Wenn ein Chaos-Klub in Österreich als Paradies empfunden wird

Wenn ein Chaos-Klub in Österreich als Paradies empfunden wird
Stefan Köglberger, Sohn des zweifachen Meisters Helmut betreut das Acakoro-Sozialprojekt in Kenia. Durch seine Vermittlung kam Talent Sylvia Makhungo nach Innsbruck.

Er war der erste dunkelhäutige österreichische Fußball-Nationalspieler gewesen. Mit dem LASK und der Austria wurde Helmut Köglberger (gestorben 23. 9. 2018) Meister und 1969 auch Schützenkönig. Ähnlich stolz wie über diese Titel wäre er jetzt über das zehnjährige Bestehen des von ihm gegründeten Acakoro-Sozialprojekts in Kenia. Und dass ein afrikanisches Mädchen, das noch zu Köglbergers Lebzeiten aus einem Slum Nairobis geholt wurde, die Frauen-Bundesliga belebt.

„Die könnt ihr ung’schaut nehmen“, hatte ein in Nairobi als Sozialhelfer tätiger Tiroler wissen lassen. Tatsächlich debütierte dann die 19-jährige Sylvia Makhungo nur 48 Stunden nach einem Probetraining in Innsbruck in der Bundesliga.

Das (auch schon von der UNESCO gelobte) Acakoro-Camp ist über den Verdacht erhaben, gewinnorientiert zu sein. Vorrangig dient es nicht dazu, um aus Talenten als Profis geeignete Kicker zu machen, die man nach Europa verkaufen kann. Vielmehr soll einigen hundert von zigtausend bettelarmen Jugendlichen Analphabetismus erspart bleiben. Und Hungerleid.

Von Ratten zerfressen

Neben täglich Brot erhielt Sylvia Trainingsjacken. Weil sie diese wiederholt durchlöchert zurückbrachte, betrieb die Camp-Leitung Ursachenforschung. Resultat: Daheim (= im Slum) hatte Sylvia, verlassen von Vater und Mutter, mit ihrer Oma stets auf dem Lehmboden nächtigen müssen. „Die Löcher stammten von Ratten“, erzählt Stefan Köglberger.

Der Sohn des ehemaligen Nationalstürmers hat vom Papa und von seiner ebenfalls schon verstorbenen Mama (sie war sozial engagierte Bezirksrätin) das Helfer-Syndrom geerbt.

Das Camp in Nairobi lebt von Spenden. Wobei die größte von einem Tiroler Unternehmer namens Christian Kranebitter stammt, der damit hilft, dass in Nairobi bis zu 150 Kinder im Camp verköstigt, unterrichtet und für Sport begeistert werden. „Uns ist bewusst, dass wir nur individuelle Schicksale verbessern können.“

Hoffen auf das Visum

Mittlerweile verfügt Acakoro am Rand der Fünf-Millionen-Metropole über ein eigenes Internat und einen Sportplatz. Und mittlerweile haben zwei Provinz-Gouverneure für 60 Jahre 80.000 Quadratmeter Land in Homa-Bay am Südufer des Victoriasees Acakoro zur Verfügung gestellt. Dorthin fliegt Stefan Köglberger im Mai, während Sylvia Makhungo hofft, dass sie ihr Team vom letzten Platz wegschießen kann; und dass ihr – sechs Monate gültiges – Touristenvisum in Österreich verlängert wird. Das werde gar nicht so einfach sein, befürchtet Köglberger.

Sylvia, die bei einer um sie bemühten Innsbrucker Gastfamilie wohnt, spielt zum Nulltarif. Was bei Wacker Innsbruck auch gar nicht anders möglich ist. Der Traditionsklub versinkt im finanziellen Chaos.

Im Gegensatz zu den Frauen verloren die Männer ihre Bundesliga-Zugehörigkeit. Am 1. April blieb auch in der vierten Spielklasse (kein Scherz) den Nachfahren des zehnfachen österreichischen Meisters ein Erfolgserlebnis versagt: Wacker unterlag dem SV Mils 1:4.

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