RB-Ring: Wertschöpfung könnte sich verdoppeln

Ein roter Formel-1-Rennwagen fährt auf einer Rennstrecke vor einer Bergkulisse.
Im Jahr 2012 betrug die Wertschöpfung des Red-Bull-Rings 43 Mio. Euro.

Kommt die Formel 1 zusätzlich zum bisherigen Programm auf den Red-Bull-Ring, würde dies eine Verdoppelung der jährlichen Bruttowertschöpfung bedeuten, die für 2012 mit 43 Mio. Euro errechnet wurde. "Vorsichtig geschätzt, wobei man noch nicht weiß, wie der Veranstaltungskalender ausschaut", erklärte Florian Schwillinsky vom ICEI (International Central Europe Institute), das im Auftrag des Landes Steiermark das Projekt Spielberg begleitet.

13 Mio. Euro Steuereinnahmen möglich

"Die Formel 1 hat eine Ausstrahlung auf die Region, die sich gewaschen hat", formuliert Schwillinsky im Gespräch mit der APA. Eine 2012 von ihm vorgelegte ökonomisch Studie, die nur die quantitativen Effekte des Projektes berücksichtigte, kam zu dem Ergebnis, dass jeder Förder-Euro 22 Euro an privater Nachfrage stimuliere. 13 Mio. Euro könnten an Steuereinnahmen lukriert werden. Direkt am Ring seien 200 Mitarbeiter beschäftigt, in der Tourismus- und Freizeitbranche der Region seien etwa 600 neue Jobs entstanden. "Der internationale Werbewert, der Imagewert, der durch die Formel 1 hinzukäme, ist mit Kitzbühel vergleichbar", so Schwillinsky.

Grundsätzlich positiv bewertete auch der Grazer Volkswirtschaftler Michael Steiner die Rückkehr der Formel 1 auf den Ring. Man dürfe aber die wirtschaftlichen Effekte eines Einmal-Ereignisses nicht überschätzen, sagte er im ORF Radio. Mit der Eröffnung des Projektes Spielberg 2011 sei, auch wenn es zunächst kleiner als geplant ausgelegt war, ein Impuls gelungen, der sich nun verstärken und als Imagegewinn auf die ganze Saison ausdehnen ließe.

Eine Fahrt auf dem Red-Bull-Ring aus der Egoperspektive

Unbeeindruckt vom bevorstehenden Trubel ist der Mittwoch am Red Bull Ring für die Mitarbeiter ein Tag wie jeder andere. Und dennoch war beim Lokalaugenschein eine gewisse Aufregung zu spüren. Sorgen, dass dem Formel 1-Comeback in Österreich noch etwas ernsthaft im Weg steht, scheinen sich die wenigsten Angestellten des Projekts Spielberg zu machen. Immerhin entspricht die Rennstrecke den FIA-Auflagen. Nur Tribünen und das zu kleine Pressezentrum müssten ausgebaut werden, waren sich Mitarbeiter einig.

Die Räumlichkeiten für Medien bieten bisher lediglich 160 Journalisten Platz, zu wenig für den Ansturm eines Formel 1-Grand Prix. Komfortabel wirken dagegen vier VIP-Lounges direkt über den Boxengassen, entlang der Start-Ziel-Geraden. Sie fassen mit je 200 Quadratmetern bis zu 80 Gäste. Bereits mehrmals mit Champagner eingeweiht wurde das Siegespodest, das gleich wie die Boxengasse die nötigen Formel 1-Standards erfüllt. Die sogenannte Pit Lane umfasst 28 Boxen, wobei vier für die technische Abnahme reserviert sind. Die übrigen werden auf die Teams aufgeteilt. Noch herrscht in der Boxengasse Leere und "Garagenstimmung".

Gleich neben den Boxen ist auch das medizinische Zentrum, in dem zwei Verletzte zugleich behandelt werden können. Die Ausstattung mit Ultraschall und spezieller Dusche bei Verbrennungen entspricht zwar nicht den sterilen Bedingungen eines Spitals, reicht aber für die Erstversorgung völlig aus. Da bisher maximal 40.000 Zuschauer pro Tag am Ring erlaubt sind, sind auch entsprechend wenige Tribünen aufgebaut: Die Start-Ziel-Gerade wird von rund 3.100 Sitzplätzen flankiert, die Tribüne neben der Castrol-Kurve bietet 2.000 bis 2.500 Zuschauern Platz. Die Red Bull-Tribüne an der schnellsten Stelle der Strecke, kurz vor der Remus-Kurve, fasst 14.000 Zuschauer. Samt Stehplätzen immer noch weit zu wenig für die Königsklasse des Motorsports.

Seit dem vorerst letzten Formel-1-Rennen 2003 hat sich die Strecke nicht verändert: Sie ist nach wie vor 4,318 Kilometer lang. Doch das "Drumherum" wurde mit zig Millionen Euro von Red Bull neu gestaltet: Zum Projekt Spielberg gehört nicht nur der Ring, sondern eine Go-Kart-Bahn, eine Strecke für Enduro-Bikes, ein Offroad Track, eine Teststrecke für Allradfahrzeuge sowie das "Driving Center" - etwa mit X-Bows von KTM. Der Fuhrpark des Rings umfasst knapp 50 Fahrzeuge.

Komplett neu ist auch das Fahrerlager mit der sogenannten Bulls' Lane, dem Pressezentrum und den VIP-Lounges. In dem Gebäudekomplex ist auch die Rennleitung und -kommission sowie die Zeitnehmung untergebracht. Die sogenannte Race Control verfolgt - ebenfalls nach FIA-Standards - auf 42 Monitoren und mit 26 Kameras das gesamte Renngeschehen.

"Wir sind gerüstet, müssen aber die Stadt Graz und die Steiermark mitnehmen", ist der Tourismusobmann der Region Murtal, Karl Schmiedhofer, bezüglich der Bewältigung der zusätzlichen Nachfrage in Gastronomie und Beherbergung zuversichtlich. Die Region Murtal-Murau verfüge über knapp 20.000 Gästebetten, wobei die Kapazitäten rund um den Red-Bull-Ring im Qualitätssegment in den vergangenen Jahren verdoppelt worden seien.

"Wir sind Großveranstaltungen gewohnt, wir haben ja gerade erst die Airpower erlebt", möchte Schmiedhofer Befürchtungen, man könnte durch den Ansturm einer Grand-Prix-Woche kapazitätsmäßig überfordert sein, zerstreuen. Klarerweise müsse auf die Ressourcen rundum bis Graz und Kärnten zurückgegriffen werden. Neben den Zuwächsen im Mehr-Sterne-Bereich sei man auch bei hochwertigen Camping-Angeboten gut aufgestellt. Dazu kämen dann um die Veranstaltung herum temporäre einfachere Angebote.

Maßgebliche Triebfeder bei den Investitionen ist auch im touristischen Umfeld Dietrich Mateschitz, der seit 2008 – unbestätigte - mehr als 200 Mio. Euro in die Region gepumpt haben soll: Schon mit Start des Rings im Frühjahr 2011 wurden das Steirerschlössl in Zeltweg und das Landhotel Schönberghof neben der Rennstrecke mit angeschlossenem Gästehaus in Betrieb genommen. Das 2012 eröffnete "G'schlössl" in Großlobming hieß früher Murhof und war ein Gestüt, auf dem traditionell englische Pferde gezüchtet wurden. Nach dem Umbau umfasst der Hotelbetrieb 19 Suiten, zwei Appartements und sechs Zimmer. Dazu kommen ein Restaurant, ein Badehaus, ein Reiterstüberl und ein Spa-Bereich. Der Hofwirt in Seckau wurde kürzlich neu eröffnet, ebenso wie das ehemalige Hotel Bernhard (Steirerschlössl-Gästehaus), in der Pipeline sind das Schloss Thalheim und Schloss Admontbichl in Obdach.

Seit 2012 buchbar ist das in Familienbesitz befindliche MT-Hotel mit 45 Vier-Sterne-Zimmern an der Murtal-Schnellstraße (S36) in Zeltweg.

"Wenn der Rahmen des bestehenden UVP-Bescheides durchbrochen wird, werden wir in ein neues UVP-Verfahren einsteigen müssen", skizzierte der Leiter des Anlagenreferats beim Land, Peter Frank, am Mittwoch die zu erwartenden behördlichen Hürden in Sachen Formel 1-Comeback. Am Zug sei aber Konsenswerber Dietrich Mateschitz, der ein Betriebskonzept vorlegen müsse.

Der Red-Bull-Ring hat als Betriebsgrundlage einen Bescheid über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), der einerseits eine Hülle für darin enthaltene Materiengesetze - u.a. das Veranstaltungsgesetz - ist, andererseits Auflagen im Hinblick auf Lärmemissionen und Zuschauerzahlen vorsieht. Gerade mit diesen Beschränkungen könnte ein F1-Wochenende in Spielberg in Konflikt kommen und eine Änderung des UVP-Bescheides notwendig sein. Bei der UVP-Behörde des Landes geht man davon aus, dass Red Bull ein Konzept mit Antrag vorlegen wird: "Das wäre die richtige Vorgangsweise", so Behördenleiter Frank.

Umweltanwältin Ute Pöllinger weist darauf hin, dass bei Einreichung des Projekts die Formel 1 im Betreiberkonzept nicht enthalten war. Weil man mit der im UVP-Bescheid vorgesehenen Kontingentierung ("Wie ein Topf, der irgendwann einmal voll ist") bei Aufrechterhaltungen des Jahresbetriebs am Ring kaum das Auslangen finden dürfte, geht Pöllinger davon aus, dass eine Bewilligung nach dem Veranstaltungsgesetz durch die Bezirkshauptmannschaft nicht ausreicht. Wie Frank rechnet auch sie damit, dass Mateschitz rasch ein schall-, emissions- und verkehrstechnisches Konzept vorlegen wird, womöglich mit Vorbegutachtungen.

Dass ein neues UVP-Verfahren etwa durch die Einbeziehung der Anrainer Verzögerungen mit sich bringen könnte, glaubt Pöllinger nicht:"Es handelt sich ja um keine hochumstrittene Angelegenheit." Eine zeitgerechte, rechtskonforme Adaptierung sei in ihren Augen "schwierig, aber für völlig unmöglich halte ich sie nicht".

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