Zwischen Terror und Fußball: Was der Krieg für Palästina bedeutet

Zwischen Terror und Fußball: Was der Krieg für Palästina bedeutet
Seit dem Terrorangriff steht die Liga in Palästina still. Die Nationalmannschaft ist allerdings für die am Freitag beginnende Asien-Meisterschaft qualifiziert.

„Für die Buben in den Flüchtlingslagern war Fußball immer ganz wichtig, damit dir alles nicht auf den Schädel fällt“, sagt Fritz Edlinger. Der Präsident der 1982 gegründeten „Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen“ ist seit 55 Jahren regelmäßig in Palästina. Fußball ist dort dieser Tage ein ganz großes Thema, denn das Nationalteam spielt als eines von 24 Teams bei der Asienmeisterschaft 2024

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Das Turnier in Katar beginnt am Freitag, Palästina spielt am Sonntag gegen den Iran, weitere Gruppengegner sind die Vereinigten Arabischen Emirate und Hongkong. „Die palästinensische Führung hat Sport und vor allem Fußball unterstützt“, sagt Edlinger. „Denn es ist besser, wenn Kinder zu den Sportvereinen gehen als zu Terrororganisationen.“ 

Das klingt aktueller denn je. Denn am 7. Oktober schockierte die Hamas mit ihrem Terrorüberfall auf Israel die zivilisierte Welt mit über 1.100 Toten und mehr als 200 Geiseln.

Zwischen Terror und Fußball: Was der Krieg für Palästina bedeutet

Makram Daboub: Der Teamchef stammt aus Tunesien.

Liga-Stopp seit Oktober

Seither stand der Sport still. In Israel wurde die Fußball-Meisterschaft Anfang Dezember wieder aufgenommen. In den Palästinensergebieten wird noch immer nicht gespielt. Es gab die West Bank Premier League und die Gaza Strip Premier League. Also hat der Großteil der Teamspieler seit drei Monaten kein Bewerbsspiel in den Beinen.

Bis auf eine Ausnahme. Im November begann die WM-Qualifikation, das Heimspiel von Palästina gegen Australien wurde in Kuwait ausgetragen und knapp mit 0:1 verloren. Eigentlich war die Partie in Ramallah angesetzt. Das Spiel in der Westbank wäre das erste Heimspiel seit 2019 gewesen und mit Sicherheit das größte in Palästina, seit 1998, seit das Land Vollmitglied des Weltverbandes FIFA ist.

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Zur Vorbereitung auf die Asien-Meisterschaft war man vor Weihnachten in Algerien und Saudi-Arabien und seit Jahresbeginn in Doha. Teamchef Makram Daboub, ein Tunesier, arbeitet mit den Spielern nicht nur an Taktik und Technik, er spricht auch viel mit ihnen, viele haben Angst um ihre Familien. „Die Spieler sind die meiste Zeit im Hotel oder im Bus, verfolgen die Nachrichten auf ihren Handys und kommunizieren mit ihren Familien“, verriet der Coach in einem Interview. Die israelischen Militäraktionen im Gaza-Streifen haben laut Gaza-Gesundheitsministerium mehr als 22.000 Palästinensern das Leben gekostet, mehr als 50.000 wurden verletzt. Football Palestina entstand 2008 als Fan-Blog und ist mittlerweile eine umfassende Seite über Fußball in Palästina. Dort wird berichtet, dass 88 Sportler seit Oktober getötet wurden, davon 67 Fußballer. Susan Shalabi, Vizepräsidentin des Fußballverbandes, sprach im Deutschlandfunk von 80 getöteten Fußballern.

Palästina ist aktuell die Nr. 99 in der FIFA-Weltrangliste. Am Sonntag gab es im Test gegen Usbekistan ein 0:1, am Dienstag gegen Saudi-Arabien ein 0:0. Es sei „eine Quelle des Stolzes, nicht nur für mich, sondern für alle Palästinenser“, sagte Angreifer Oday Dabbagh über die dritte Teilnahme bei Asiens Kontinentalturnier.

Star in Charleroi

Dabbagh ist der Star der Mannschaft. Der 25-jährige Stürmer wurde in Ost-Jerusalem geboren und begann bei Hilal Al Quds in der Westbank Liga. 2021 wechselte er zu Portugals damaligen Erstligaaufsteiger Arouca. Seit Sommer ist er in Charleroi, wo er gleich im ersten Spiel der Saison getroffen hat. Es folgten weitere drei Treffer. Er war erst der zweite palästinensische Profi in Europa nach Mohammed Saleh, der 2018 bei Floriana auf Malta spielte.

Zwischen Terror und Fußball: Was der Krieg für Palästina bedeutet

Nur vier Kaderspieler wurden nicht im Mittleren Osten geboren. Michel „Dado“ Termanini stammt aus Malmö, Amr Kaddoura aus Landskrona, wo er noch immer im Tor steht. Camilo Ignacio Saldaña Inostroza wurde in Santiago de Chile geboren. Und Yaser Hamed wuchs im Baskenland auf und wurde bei Athletic Bilbao ausgebildet.

Die Tickets für die Spiele waren begehrt, weil in Katar viele Palästinenser leben. Die FIFA erlaubt keine politischen Kundgebungen, ließ bei der WM aber zu, dass auf den Rängen palästinensische Fahnen geschwenkt wurden.

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