Umsturz am vorletzten Tag: Jai Hindley führt beim Giro d'Italia

Der neue Mann an der Spitze: Jai Hindley
Der 26-jährige Australier entreißt dem um zwei Jahre älteren Richard Carapaz das Rosa Trikot und hat zwei Premieren vor Augen. Am Sonntag fällt die Entscheidung.

Hoch hinaus ging es am vorletzten Tag des 105. Giro d’Italia: 168 Kilometer Klettertour hatten die Veranstalter für die vorentscheidende 20. Etappe der Italien-Rundfahrt zusammengestellt, nach dem Start in Belluno sollten Passo San Pellegrino (1.918 Meter), Passo Pordoi (2.239 Meter und damit heuer das Dach der Tour) sowie die Auffahrt von Malga Ciapela zum Passo Fedaia (2.057 Meter) Klarheit im Gesamtklassement bringen.

Jedoch: Wie schon in den Tagen zuvor lieferten die britische Mannschaft Ineos und das deutsche Team Bora-hansgrohe einander ein Duell auf Augenhöhe. Drei Sekunden trennten Leader Richard Carapaz aus Ecuador und seinen australischen Verfolger Jai Hindley vor dem Start – und im Schlussanstieg begann der Südamerikaner zu leiden.

Umsturz am vorletzten Tag: Jai Hindley führt beim Giro d'Italia

Triumphfahrt ins Rosa Trikot: Jai Hindley auf den letzten drei Kilometern zum Ziel am Passo Fedaia

20. Etappe (Belluno–Passo Fedaia, 168 km): 1. Covi (ITA) Emirates 4:46:34, 2. Novak (SLO) Bahrain-Victorious +32, 3. Ciccone (ITA) Trek-Segafredo +37, 4. Pedrero (ESP) Movistar +1:36, 5. Arensman (NED) DSM +1:50, 6. Hindley (AUS) Bora-hansgrohe +2:30, 9. Landa (ESP) Bahrain-Victorious +3:19, 11. Carapaz (ECU) Ineos +3:58, 55. Gall (AUT) AG2R Citroën +17:53, 109. Bayer (AUT) Alpecin-Fenix +40:25, 129. P. Gamper (AUT) Bora-hansgrohe +41:00, 134. Brändle (AUT) Israel-Premier Tech gl. Zeit.
Gesamt: 1. Hindley 86:07:19, 2. Carapaz +1:25, 3. Landa +1:51, 4. Nibali (ITA) Astana +7:57, 5. Bilbao (ESP) Bahrain-Victorious +8:55, 50. Gall +2:56:55, 99. Bayer +4:56:07, 106. P. Gamper +5:11:07, 147. Brändle +6:49:19.

Umsturz am vorletzten Tag: Jai Hindley führt beim Giro d'Italia

Schmerzhaft: Das Etappenfinale für Richard Carapaz

Drei Kilometer Leiden

Der 28-Jährige konnte eine Attacke des um zwei Jahre jüngeren Hindley nach der Drei-Kilometer-Marke vor dem Ziel nicht mehr kontern und musste ohne Helfer an seiner Seite konsterniert mitansehen, wie der Australier durch das Spalier begeisterter Fanmassen davonzog. Bald lag eine halbe Minute zwischen den beiden Besten, am Ende wurde Jai Hindley mit 1:28 Minuten Vorsprung auf seinen Rivalen gestoppt. Damit kündigt sich eine doppelte Premiere an: der erste Giro-Sieg eines Australiers und der erste Erfolg von Bora-hansgrohe bei einer der drei großen Landesrundfahrten.

Den Tagessieg sicherte sich der Italiener Alessandro Covi vom Team Emirates, der nach rund 20 Kilometern zu einer Ausreißergruppe gestoßen war und die 4.490 Meter Höhendifferenz nach 4:46:34 Stunden hinter sich gebracht hatte. Damit konnte sich die stolze Radsportnation über den vierten Etappensieg eines Lokalmatadors beim heurigen Giro freuen, auf den Plätzen landeten Domenj Novak (SLO/Bahrain-Victorious/+32) und Giulio Ciccone (ITA/Trek-Segafredo/+37), Hindley wurde Sechster (+2:30), Carapaz Elfter (+3:58).

Umsturz am vorletzten Tag: Jai Hindley führt beim Giro d'Italia

Schön, aber anstrengend: Die vorletzte Etappe des 105. Giro d'Italia

Showdown in Verona

Jai Hindley wurde Tagessechster und hat nun 1:25 Minuten Vorsprung auf Richard Carapaz und 1:51 Minuten auf Bahrain-Victorious' Spanier Mikel Landa. So kommt es am Sonntag also zum finalen Showdown in und um Verona: 17,4 Kilometer lang ist das Einzelzeitfahren und mit 280 Metern Höhendifferenz auch gar nicht einmal leicht, zumal der böige Ostwind eine Rolle spielen könnte.

„Ich wusste, dass das die entscheidende Etappe des gesamten Giro ist“, sagte Hindley, „und ich wusste, dass es ein brutales Finish werden würde. Zum Glück hatte ich die Beine dafür. Und zum Glück sind wir ruhig geblieben. Es war eine epische Etappe. Es ist nur schwierig zu sagen, was Richard Carapaz am Schlusstag noch zeigen kann.“

Gegen 17.10 Uhr wird der Gesamtsieger jedenfalls feststehen. Richard Carapaz wird er schwer haben, zum zweiten Mal nach 2019 zu siegen und damit die Serie von Ineos fortzusetzen: 2020 gewann Tao Geoghegan Hart (GBR), im vergangenen Jahr Egan Bernal (COL). Letzter Sieger aus einem anderen Rennstall war ... Richard Carapaz, der vor drei Jahren noch für Movistar fuhr  und erst im Sommer 2019 zu Ineos stieß.

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