kannst dich einen Tag bemitleiden, du darfst auch weinen, aber dann muss es weiter gehen. Bis jetzt hatte ich noch kein Down. Und ich habe mir ein neues Ziel gesetzt: Ich mache mein Jus-Studium fertig. Ich bin Polizeisportlerin und bin froh, dass ich nicht fallen gelassen werde. Ich weiß es zu schätzen, dass ich diese soziale Absicherung habe.
Wie weit ist das Bobfahren aktuell weg?
Heuer werde ich sicher in keinen Bob mehr einsteigen. Im Moment geht es nur darum, dass ich wieder gesund werde. Wenn es irgendwie geht, würde ich aber natürlich gerne wieder Bobfahren.
Und wenn Ihr Körper das nicht mehr erlauben würde. Ist es ein Trost, dass Sie in Ihrer Karriere schon viel erreicht haben?
Es lässt sich alles entspannter sehen. Wenn es gar nicht mehr ginge, kann keiner sagen, dass wir nichts erreicht hätten.
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