"Wie Mama Klitschko": Der Donaufeld-Boss aus dem Rapid-Präsidium

Donaufeld-Obmann Stefan Singer hält auch die Werte des Rapid-Leitbildes hoch
Stefan Singer ist Obmann von Donaufeld, seit 47 Jahren Rapid-Fan und seit 2019 im Präsidium. Das heutige Duell im ÖFB-Cup setzt dem Wiener zu.

Die erste Reaktion auf das Los waren zusammengeschlagene Hände. Aber nicht zum Applaus.

„Ich habe die Hände über den Kopf zusammengeschlagen“, erzählt Stefan Singer. „Das wird emotional schwierig für mich. Ich verspüre Verantwortung für alle 22 Spieler. Ich werde keine Freude mit der Partie haben, eine meiner Mannschaften wird verloren haben.“

Diese wohl ungewöhnlichste Reaktion auf das Los Rapid, seit es den ÖFB-Cup gibt, hängt mit der Lebensgeschichte des 58-jährigen Floridsdorfers zusammen.

Stefan Singer ist seit 47 Jahren Rapid-Fan, seit 25 Jahren Funktionär in Hütteldorf und seit 2019 Präsidiumsmitglied. Stefan Singer ist aber auch Donaufelder in vierter Generation („Mein Urgroßvater hatte hier eine Gemüsegärtnerei“), lernte am früheren Platz des Regionalligisten kicken und ist seit fünf Jahren der Boss des ambitionierten Amateurvereins.

„Obmann und Präsi in Personalunion, weil wir nach dem Abgang von Langzeitchef Fach keinen neuen Präsidenten gewählt haben“, erklärt Singer im KURIER-Gespräch.

Denkbare Blamage

Als Singer sein Ehrenamt antrat, war Donaufeld ein Mittelständler in der Wiener Liga. Heute, ab 17.45 Uhr (ORF 1 live), will der Ostliga-Dritte auf dem Sportclub-Platz (Karten sind noch erhältlich) Rapid aus dem Cup werfen – und der Zerrissene traut das dem Underdog sogar zu: „Ich schließe einen Donaufeld-Sieg nicht aus, für Rapid wäre es eine Blamage. Wenn Rapid ernsthaft spielt, werden sie aber gewinnen.“

Während die Donaufelder ihren Obmann herzen würden, denkt der Rapidler auch an die andere Seite der Medaille: „Es würde wieder Unruhe geben, Proteste, es wäre gleich wieder ungemütlich.“

Rapid-Präsidiumsmitglied Stefan Singer

Rapid-Präsidiumsmitglied Stefan Singer

Singer bringt es auf den Punkt: „Es ist ein Traumlos, es ist aber auch ein Horrorlos. Jeder andere Gegner wäre mir lieber gewesen. Mir geht es wie der Mama Klitschko, die auch nicht wollte, dass ihre Söhne gegeneinander boxen.“

Wie kam es zum ersten Pflichtspielduell mit Rapid in 110 Jahren Vereinsgeschichte?

„Ich mische mich sportlich überhaupt nicht ein. Ich könnte mir an die Brust heften, dass ich die richtigen Leute zum Verein geholt habe, aber ich weiß, dass im Fußball immer auch Glück dabei ist.“

Der Immobilienunternehmer holte Werner Gössinger als Sportdirektor und Sepp Michorl als Trainer.

Michorls Motto

Der frühere Daxbacher-Assistent und Spielerberater Michorl arbeitet mit einem klaren Motto: „Niemand ist größer als der Verein. Wir holen bewusst keine Altstars und leben vom Kollektiv.“ Gespielt wird mit mutigem Pressing und für Liga drei ungewöhnlich schnell nach vorne.

„Ich glaube, dass wir aktuell am Zenit sind“, sagt Singer. Außer es gelingt die Sensation gegen Rapid.

Lukrative Umsiedlung

Das Spiel ihres Lebens können die Donaufelder nicht zu Hause austragen, weil es trotz ordentlicher Investitionen in die Infrastruktur nur eine zugelassene Tribüne für 1.500 Fans gibt. „Alle Beteiligten wollten ins Allianz Stadion, aber das hat das Cupregulativ verboten“.

Da am FAC-Platz nur noch 3.000 Zuschauer rein dürfen, wurde es der Sportclub-Platz mit 6.000 Plätzen (und verbranntem Rasen).

"Wie Mama Klitschko": Der Donaufeld-Boss aus dem Rapid-Präsidium

„Ein wichtiger Punkt neben der Sicherheit mit einer eigenen Tribüne für die Rapid-Fans ist das Geld: Wir können wirklich jeden Extra-Euro brauchen, weil das gute Marketing von Rapid und Austria mittlerweile fast alle Kleinsponsoren absaugt.“

Dienst an Gesellschaft

Während der Langzeitfunktionär, der aus der aktiven Fanszene kam, emotional stärker mit Rapid verbunden ist, erlebt er in Donaufeld tagtäglich die vielen Aufgaben eines Sportvereins: Aufgrund der Nähe zur UNO-City und den Diplomatenfamilien sowie vielen Flüchtlingen in der Region waren bis zu 41 Nationen unter den 250 Spielern gemeldet.

„Beim Fußball lösen sich die Hierarchien wieder auf. Ich sehe die Arbeit auch als Dienst an der Wiener Gesellschaft.“

Und „seine Rapid“, die sich selbst an der Spitze verortet, aber im Umbau Schwächen zeigt? „Es ist ein langer Weg, aber wir werden Rapid wieder nach oben führen.“

Kommentare