Thomas Muster muss bis heute noch viel über diesen denkwürdigen Tag erzählen, an dem er im Finale der French Open den Amerikaner Michael Chang panierte. Von einem Tag, der sich nächste Woche zum 30. Mal jährt. Punkt 17.22 Uhr war es, als der damals 27-Jährige im Sand von Roland Garros kugelte. „Ich wäre gerne ein paar Minuten liegen geblieben. Das ging nicht, ich musste aufstehen, zum Netz laufen, dem Gegner die Hand schütteln.“
Eine Überraschung war der erste rot-weiß-rote Major-Triumph aber keine, der Steirer hatte zuvor die Sandplatz-Saison nach Belieben dominiert, alle 28 Sandplatz-Spiele zuvor gewonnen. Und auch bei den French Open hat Muster seine Vormachtstellung untermauert.
Davor und danach erinnerte er sich auch gerne an Schmankerl rund um das Endspiel. „Das Ganze läuft wie ein Film ab“, erklärte Muster in einem KURIER-Gespräch. Filmreif war bereits der Vorabend des Triumphes. „Ich bin mit Ronnie Leitgeb (sein Manager, Anm.) weg von der Anlage in die Stadt gefahren, weil ich Abstand gewinnen wollte“, erinnerte sich Muster. „Ich hatte Lust auf chinesisches Essen. In Paris gibt es wahrscheinlich Hunderttausende chinesische Lokale. Wir haben ausgerechnet eines ausgewählt, in dem der Michael Chang auch drinnen gesessen ist.“
Verlustängste
Zur Senkung der Nervosität war es alles andere als hilfreich. „Da waren so viele Gedanken, Verlustängste. Kommt diese Chance jemals wieder? Und auch die Angst davor, zu gewinnen. Weil was passiert danach?“ Ja, und dann saß eben ausgerechnet der Chang im selben Lokal. Fast wäre er aber unmittelbar vor dem Triumph unberechtigterweise zu einem Rassisten deklariert worden. Einen Leibwächter hat er weggeschickt, den man ihm vor die Hotelzimmertür gestellt hatte. „Mein Pech war, dass dieser dunkelhäutig war. Dabei wollte ich nur meine Ruhe haben“, erinnert sich Muster. „Das wurde auch aufgebauscht.“
In Ruhe gelassen werden, wollte Muster nicht nur vor dem Finale, sondern auch danach. Nach seinem Triumph bat er Journalisten ihn in den nächsten Tagen nicht anzurufen und zog sich zum Fischen zurück. Eine Woche später stand er wieder auf dem Sand – und gewann das ATP-Turnier von St. Pölten. Das Jahr 1995 blieb aber sein Jahr: Insgesamt zwölf ATP-Titel holte Muster in dieser Saison (diesen Rekord stellte erst Roger Federer 2006 ein) und schuf damit die Grundlage für den nächsten Meilenstein im österreichischen Sport: Am 12. Februar 1996 erklomm Muster als Nummer eins den Tennis-Thron, den er insgesamt sechs Wochen besetzte.
In Paris nahm Muster auch Abschied, ohne dass es eigentlich so einer war. Nach seiner Auftaktniederlage 1999 gegen Nicolas Lapentti tauchte Muster unter. Erst 2010 und 2011 kehrte Muster zurück – darüber spricht aber heute kaum noch wer.
Kommentare