Jede Generation hat ihre Helden, der Geschmack entscheidet Duelle, die dermaßen auf Augenhöhe geführt werden. Messi musste von klein auf mit dem Maradona-Vergleich und dem mitschwingenden Vorwurf leben, das Land nie zu einem WM-Titel geführt zu haben. Dieses „Manko“ hat er nun eindrucksvoll vom Tisch gewischt und ein Land vereint, das unter einer heftigen Wirtschaftskrise leidet. Messi lässt mit den Feierlichkeiten in Buenos Aires und sämtlichen Winkeln des Landes die Leute vergessen, wie sie sich die Einkäufe im Supermarkt leisten sollen.
Dem Sohn, der im zarten Alter in die große europäische Fußballwelt auszog, wird nun im eigenen Land jene Bewunderung und Liebe entgegen gebracht, die er auch verdient. In den frühen Dienstagmorgenstunden entstieg er mit dem goldenen Pokal dem Flugzeug und symbolisierte damit, dieses Versprechen, das sein geniales Können dem Land stets gegeben hatte, nun eingelöst zu haben. Der Kreis schloss sich, Messis Karriere ist mit seinen vielen Titeln auf Klubebene nun eine runde Sache.
Im Gegensatz zu Maradona liefert Messi abseits des Platzes keine Skandale, für viele Fußballfans ein wichtiger Faktor in der Beurteilung und Wertung zwischen den Stars. Argentinien triumphierte bei Weltmeisterschaften drei Mal und schrieb dabei drei Heldengeschichten mit Kempes, Maradona und Messi. Er ist nun der Präsenteste, weil er den aktuellen, den modernen Fußball verkörpert wie kaum jemand.
MARADONA IST DER GRÖSSTE
von Günther Pavlovics
Er gaberlte mit Tennisbällen. Mit Tischtennisbällen. Sogar mit Orangen. Als 16-Jähriger wurde Diego Maradona von Puma nach Herzogenaurach geholt, zeigte seine Kunststücke – und bekam einen Werbevertrag. Fantastisch, wie er vor der Partie im Münchner Olympiastadion den Ball zur Musik tanzen ließ – die Schuhbänder offen.
Maradona implementierte seine virtuose Fußballkunst in den beinharten Profifußball. Seine Art, den Ball am Fuß zu führen, erhob ihn über alle anderen. So ließ er grobschlächtige englische Verteidiger wie Schulbuben aussehen. Er brauchte für die 40 Meter mit dem Ball am Fuß 14 Sekunden. Aber er nutzte jeden Tempowechsel zur Täuschung. Genial. Wer viele andere geniale Tore sehen will, braucht im Internet nur nach Maradona suchen.
Maradona hat nie eine Fußballakademie von innen gesehen. Er hat seine Technik auf beinharten Lehmplätzen in einem Armenviertel erlernt. Dort hat er sich die Grundlage geholt, mit der er im Alleingang aus dem Mittelmaßklub Neapel einen Meister und Europacupsieger gemacht hat. Er war bereits mit 25 Jahren auch der uneingeschränkte Anführer, der Argentinien 1986 zum Titel geführt hat. Die Taktik von Teamchef Bilardo hätte man „Diego plus zehn“ nennen können. Die Taktik der anderen hieß: „Alle gegen Diego“. Er wurde 53-mal gefoult.
Aber er biss sich durch. Der Fußball hat ihn reich gemacht, der Ruhm getötet. Das Genie, das jeden Wahnsinn mitmachte, sich zugrunde richtete, aber mehr Liebe erfährt als jeder andere.
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