Wer sagt, dass es gut ist, dass seit 20 Jahren fast nur drei Herren gewinnen konnten? Bei den Frauen gab es auch Zeiten, in denen einzelne Profis alles dominiert haben wie unter Steffi Graf oder später Serena Williams. Ich denke, so eine Dominanz, die die Big Three mit Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer hatten, wird es auch nie wieder geben. Mir gefällt diese Kombination, die macht unseren Sport so attraktiv. Da die Dominanz einzelner Spieler, dort die Ausgeglichenheit. Und es gibt auch bei den Frauen außergewöhnliche Erscheinungen, die zudem auch dominant sind – wie Naomi Osaka oder zuletzt Iga Swiatek.
Es spielen aber – auch bei den Herren ist dies nicht viel anders – sehr viele die gleiche Art von Spiel. Wohin entwickelt sich Frauen-Tennis generell?
Das Spiel ist schneller und athletischer geworden. Aber der Variantenreichtum fehlt, es ist zu monoton geworden. Wenn eine Spielerin dieses kraftvolle, athletische Spiel mit einem variablen Spiel verbinden kann, wird sie künftig ganz vorne stehen.
Und immer wieder taucht die Diskussion auf über den Verdienst von Männern und Frauen. Bei den Grand-Slam-Turnieren gibt es gleich viel Preisgeld, was wiederum viele kritisieren, weil Männer auf drei, Frauen nur auf zwei Gewinnsätze spielen. Viele finden es gerechtfertigt. Wie denken Sie darüber?
Ich bin froh, dass es so ist, denn zu meiner Zeit hat es das noch nicht gegeben. Aber ich habe es langsam satt, ich komme mir vor, als müsste ich mich immer rechtfertigen, warum wir den gleichen Verdienst dort haben. Denn bei anderen Turnieren ist es nicht so, da verdienen Frauen weniger. Deshalb sind die Grand-Slam-Turniere für Frauen überlebensnotwendig. Darf ich eine Gegenfrage stellen?
Wir bitten darum!
Wer will überhaupt fünf Sätze sehen? Es geht aber nicht nur um die Grand-Slam-Turniere. Es geht darum, dass die Frauen, um dort hinzukommen, denselben Aufwand leisten müssen wie Männer. Das betrifft ja nicht nur Tennis oder den Sport generell. Frauen verdienen nach wie vor in vielen Bereichen weniger als Männer und verrichten dennoch dieselben Tätigkeiten.
In Österreich wurden zuletzt nicht allzu viele Tennisspieler reich. Das Land präsentiert derzeit weder bei Frauen noch Männern einen Top-100-Spieler. Sind wir noch eine Tennis-Nation?
Wir waren aufgrund der Vergangenheit sehr verwöhnt. Wir haben mit Thomas Muster eine Nummer eins gehabt, wir haben einen weiteren Grand-Slam-Sieger, auch bei den Frauen gab es zahlreiche Weltklassespielerinnen, wir hatten einmal zehn Spielerinnen unter den Top 100. Das ist für ein so kleines Land sensationell. Aber was macht eine Tennis-Nation aus? Sind die Norweger jetzt eine, nur weil sie mit Casper Ruud plötzlich einen Spitzenspieler haben? Da hängt mehr dran, wir haben zahlreiche Turnierveranstalter, verglichen mit unserer Größe bewegen wir viel.
Viel bewegt hat in den vergangenen Jahren Dominic Thiem. Kommt er wieder zurück an die Spitze, und geht er den richtigen Weg mit dem neuen Management?
Er muss sich wohlfühlen, alles andere ist nicht wichtig. Man sieht, dass das Selbstvertrauen langsam zurückkommt, so kann er wieder ganz nach vorne kommen. Aber es ist klar, dass die anderen auch nicht geschlafen haben. Wenn er mit 100 Prozent dabei ist, kann er wieder vorne dabei sein. Ich verstehe auch, dass er nach seinem US-Open-Titel 2020 in ein Loch gefallen ist. Auch ich habe das erlebt. Mein Ziel waren nie die Grand-Slam-Turniere, sondern immer die Top Ten. Als ich das geschafft hatte, war die Luft heraußen.
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