Radprofi Bernal dominiert Giro und besticht mit Angriffsgeist

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Der Kolumbianer hat vor den letzten fünf Etappen fast zweieinhalb Minuten Vorsprung und besticht durch seine mentale Stärke.

Der Kolumbianer Egan Bernal ist drauf und dran, mit dem Giro d'Italia seine zweite große Landes-Rundfahrt nach der Tour de France 2019 zu gewinnen. So ruhig der 24-jährige Radprofi des Ineos-Teams im Leben auftritt, so angriffslustig präsentiert er sich auf der Rennstrecke. Nach seinem Solosieg auf der Königsetappe am Montag in Cortina d'Ampezzo hat Bernal 2:24 Minuten Vorsprung auf Damiano Caruso (ITA) und 4:18 auf Aleksander Wlasow (RUS).

"Ich denke, Angriff ist immer die beste Verteidigung. Ich werde nicht abwarten", hatte Bernal angekündigt. Die kompromisslose Attacke am mehr als 2.200 Meter hohen Passo Giau vor dem zweiten Ruhetag am Dienstag zeigte, dass dies nicht nur leere Worte waren. "Das war eine ziemlich draufgängerische Aktion. Wir sind sehr stolz auf ihn", lobte Teamchef David Brailsford.

Mentale Stärke

Bernal meinte, er habe etwas Besonderes machen wollen. "Ich wollte zeigen, dass ich zurück im Spiel bin", sagte der leichtgewichtige Kletterspezialist. Er hat zwei harte Jahre hinter sich. Als er 2019 als erster Südamerikaner die Tour gewann, sahen viele Experten in ihm den kommenden Dominator. Doch dann streikte der Körper. Im Vorjahr stieg Bernal bei der Tour mit Rückenproblemen vorzeitig vom Rad und fuhr danach fast sieben Monate lang kein Rennen mehr.

Seine Krise hat Bernal überwunden. Ein Grund dafür ist seine mentale Stärke, von der er neben den exzellenten körperlichen Voraussetzungen auch im Rennen zehrt. "Mir gefällt es auch, wenn es hart wird, wenn man Willen braucht. Dann kann man ein Spektakel liefern", erklärte der zweifache Etappensieger bei seinem Giro-Debüt.

Italienische Fans

Die Herzen der Italiener hat Bernal längst erobert. Durch seine Zeit beim Team Androni (2016/17) spricht er ihre Sprache und manche ziehen bereits Vergleiche zu Marco Pantani. Der 2004 an einer Überdosis Kokain gestorbene Tour- und Giro-Sieger war ein Kindheitsidol des in einem Armenviertel aufgewachsenen Bernal.

"Ein Bild von Pantani war auch das Einzige, was ich an Radsportsachen in meinem Kinderzimmer hatte, insofern freuen mich die Vergleiche", sagte Bernal. "Ich will aber Pantani nicht kopieren." Verständlich, denn "Il Pirata" feierte seine Erfolge in der Hochzeit des Dopings. Bernal hat sich von verbotenen Mitteln stets distanziert, einen konkreten Verdacht gegen ihn gab es bisher nicht.

Die 17. Etappe führt am Mittwoch von Canazei zur Bergankunft in Sega di Ala.

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