Warum sich arbeitslose Kicker im ÖFB-Campus fit halten
Ex-Kicker Pichlmann als Fußball-Gewerkschafter
Während die Nationalspieler zwecks WM-Qualifikation am Montag nach Zypern düsen, testen arbeitslose Spieler, die im Gegensatz zu Marko Arnautovic und Teamkollegen finanziell reif für die Insel sind, den Rasen des neuen ÖFB-Campus in der Wiener Seestadt.
Dort dürfen Joblose dank Kooperation zwischen Fußballbund und Spielergewerkschaft in den nächsten vier Wochen trainieren. Anlass ist das Ende des Bundesliga-II-Klubs Stripfing. 15 junge Stripfing-Opfer bilden die Mehrheit im Camp.
Bald scheint der zahlungsunfähige Klub aus dem Marchfelder 300-Seelen-Ort, der von Erich Kirisits, dem ehemaligen Europadirektor eines Weltkonzerns, von der Schutzgruppe bis in den Profi-Bereich hochinvestiert worden war, in der Liga-Tabelle nicht mehr auf.
Heimvorteil besaß der Dorfverein nie. Weil dessen Fußballplatz nicht annähernd bundesligatauglich war, musste nach Wien ausgewichen werden. Trotzdem gelang vor einem Jahr auf der Hohen Warte ein 2:1-Cupsieg gegen Rapid ...
... als Rapid-Pfarrer Christoph Pelczar (er hatte zig Taufen und Trauungen in Rapids Stadion-Kapelle vorgenommen) zugleich Obmann des SV Stripfing war; und als dieser nach der Pokalsensation mit den Stripfinger Kickern jubelte, worauf Rapid-Hardcore-Fans den Gottesmann via Transparent und Mails wissen ließen, er möge sich zum Teufel scheren.
Kränken macht krank
Die Anfeindungen trafen Hochwürden so sehr, dass er sich in Hütteldorf verabschiedete, bald danach auch sein Obmann-Amt in Stripfing zurücklegen musste. Pfarrer Pelczar, 50, erkrankte schwer.
Soeben aus dem Spital entlassen, predigt Pelczar in seiner Stammpfarre Weikendorf plus in vier weiteren Kirchen zwar wieder.
Rapid-Pfarrer Pelczar: Das St. Hanappi gibt es nicht mehr, dafür eine grüne Allianz mit dem Herrgott
Wie’s in der zweiten Bundesliga möglich ist, g’sund zu überleben – diese Frage beschäftigt den kranken Geistlichen, wie er sagt, indes nicht mehr. Sie ist ob stark gestiegener Kosten bei den meisten Klubs aber aktueller denn je.
Nur mehr 2.000 Euro brutto
Dabei habe das oft gehörte Argument „Dann zahlt’s den Kickern halt nimmer so viel“ in der zweiten Liga seine Berechtigung verloren. Weiß der vom Torjäger und Italien-Legionär zum Younion-Gewerkschaftsvorsitzenden gewordene Thomas Pichlmann, 44. „Viele spielen für nur noch 2.000 Euro brutto. Zu meiner aktiven Zeit bekam man in unserer zweiten Liga noch ungleich mehr.“
Manche nahmen, sofern’s der zeitintensive Trainings- und Spielplan überhaupt gestattet, Halbtagsjobs an. Manche können sich laut Pichlmann „das mehr oder weniger besser bezahlte Hobby“ nur leisten, weil sie vom Hauptberuf noch Sohn sind. Und via zweite Liga hoffen, an den Futtertrog der ersten zu gelangen. Doch das Beispiel Stripfing zeigt:
Nicht nur verletzungsbedingt kann der Grat zwischen Karriere und Arbeitslosigkeit ein sehr schmaler sein.
Kommentare