Rangnick: "Wir brauchen eine Sportkultur, sonst gibt es ein Desaster"

Staatssekretärin Michaela Schmidt, Teamchef Ralf Rangnick, Volksschülerin
Die Regierung baut die tägliche Bewegungseinheit aus. Mit Teamchef Ralf Rangnick hat sie einen prominenten und beherzten Fürsprecher.

Zusammenfassung

  • Die Initiative für tägliche Bewegungseinheiten in Schulen setzt auf Bewegungskultur, -umfang und -vielfalt und wird mit 20 Millionen Euro gefördert.
  • Ralf Rangnick fordert, dass Sport ein gleichwertiges Bildungsfach wird, um Bewegungsmangel bei Kindern zu verhindern.
  • Ziel ist es, allen Kindern unabhängig vom sozialen Hintergrund Spaß an Bewegung zu vermitteln und negativen Einflüssen wie Smartphone-Nutzung entgegenzuwirken.

Dass Sport hierzulande immer noch von vielen als „lästiges Beifach“ wahrgenommen werde, mache ihn traurig, sagt Ralf Rangnick. „Sport muss ein gleichwertiges Bildungsfach werden. Wenn wir das nicht schaffen, gibt es ein Desaster“, warnt der ÖFB-Teamchef.

Ralf Rangnick wird emotional, wenn es um die Bewegung der Kinder geht. Dem Deutschen geht es dabei nicht primär um den Nachwuchs für das Fußball-Nationalteam, das macht er unmissverständlich klar mit seinen Worten hier in der Volksschule Mondweg am Wolfersberg in Wien-Penzing.

Teamchef und Botschafter

Mit Ralf Rangnick hat die Initiative "tägliche Bewegungseinheit" einen prominenten und pointierten Fürsprecher erhalten, die in Gefahr geraten war, in der Schublade zu verschwinden. „Seit ich mich erinnern kann, spricht man – in Österreich wohl ähnlich wie in Deutschland – davon, dass sich Kinder zu wenig bewegen“, sagt Rangnick. „Wenig ist seither passiert.“

Dem widerspricht Sport-Staatssekretärin Michaela Schmidt, die an diesem Tag zu dem Medientermin im Turnsaal geladen hat. Aktuell profitieren rund 400.000 Kinder von regelmäßigen Bewegungseinheiten in Bildungseinrichtungen. Das sind rund 15 Prozent der Kinder in Österreich. Ihr Ziel ist klar: „Die tägliche Bewegungseinheit für jedes Kind – egal, wo es lebt und wie groß die Geldbörse der Eltern ist.“ 

Für dieses Ziel ist in Zeiten der Budgetkürzungen ein ganz schöner Brocken bereitgestellt worden: knapp 20 Millionen Euro, darin enthalten bereits die diesjährige Erhöhung um 1,5 Millionen.

Nicht immer Fußball

Auf drei Säulen soll die Initiative stehen, wie Staatssekretärin Schmidt erklärt:

  • Bewegungskultur: Einerseits soll in Schulen eine gewisse Bewegungskultur geschaffen werden und in den Schulalltag integriert werden. „Nur dort hat man den Zugang zu allen Kindern“, sagt Michaela Schmidt. Die Action muss dabei nicht im Turnsaal stattfinden – auch im Klassenzimmer, am Gang oder draußen kann man sich bewegen.
  • Bewegungsumfang: Neben den Turnstunden sollen zusätzliche Bewegungseinheiten geschaffen werden. 3.000 Coaches kümmern sich neben dem Lehrpersonal darum, dass körperliche Aktivität in Zeiten von Smartphone, Streaming und Videospielen auch in Ganztagsschulen nicht zu kurz kommen.
  • Bewegungsvielfalt: Und drittens soll innerhalb der Turnstunden das Interesse für vielfältiges Sportangebot geweckt werden. Es muss nicht immer Fußball sein. Deshalb kommen Trainer und Trainerinnen aus den Vereinen in die Turnsäle und lassen die Kinder ihre Sportarten ausprobieren. Ein neuer Schwerpunkt der täglichen Bewegungseinheit ist die Einbindung der Fachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion.

Bei der täglichen Bewegungseinheit gehe es nicht darum, Talente zu entdecken oder neue Teamspielerinnen zu finden, auch wenn eine breitere Basis die Spitze stärker machen kann. „Es geht darum, Kindern zu zeigen, wieviel Spaß es machen kann“, sagt Michaela Huber, Vizepräsidentin der Sportunion, die betont, dass dabei die Leichtigkeit und die Freude, und nicht die Leistung im Vordergrund stehen sollen.

Endgegner Smartphone

Bewegung sei vor allem in Zeiten der exzessiven Smartphone-Nutzung immer wichtiger, darüber ist man sich hier im Turnsaal einig. Für Rangnick gehören Handys nicht in Kinderhände, er würde in diesem Bereich „viel mehr Regeln aufstellen“, gibt er zu. „Kinder werden handysüchtig, adipös und faul, die kommen aber nicht so zur Welt“, sagt Rangnick. „Wir als Gesellschaft sind dafür verantwortlich.“

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