Hoffnung als Prinzip: Vettel gibt Titel nicht verloren

Formula One F1 - Russian Grand Prix
Der Deutsche muss auf fremde Hilfe hoffen. Im WM-Rennen spricht alles für Lewis Hamilton.

Auf dem langen Weg nach Japan bot sich Sebastian Vettel die Chance zur Gruppentherapie über den Wolken. Im Charterflieger mit sechs Formel-1-Kollegen dürften dem Ferrari-Piloten Fragen nach dem Einbruch im Titelrennen mit Lewis Hamilton kaum erspart geblieben sein. Mit an Bord war sogar der Finne Valtteri Bottas, der zuvor den Sieg in Sotschi per Mercedes-Teamorder Hamilton hatte überlassen müssen. Den Umgang mit Nackenschlägen in Serie, darüber hätten sich Vettel und Bottas auf ihrer gemeinsamen Reise nach Suzuka wohl trefflich austauschen können.

Auf 50 Punkte ist Rückstand vor dem 17. Saisonlauf am Sonntag gewachsen. Bei nur noch fünf Rennen ist der Deutsche auf mindestens ein Missgeschick von Hamilton angewiesen, um den britischen Titelverteidiger doch noch überflügeln zu können. Vettel aber macht stur das Prinzip Hoffnung geltend, das Mantra vom Immer-Weitermachen. „Es braucht nur einen Ausfall, idealerweise zwei, und die Sache sieht wieder ganz anders aus. Ich wünsche Lewis das nicht. Aber man weiß nie, was passiert“, sagt der 31-Jährige.

Bestärkt wird Vettel dabei von seinem Teamchef. „Wenn alles gut geht, wissen wir, dass wir trotz der schwierigen Situation in der Gesamtwertung die richtigen Mittel haben, um bis zum Schluss mitzukämpfen“, beteuerte Maurizio Arrivabene. Und doch klingt bei der längst vieles nach pflichtschuldiger Durchhalteparole.

Eigentor-Serie

Seit den erschütternden Niederlagen in Monza und Singapur, als ein furioser Hamilton die Fehler und Schwächeanfälle bei Ferrari und Vettel gnadenlos bestrafte, ist das Pendel endgültig in Richtung Mercedes geschwungen. „Ferrari macht ein Eigentor nach dem anderen“, jammerte La Repubblica jüngst in Erinnerung an die verspielten Siege der vergangenen zwölf Wochen, in denen aus acht Punkten Vorsprung ein fast aussichtsloser Rückstand wurde.

Das im Sommer gerühmte rote Auto ist längst wieder dem Silberpfeil unterlegen. Die Branche spekuliert, dass der Weltverband mit schärferen Kontrollen eine Ferrari-Trickserei in der Grauzone des Regelwerks unterbunden hat. Der geheimnisumwitterte Zusatzschub auf den Geraden sei plötzlich wieder verschwunden, berichtet das Fachmagazin Auto, Motor und Sport.

Wie soll so noch die WM-Wende gegen den entfesselten Hamilton gelingen, der zuletzt dreimal in Serie gewann? Noch nie hat Vettel im Ferrari in Suzuka triumphiert, seine vier Siege holte er sich alle noch im Red Bull. Seit Beginn der Hybrid-Ära vor vier Jahren fuhr stets ein Mercedes-Pilot als Erster in Japan ins Ziel.

Plan

Und doch fällt Vettel noch nicht vom WM-Glauben ab. „Wir haben einen Plan. Es kommen noch Teile, und Fortschritte sind geplant“, sagt der viermalige Champion. Mit seinem Team hat er eine riskante Reifentaktik für Suzuka gewählt, deutlich mehr von den weicheren und schnelleren, aber auch weniger haltbaren Gummiwalzen ausgewählt als Hamilton. „Wir müssen Druck machen“, sagt Vettel. Er will zur Stelle sein, wenn sein Dauerrivale doch einmal patzen sollte.

Einzigartig immerhin wäre eine erfolgreiche Aufholjagd dieser Dimension im Endspurt nicht. Auf das heutige Punktesystem gerechnet lag John Surtees 1964 vor den verbliebenen fünf Saisonläufen sogar 54 Punkte hinter Jim Clark - und wurde doch noch Weltmeister.

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