Olympia-Aus in Runde eins: Emotionales Karriereende für Filzmoser
Das Ende einer Karriere kann schmerzhaft oder schön und beides zugleich sein. Sabrina Filzmoser kann zu allem etwas sagen. Und das tat sie auch nach der Auftaktniederlage am Montag beim olympischen Turnier im Budokan von Tokio gegen die Niederländerin Sanne Verhagen. Nach dem Kampf verbeugte sich Filzmoser, kniete sich nieder, küsste die Matte und wurde von ihrer Judofamilie mit viel Applaus in ihr Leben abseits von Tatami, Judogi und Ippon verabschiedet.
Die Oberösterreicherin unterlag in der ersten Runde der Klasse bis 57 kg Verhagen im Golden Score, also der Verlängerung. Ehe sie auf ihre Emotionen einging, analysierte die 41-Jährige den Kampf. Denn auf diesen Kampf in dem von ihr so geliebten und geschätzten Japan hatte sie fünf Jahre lang hingearbeitet. Auch ein im August 2020 zugezogener Kreuzband- und Innenmeniskusriss ließ sie von diesem Plan nicht abbringen.
"Einfach sensationell"
"Schade, dass das in der ersten Runde passiert ist. Normalerweise hat man solche Emotionen, wenn man eine Medaille hat. Ich hatte zu wenig Kraft im rechten Arm, dass ich meinen Griff durchsetzte. Es war absolut drinnen. Ich hatte das Gefühl, sie will nicht angreifen, sie wartet ab, bis ich den Fehler mache", sagte Filzmoser. "Aber das was nachher passiert ist, das war einfach sensationell."
Obwohl keine Zuschauer in der Halle zugelassen sind, waren viele Tribünenplätze besetzt, waren doch viele Judoka, Betreuer, andere Weggefährten und Mitglieder des Internationalen Judoverbandes (IJF) zum Abschiedsagen gekommen. "Das war eine Überraschung. All die Leute, die ich gut kenne, das hat man gespürt und gesehen, dass die das wertschätzen. Das ist schon schön." Normalerweise hätte sie auch nicht die Matte geküsst. "Das tut man auch nicht, das ist fast eine heilige Stätte für's Judo. Aber in dem Moment habe ich einfach gewusst, dass es für mich selbst wichtig ist, dass ich mich von hier verabschiede."
Schön und traurig
Trainerin Yvonne Bönisch, lange Jahre eine Kontrahentin des rot-weiß-roten Aushängeschildes, "kamen die Tränen" ob "des Respekts", der ihrem Schützling gezollt wurde. "Es war ein ganz besonderer Moment für Sabrina. Selbst wenn es mit einer Niederlage ist. Ein schöner Moment, aber genauso ein trauriger Moment."
Das Karriereende sei es "ganz bestimmt", es sei mit den ganzen schweren Verletzungen in den vergangenen zehn Monaten so ein Aufwand gewesen, stellte Filzmoser nochmals klar. "Ich habe daran geglaubt und gewusst, ich möchte hier noch einmal kämpfen. Egal, wie es ausgeht."
In Japan habe für sie als 17-Jährige das richtige Judo-Leben erst angefangen. "Das Gefühl, die Lehren, die sie haben. Sie lernen nur von den Besten, sie trainieren mit den Besten. Es war eine harte Schule, aber das hat mir viel gebracht", erzählte Filzmoser in der Mixed Zone auf Deutsch der APA-Journalistin - und hatte mit ihren leidenschaftlich vorgetragenen Worten auch die Aufmerksamkeit vieler anderer Medienvertreter, die kein Wort verstanden, auf sich gezogen.
Nicht wie beim Skifahren
Wenn die Europameisterin von 2008 und 2011 sowie zweifache WM-Dritte (darunter Tokio 2010) von der "Judofamilie" redet, dann meint sie es auch so. "Das mag vielleicht ein Klischee sein. Aber wenn du mit ihnen trainiert, bist du ein Teil davon. Es ist nicht wie beim Skifahren bei uns, dass man das Material versteckt und andere nicht auf den Pisten trainieren lässt, weil das dann vielleicht ein Vorteil sein kann. Das ist in Japan komplett anders. Die zeigen dir das und hauen dich so oft hin, bist du es checkst. Es ist eine ganz anderen Herangehensweise."
Sie freue sich nun auf eine gemütliche Tour in die Berge mit Freunden und Familie. Noch wird sie aber als Trainingspartnerin in Japan bleiben. "Ich bin ein Spitzen-Trainingspartner für Stephan Hegyi. Aber wenn er mich braucht, bin ich da. Ich werde mich bemühen, mich in den nächsten Tagen im Speisesaal nach oben zu essen", sagte die Oberösterreicherin scherzend. Teamkollege Hegyi kämpft in der Kategorie über 100 Kilogramm.
In Zukunft wird Filzmoser ihre Entwicklungsprojekte in Nepal und Bhutan weiterverfolgen, auch zur Mithilfe im Österreichischen Verband ist sie bereit. Zudem ist sie Vorsitzende der Athletenkommission der IJF. Außerdem wird sie ihre Ausbildung zur Hubschrauberpilotin abschließen, auch ein Modul zur Polizeiausbildung stehe an. "Ich muss mich in den nächsten Wochen darauf konzentrieren, wieder Ausgeglichenheit im Leben zu finden", sagte sie.
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