Ironman auf Hawaii: Wenn Qualen süchtig machen

Ironman auf Hawaii: Wenn Qualen süchtig machen
Nach drei Jahren Pandemie-Pause ist der Kult-Triathlon zurück. Bei dem Extremsportevent sind heuer 64 Österreicher am Start. Zwei von ihnen erklären den Mythos.

Was Ferrari für die Formel 1 oder Real Madrid für den Fußball ist, das ist Hawaii für die Triathlon-Szene: ein Mythos, der seit über 40 Jahren lebt. Jahr für Jahr zieht es Profis wie Amateure ins Urlaubsparadies, um sich den ultimativen Ironman-Qualen hinzugeben: 3,86 Kilometer Schwimmen durch die Wellen des Pazifiks, 180 Kilometer Radfahren durch die flirrende Lavawüste mit den tückischen Mumuku-Winden und 42,195 Kilometer Laufen über den glühenden Asphalt.

Rund 200 Ärzte sind bei Start und Ziel in Kailua-Kona vor Ort, vor allem die Hitze macht den Athleten zu schaffen, die während des Rennens rund vier Prozent ihres Körpergewichts und bis zu 12.000 Kalorien verbrauchen.

KURIER Sport Talk mit Heinz Travnicek und Paul Marouschek

2022 gehen nach drei Jahren Pandemie-Pause auch rund 64 Österreicher auf der Hauptinsel an den Start, die Bewerbe begannen am 6. Oktober. Die zwei „ambitionierten Amateure“ Heinz Travnicek (Kategorie M 55) und Paul Marouschek (Kategorie M 60) bereiteten sich vor Ort eine Woche auf den Wettkampf ihres Lebens vor.

Marouschek ging schon 2018 auf Hawaii an den Start, er schwärmt noch heute von den Impressionen: „Es ist unglaublich, wenn man sich seinen sportlichen Lebenstraum erfüllt. Alle, die dort waren, werden sich immer daran erinnern.“ Travnicek feiert seine Premiere, will in erster Linie das Ziel sehen und einen guten Wettkampf abliefern.

Das Aufwärmen fand bei knapp 30 Grad mit vielen anderen der 4.500 Teilnehmer statt. Radfahrer bevölkerten tagelang links und rechts auf den Pannenstreifen den Highway, in der Früh tummelten sich die Schwimmer am Pier.

Das wellenartige Gelände mit vielen Höhenmetern verlangt den Athleten alles ab, dazu kommt Wind, der häufig böig und von der Seite weht. Travnicek: „Beim Radfahren muss man extrem aufpassen. Die Gegend kann man sich jedenfalls nicht anschauen.“

Ironman auf Hawaii: Wenn Qualen süchtig machen

Marouschek (links) und Travnicek

Auf 170 der 180 Kilometer entlang der Radstrecke sieht man kein einziges Haus, man fährt durch eine Lavawüste. „Es sieht aus, als wäre die Gegend in den 1960er-Jahren stehen geblieben.“ Via Handy kann man allerdings immer und überall zahlen.

Erste Triathlonbewerbe im heutigen Sinn gab es 1974 in den USA, 1978 wurde der erste Ironman auf Hawaii ausgetragen. Der „Mythos Hawaii“ mit den Heldengeschichten entstand so richtig in den 1980er-Jahren.

Dave Scott war der erste Held, der zwischen 1980 und 1987 sechs Mal gewonnen hat. Sein US-Landmann Mark Allen ist zusammen mit ihm, nach sechs Erfolgen zwischen 1989 und 1995, Rekordsieger. Er war verheiratet mit Julie Moss, die 1982 – in Führung liegend – kurz vor dem Ziel dehydrierte, zusammenbrach und auf allen vieren noch als Zweite ins Ziel krabbelte. Die Szene wurde weltweit live übertragen und hat viele Sportler erst zur Teilnahme am Ironman-Wettbewerb inspiriert.

„Ich habe erlebt, dass es sehr unterschiedliche Reaktionen und Überzeugungen zum Ironman gibt“, sagt Gordon Haller, der 1978 den ersten Ironman auf Hawaii gewonnen hat. Die Teilnehmer von damals waren nicht auf der Suche, sie haben einen Wettkampf gefunden, um ihren Lifestyle zu leben. „Ich habe diesen ersten Ironman geliebt. Was für ein großartiger Weg, um den Tag mit Freunden zu verbringen.“

Typen wie Haller saugen es auf, Sport treiben zu können. Das kann auch Paul Marouschek bestätigen. „Wenn man sich für Triathlon entscheidet, dann ist das keine Sucht. Triathlon ist eine Lebenseinstellung.“ Die den ganzen Alltag bestimmt und auch verformen kann.

Wer auf Hawaii antreten möchte, der muss enorme Leistungen bringen und sich bei einer der weltweiten Ironman-Veranstaltungen qualifizieren. „Das macht Hawaii so besonders. Du kannst das nicht einfach im Internet buchen“, sagt Marouschek. Der Aufwand der Athleten ist enorm, finanziell wie zeitlich. Die zwei Österreicher rechnen vor, dass sie ein Jahr Triathlon 12.000 bis 15.000 Euro kostet, ohne Events im Ausland. 2022 wird mit Hawaii deutlich teurer.

Auch der Trainingsaufwand ist beeindruckend. Travnicek: „Es hängt auch von der Jahreszeit ab. Aber man kommt auf alle Fälle auf zehn bis 20 Stunden pro Woche.“

Die harte Arbeit soll nun Früchte tragen. Bleiben nach diesem Event überhaupt noch Ziele übrig? „Hawaii ist, wie wenn du auf der Streif oder in Wimbledon gewinnst“, sagt Marouschek, der seinen Bewerb am Freitag als 46. in seiner Kategorie in 12:05 Stunden beendet hat. Gut, dass man auf den anderen bekannten Hawaii-Inseln Maui und Oahu eine Verlängerungswoche gebucht hat.

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