Es wird ernst: Österreichs Männer holen zum großen Wurf aus. Am 8. Jänner folgt in Linz der letzte Test für die EM in Deutschland gegen Island, ab 10. Jänner ist das ÖHB-Team in Mannheim kaserniert, ehe es am 12. Jänner gegen Rumänien losgeht. Schwieriger werden die Aufgaben danach gegen Kroatien (14. Jänner) und Spanien (16. Jänner).
Ales Pajovic kennt das Geschäft, er ist seit 2019 Teamchef und führte Österreichs Handballer 2020 zum achten EM-Platz. Vor dem Jahreshöhepunkt sprach der 45-jährige Slowene über die Chancen, die Hoffnungen und vor allem darüber, was man in Österreich besser machen muss.
KURIER: Herr Teamchef. Sind Sie mit der Vorbereitung zufrieden, sind alle Mann an Bord?
Ales Pajovic: Es läuft. Es sind fast alle fit. Nur Franko Lastro hat sich beim Training eine Schulterverletzung zugezogen. Ich hoffe, dass er bald wieder fit ist, er wäre auch der Nachfolger für Robert Weber, für den es sicher die letzte EM wird. Aber hinten haben wir gute Leute, wir sind gut vorbereitet. Auch der junge Jakob Nigg, von den Fivers hat zuletzt gute Leistungen in Tunesien gezeigt. Die Vorbereitung selbst in Slowenien war sehr gut, wir konnten die drei Tage gut nützen.
Studiogespräch mit Ales Pajovic
Auch, wenn wir das Testspiel 33:34 verloren haben, nehmen wir Positives mit. Die Slowenen waren Favorit. Wir haben auch gesehen, was wir noch verbessern müssen. Und wir haben uns auch mit Material von unseren Gruppengegnern versorgt. Wir sind ready, das Mindset passt. Wir sagen nicht, mit der Quali haben wir unser Ziel erreicht.
Am 12. Jänner geht es los. Gegner ist Rumänien. Auch für Sie der vermeintlich leichteste Gegner? Und sind Sie zufrieden, dass dies der erste Gegner ist?
Leider haben wir Pech mit der Auslosung gehabt, wie die Fußballer. Aus dem dritten Topf wollten wir nicht Kroatien. Dass wir zuerst gegen die Rumänen, gegen die wir in der Quali zweimal gewonnen haben, spielen, ist aber gut. Auch, wenn der Trainer ein wenig spanische Schule spielen lässt – das Spiel müssen wir unbedingt gewinnen, dann geht es ’all in’ gegen Kroatien.
Aber Kroatien wird wohl doch Favorit sein ...
Vor den Kroaten haben wir nicht so Angst von taktischen Sachen, sondern von der individuellen Klasse, auch, wenn sie die Quali nicht so gut gespielt haben. Klar sind Sie Favorit. Viele Spieler sind bei den besten Champions-League-Vereinen engagiert.
Sie holten 2004 mit Slowenien als aktiver Spieler EM-Silber, im Finale wurde gegen Deutschland verloren, wo Sie jahrelang spielten. Jetzt müssen Sie mit Österreich nach Deutschland. Kommen da sentimentale Gefühle auf?
Ich schaue gerne zurück auf die EM 2004, es gab unsere erste Medaille, Deutschland war aber damals zu stark. Jetzt ist aber der Fokus auf meine Arbeit als Trainer in Österreich gerichtet. Für die jungen Spieler ist es jetzt wichtig, sich gut in Deutschland zu präsentieren. Damit wir auch wieder mehr Spieler ins Ausland bringen, das brauchen wir. Kroatien hat von 21 Spielern 18 im Ausland. Wir wollen zeigen, dass wir auch Handball spielen können.
Wie sehen Sie die generelle Situation im heimischen Handball? Wie beurteilen Sie die Vereinssituation?
Ich bin viel unterwegs bei den Vereinen, arbeite auch mit Kids. Das Problem liegt bei der neuen Generation. Den Jungen fehlt es an Hunger. Da gibt es TikTok oder Snapchat, der Fokus der Kinder auf den Sport fehlt. Das war früher bei uns in Slowenien und generell am Balkan anders. Natürlich fehlt es auch an Geld bei den Vereinen. Es ist eine Belastung, schon zwei, drei gute Trainer angestellt zu haben. Aber ohne gute Trainer im Unterbau ist es schwer, etwas zu entwickeln. Viele Vereine kaufen Legionäre und die Jugend unten bekommt keine Chance. Man muss vom Kleinen starten und dann aufbauen, mehr in die Jugend investieren. Wir haben gute Trainer, aber es sind noch zu wenig.
Und dann gibt es ein weiteres Problem. Wie beurteilen Sie die Hallensituation bei uns?
Ich kenne es in Graz, man findet zu wenig Hallen, das war auch das Problem von Westwien. Das ist nicht nur das Problem im Handball, auch in anderen Sportarten.
Apropos Graz. Fühlen Sie sich schon als waschechter Österreicher?
Ich bin seit acht Jahren mit meiner Familie in Österreich, meine Tochter ist jetzt 16, der Sohn 18, früher war es ein Problem, dass ich oft gewechselt bin. Ich komme ja aus Celje, das ist auch nicht weit, gehört auch irgendwie zur Steiermark. Ich bin aber in Graz sehr zufrieden, vielleicht kann ich ja bis zur Pension Nationaltrainer bleiben.
Gibt es eine – sagen wir haarsträubende – Wette, wenn Österreich wie bei der EM 2020 Platz acht erreicht?
Der Bart bleibt! An den Haaren oben kann ich eh nicht viel ändern.
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