Zittrige Hände oder Angstschweiß sind Jakob Schubert fremd. Für gewöhnlich hat der Innsbrucker seine Nerven fest im Griff. Bei der Olympia-Premiere der Sportkletterer in Tokio freilich bekommt dann selbst der dreifache Weltmeister feuchte Finger.
Die hohe Luftfeuchtigkeit in Tokio bereitet allen Athleten große Probleme. Die Sportkletterer leiden aber ganz besonders unter den schwülen Bedingungen. Zum einen, weil in Tokio die Kletterbewerbe im Gegensatz zu den meisten Weltcupveranstaltungen im Freien stattfinden, zum anderen, weil gerade die Finger das wichtigste Werkzeug der Kraxler sind. Und nichts kann ein Kletterer in der Steilwand weniger gebrauchen als feuchte Finger.
„Das sind die zachsten Bedingungen, unter denen ich je geklettert bin“, sagt Jakob Schubert vor seinem Einsatz am Dienstag. „Diese extreme Luftfeuchtigkeit ist eine Herausforderung für die Hände.“
Mehr Halt
Umso wichtiger ist in Tokio daher für alle die perfekte Handpflege und der Griff in die richtige Magnesium-Tasche. Mit dem weißen Pulver, in der Fachsprache Chalk genannt, reiben sich die Athleten die Finger ein, um damit an den winzigen Griffen mehr Halt zu bekommen.
Die Wahl der richtigen Magnesium-Mischung kann gerade bei den Verhältnissen in Tokio über Olympiasieg oder Niederlage entscheiden. „Hier hast du nach drei, vier Zügen schon kein Chalk mehr auf den Fingern. Das fühlt sich anders an“, erzählte Jakob Schubert nach seinen ersten Trainings in der japanischen Gluthitze.
Dabei haben sich die Österreicher penibel auf den ersten Olympiaauftritt vorbereitet und wirklich nichts dem Zufall überlassen. Das Team hat aus der Mission Medaille sogar eine richtige Wissenschaft gemacht.
Weißes Pulver
Am Institut für Chemie in Innsbruck wurden in den vergangenen Monaten mehr als ein Dutzend Magnesium-Mischungen aus der ganzen Welt getestet. „Da ging es darum, wie sie bei hoher Temperatur reagieren und welche Chalks die Feuchtigkeit am besten aufnehmen“, erklärt Ex-Kletterer Kilian Fischhuber.
Zudem setzt der Kletterverband auf Unterstützung der Innsbrucker Hautklinik, deren Ärzte wertvolle Erkenntnisse für die richtige Pflege der sensiblen Fingerkuppen der Athleten liefern. Schon ein kleiner Riss in der Haut kann für einen Kletterer große Folgen haben. Schubert: „Man muss genau auf seine Haut schauen und darf es mit dem Training auch nicht übertreiben.“
Er und seine Teamkollegin Jessica Pilz dürften in Tokio jedenfalls für so ziemlich alles gewappnet sein. Auch im Wettkampf sollte es eigentlich kein böses Aha-Erlebnis geben, nachdem der Verband sämtliche 500 Griffe, Sets und Volumen, die bei Olympia verwendet werden, gekauft hat. „Es sollte jetzt kein Griff daherkommen, den ich noch nie gesehen habe“, sagt Jakob Schubert.
Kommentare