Etwas Romantik. Am liebsten würde ich auch mit fünf Steirern aus der eigenen Akademie einlaufen und diesen Erfolg haben. Aber das spielt es nicht. Wir haben hohe Qualität im Kader und es zählt am Ende nur das Leistungsprinzip – sowohl für extern geholte Spieler wie auch für Eigengewächse.
Fürchten Sie, dass Top-Talente nicht mehr in die Akademie kommen, weil sie keine Chance bei den Profis sehen?
Wir haben eine zweite Mannschaft im Profifußball. Diese Chance muss man als Junger wahrnehmen. Da erwarte ich mir mehr Widerstandsfähigkeit. Die ist nicht bei allen Talenten da. Aber natürlich will ich eigene Talente bei den Profis sehen.
Noch ein Kritikpunkt war der Verkauf von Christoph Lang an Rapid. Hartberg-Trainer Markus Schopp kritisiert, „dass der beste Steirer jetzt in Wien spielen muss“.
Im Fall Lang dürfen wir nicht eitel sein, weil er zu Rapid geht. Wir sehen ihn am stärksten in der Position des Elfers, also des zweiten Stürmers, und da haben wir sehr starke Spieler wie Sarkaria, Böving oder Camara vor ihm. Lang hat mir gesagt, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wird und zu Rapid will. Die Gespräche mit Mecki Katzer waren sehr konstruktiv. Also haben wir uns geeinigt.
Sturm hat viele Millionen verdient. Wollen Sie damit auch in die Infrastruktur investieren?
Ja, absolut – und das haben wir auch bereits. Aber Osim hat auch gesagt: „Eine gute Infrastruktur macht noch keinen guten Fußballer.“ Wir dürfen unsere aktuellen Umstände also nicht als Ausrede verwenden. Es liegt auch an den Talenten: Wenn sie im Nachwuchs die Besten sind und bei Sturm II erstmals Ersatz, schauen viele schief. Da braucht es Geduld und unbedingten Willen. Aber es ist Fakt, dass wir unbedingt ein neues Trainingszentrum für die Jugend brauchen. Dieses ist – unter massivem Einsatz eigener Geldmittel – geplant, die Förderzusage des Landes Steiermark steht, von der Stadtpolitik fehlt aktuell aber leider jegliche Unterstützung.
Sehen Sie die Gefahr, dass Sturm die Identität verliert und nur zum Durchlauferhitzer für junge Legionäre wird, die rasch verkauft werden?
Nein, da sind wir in der Kaderplanung sehr aufmerksam. Eine Mittelachse mit Wüthrich, Gorenc Stankovic, Hierländer, Kiteishvili, vielleicht künftig auch Lavalee ist uns wichtig. Da versuchen wir alles, auslaufende Verträge zu verlängern. Nur bei einem Thema bitte ich, über den Tellerrand zu schauen.
Und zwar?
Ob Sturm-Spieler Österreicher sind oder nicht. Es geht uns vor allem um die Tugenden, die ein Spieler mitbringt. Eine Säule für uns ist langfristiger Erfolg, am besten auch in Europa. Die andere Säule sind Spieler mit Wiederverkaufspotenzial. Beides erfüllen wir aktuell sehr gut.
Sie haben einmal angeregt, über eine Anpassung des Ö-Topfes mit mehr erlaubten Legionären zu reden. Gibt es da für Sie noch Hoffnung?
Ich habe mit der Bundesliga gesprochen und die Antwort war klar: Es wird keine Anpassung diskutiert werden. Es wird allerdings weiter einen Dialog geben. Außerdem werden wir aufpassen: Die Fans müssen sich keine Sorgen machen, dass wir irgendwann keine Österreicher mehr im Kader hätten.
Während Dante und Texeira nach dem Afrikacup abgegeben werden könnten, ist von Arsenal ein Leihstürmer gekommen. Wie sind die ersten Eindrücke von Mika Biereth?
Biereth war länger auf unserem Schirm, weil er sehr gut in unser Profil für den vordersten Stürmer passt: Gute Dynamik, guter Abschluss, er kann den Körper einsetzen, und er geht gerne in die Tiefe – das ist für unser Spiel essenziell. Das war mit Emegha so und danach, als Jatta fit war.
Im Herbst wurden erstmals seit drei Jahren wichtige Spiele ohne Mittelfeldraute bestritten. Kündigt sich der Abschied von der Raute an?
Nein. In der Raute besetzen wir viele Ebenen auf dem Feld und können sehr schnell vertikal spielen. Wenn wir den Ball verlieren, kommen wir schnell ins Gegenpressing. Das öfters eingesetzte 4-2-3-1 oder 4-3-3 lag daran, dass wir so oft gegen Dreierketten gespielt haben. Da passt das gegen den Ball besser als mit zwei Stürmern. Da muss man sich bei Chris Ilzer keine Sorgen machen.
Wie meinen Sie das?
Der Trainer macht eine Systemanpassung nicht aus einem Bauchgefühl heraus, sondern nach stundenlanger akribischer Analyse. Die Raute bleibt aber unser Hauptsystem, da funktionieren die Automatismen am besten.
Kommentare