Flörsch nach Horror-Crash: "Man muss das nicht dramatisieren"

Die 18-jährige Deutsche über ihren spektakulären Abflug in Macau und Machos im Motorsport.

Als Sophia Flörsch beim ersten Sportgipfel Tirol – St.Anton am Arlberg auf die Bühne gebeten wird, muss sie der Moderator nicht groß vorstellen. Die 18-Jährige ist längst nicht nur mehr Benzinbrüdern und Motorsportfans ein Begriff. Ihr spektakulärer Unfall beim Formel-3-Rennen in Macau ging im November um die Welt und machte die Deutsche über Nacht berühmt. „Aus der ganzen Welt kamen die Interviewanfragen“, berichtet ihr Vater.

56 Tage sind seit dem wilden Crash bei Tempo 275 vergangen, den Sophia Flörsch mit Wirbelbrüchen vergleichsweise glimpflich überstanden hat. Ihre Leidenschaft für Pferdestärken ist freilich ungebremst. Vor den Augen ihrer Eltern meinte sie: „Ich bin 18 und kann tun, was ich will, die Mama kann mich nicht aufhalten.“

KURIER: Wie geht es Ihnen, wenn Sie die Bilder von Ihrem Unfall sehen?

Sophia Flörsch: Es ist immer noch ein Schock. Weil das Video superschlimm ist. Aber ich habe schon lange damit abgeschlossen.

Fiel das auch leichter, weil Ihnen keine Schuld am Unfall zugesprochen wurde?

Das ist für einen Sportler schon beruhigend. Vor allem weil auch andere Menschen verletzt wurden. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als der Automobil-Weltverband FIA festgestellt hat, dass ich keine Schuld habe und dass ich nichts anders machen hätte können. Ich hatte einfach viel Pech.

Sie hatten auch viel Glück.

Es war viel Pech, dass der Unfall überhaupt passiert ist. Aber ab dem Zeitpunkt hatte ich dann nur noch Glück.

Woran erinnern Sie Sich?

Es ist alles da, weil ich immer bei Bewusstsein war. Es geht ja alles so schnell, bei 275 km/h hat man keine Zeit zum Nachdenken. Ich habe die Hände vom Lenkrad genommen und gebremst, das macht man instinktiv. Und dann habe ich gewartet, was passiert. Für mich hat es sich wie ein normaler Unfall angefühlt. Der halt zur Folge hatte, dass ich danach ins Krankenhaus musste.

Flörsch nach Horror-Crash: "Man muss das nicht dramatisieren"

Sie reden erstaunlich pragmatisch über Ihren Unfall.

In den ersten Wochen war das noch anders. Aber nachdem ich wieder alles machen kann wie zuvor und ich weiß, dass ich bald schon wieder im Auto sitzen kann, bin ich sehr positiv. Das war ein Stein, der mir in den Weg gelegt wurde, zugegeben ein sehr großer, aber ich bin mit Glück drüber gesprungen.

Sie haben den Unfall nicht nur heil überstanden, sondern sind jetzt auch berühmt.

Der Unfall ist um die Welt gegangen, dadurch kennen mich jetzt sehr viele Menschen, die mich vorher nicht gekannt haben. Und viele Menschen werden, wenn sie mich sehen, immer an den Unfall denken. Ich wollte diese Bekanntheit nicht durch einen Unfall erreichen, durch einen Erfolg wäre mir lieber gewesen. Was ich aber nicht will: Dass ich das Mädchen mit dem Unfall bin. Man muss das nicht dramatisieren.

Sie waren vier, als Sie das erste Mal im Kart saßen. Wie waren damals die Reaktionen?

Am Anfang haben das viele meiner Freunde nicht verstanden. Wenn du als Mädchen mit Motorsport überhaupt nichts zu tun hast, dann versteht das auch keiner. Je internationaler das geworden ist, je öfter ich in der Zeitung war, umso besonderer wurde das. Die Jungs fanden das sowieso immer cool, für die war es immer etwas Besonderes, mit einer Freundin über Autos reden zu können.

Bekamen Sie denn auch blöde Sprüche zu hören?

Na klar, aber wenn kam das eher von den Konkurrenten. Und das war vor allem noch im Kartsport. Ich glaube meine Eltern haben da deutlich mehr mitbekommen. Mich hat das nie belastet.

Hatten Sie das Gefühl, als Mädchen belächelt zu werden?

Natürlich wird man am Anfang irgendwie belächelt, weil das keiner glauben kann. Aber sobald sie mich dann fahren gesehen haben, war das vorbei. Jetzt kennt man mich, jetzt weiß man, dass ich schnell bin. Deshalb respektiert man mich auch. Aber das ist doch überall so, wenn wer Neuer auftaucht. Am Anfang denkt man sich oft: ,Wer ist das jetzt? Was will die hier?’

Wie schwer hat es eine Frau überhaupt im Motorsport?

Als 12-Jährige verstehst du oft nicht, warum manche dir nicht vertrauen und es dir nicht zutrauen. Heute verstehe ich das besser. Du musst als Frau selbstbewusster auftreten und dich sicher mehr beweisen als ein Junge. Das ist der ausschlaggebende Punkt. Sponsoren wollen noch mehr sehen als von einem Mann. Weil es halt leider in der Vergangenheit schon Frauen im Motorsport gegeben hat, die es nicht geschafft haben. Es ist dann doch ein Macho- und ein Männersport. Es gibt zwar genug, die eine Frau in der Formel 1 haben wollen. Aber es gibt auch immer noch genug Leute, die das nicht mögen.

Wo liegen denn die Vorzüge einer Frau im Motorsport?

Dem Auto ist es grundsätzlich egal, ob eine Frau oder ein Mann hinter dem Lenkrad ist. Ich denke, dass wir Frauen im Auto überlegter handeln. Nicht ganz so testosterongesteuert. Ich glaube auch, dass Frauen ruhiger, systematischer und zielstrebiger vorgehen.

Wie würden Sie überhaupt Ihren Fahrstil beschreiben?

Viele sagen, dass ich sogar oft übers Limit gehe und die Brechstange heraus hole. Das habe ich im Kartsport gelernt, nämlich zu überholen und mich durchzukämpfen. Mir macht das auch sehr viel Spaß. Deswegen freue ich mich auch, wenn ich wieder fahren darf.

Welche Ziele haben Sie?

Langfristig ist die Formel 1 mein Ziel, diesen Traum habe ich seit ich klein bin. Aber das ist leider noch sehr weit entfernt.

Abschließend: Sind Frauen die besseren Einparker?

Da kann ich von mir jetzt nicht sprechen. Ich kann nicht so gut einparken. Aber da man auf der Rennstrecke immer vorwärts fährt und ich dort auch nicht einparken muss, ist Rückwärtsfahren nicht so meine Stärke.

Flörsch nach Horror-Crash: "Man muss das nicht dramatisieren"

Auf der Überholspur: Sophia Flörsch

Die Deutsche (*1.12.2000) sorgte für einige Meilensteine. 2016 fuhr sie als erste Frau in der deutschen Formel-4-Meisterschaft in die Punkteränge, 2017 stand Flörsch auf dem Podest. Letzte Saison war sie in der europäischen Formel 3 engagiert.  

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