Wie ist der Erfolg einzuordnen?
Hoch. Zwar sind Österreichs Männer seit mehr als einem Jahrzehnt Stammgäste bei Großereignissen, auch die Hauptrunde ist kein Neuland – doch selten hat man eine so schwierige Vorrundengruppe so souverän überstanden. „Das ist vielleicht das Größte, das wir je geschafft haben“, sagt Robert Weber. Der 38-Jährige muss es wissen. Seit Mittwoch ist er mit 219 Ländermatches der Rekord-Feldspieler Österreichs. Selbst wenn der achte Platz der Heim-EM 2020 nicht übertroffen wird, dürfte die diesjährige Endrunde als Meilenstein eingehen.
Was ist in der Hauptrunde nun zu erwarten?
Auf dem Programm stehen vier Spiele innerhalb von nur sieben Tagen gegen weitere Topnationen, darunter das emotionale Duell mit Deutschland (Samstag) oder der Vergleich mit Olympiasieger und Rekordweltmeister Frankreich (Montag). Für die großen Nationen beginnt das Turnier nun erst so richtig. Dementsprechend kräfteschonend haben sie die Vorrunde absolviert. Den Österreichern, die in der Vorrunde bereits am absoluten Limit gespielt haben, stehen somit auf mehreren Ebenen echte Härtetests bevor.
Was bedeutet der aktuelle Erfolgslauf für Österreichs Handball?
Kurzfristig ist den Handballern eine erhöhte Aufmerksamkeit sicher. Sportdirektor Patrick Fölser wagt schon einen Blick Richtung Samstag, wo Gastgeber Deutschland wartet (20.30 Uhr): „Samstag, Primetime, 20.000 in Köln gegen das größte Handball-Land der Welt. Das ist wohl das Spiel des Lebens für uns alle.“ Der Hauptrunden-Einzug bedeutet zudem, dass Österreich für das Play-off zur WM 2025 gesetzt ist.
Mittelfristig will der Verband länger zehren von der nun entfachten Euphorie. Mit demografisch vergleichbaren Ländern (Norwegen, Schweden) spielen in Österreich vergleichsweise wenige Menschen Handball auf Vereinsebene (weniger als 10.000).
Wer sind die Schlüsselfiguren im Nationalteam?
Der aktuelle Erfolgslauf ist zwar dem Kollektiv zu verdanken, dennoch stechen einige Spieler heraus. Kapitän Mykola Bilyk vom THW Kiel, einem der größten Handball-Vereine Europas, gilt als einer der besten Rückraumspieler der Welt. Das wissen auch die Gegner, trotzdem glänzte der 27-Jährige gegen Spanien mit acht Treffern. Alles im Angriff hängt aber nicht mehr an ihm, vor allem Lukas Hutecek prägt das Offensivspiel mit. Der 23-Jährige, der in der deutschen Liga bei Lemgo spielt, ist einer von sechs Legionären im Kader.
Eine erfolgreiche Zukunft im Ausland wird auch Tormann Constantin Möstl prophezeit. Der 23-jährige Wiener steht seit Sommer bei Hard unter Vertrag, dürfte mit seinen Paraden in den vergangenen Tagen aber weiter auf sich aufmerksam gemacht haben. Nach der Vorrunde zählte Möstl zu den besten drei Goalies der EM-Endrunde.
Nicht unerwähnt soll die Arbeit von Teamchef Ales Pajovic bleiben. Der Slowene war selbst ein Weltklassespieler und beweist auch bei seiner ersten großen Trainerstation taktischen Mut und Feingefühl in der Gruppenführung. Mit der Bestellung des 45-Jährigen kurz vor der Heim-EM 2020 ging der Verband durchaus ein Risiko ein. Immerhin musste man sich davor vom Isländer Patrekur Johannesson, dem erfolgreichsten Teamchef der Verbandsgeschichte, trennen.
Wird man als Handballer reich?
In Deutschland, Ungarn, Polen, Frankreich werden den Topspielern auf den Schlüsselpositionen hohe Gehälter bezahlt. Millionensummen sind dennoch die Ausnahme. In Österreich können nur die wenigsten vom Handball leben. Die meisten Vereine haben drei, vier Spieler, denen sie mehrere Tausend Euro pro Monat zahlen können, die Mehrheit arbeitet nebenbei oder absolviert eine Ausbildung.
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