Relegation: Nach dem Aufstiegsdrama denkt der HSV wieder an oben
Als hätte es die ebenso dramatische wie legendäre Vier-Minuten-Meisterschaft von Schalke vor 22 Jahren nicht gegeben, feierten die HSV-Fans bereits den Triumph auf dem Rasen. Das Spiel in Sandhausen war gewonnen, der Stadionsprecher gratulierte zum Aufstieg und der ehemalige Bundesliga-Dino war endlich wieder oben.
Oder doch ganz unten. Denn Heidenheim schoss im noch laufenden Parallelspiel ein Tor, in der 99. Minute noch eines, feierte den erstmaligen Aufstieg in die Erstklassigkeit und der Sandhausener Platzsprecher entschuldigte sich bei den nun weinenden Hamburger Fans.
Also wieder einmal Relegation. Der HSV ist der Rekordteilnehmer an diesem brutalen Saisonfinale. Zuerst als wankender Abstiegskandidat, dann als Dritter der zweiten Liga, der es aber doch nicht schafft.
Nur dreimal seit 2009 setzte sich der Zweitligist durch. Laut HSV-Vorstand Boldt wäre es an der Zeit, den Modus einmal zu überdenken.
Phänomen Walter
Nur positiv denkt jedenfalls Tim Walter vor dem Hinspiel beim VfB Stuttgart (20.45 Uhr). „Ich kann ja nicht negativ denken und positiv handeln“, sagte der 47-jährige Chefcoach. „Das funktioniert ja nicht.“
Walter gilt beim so oft mit internen Streitereien beschäftigten Großklub aus dem Norden als menschgewordene Entschlossenheit. Nur er hat seit dem erstmaligen Abstieg 2018 eine zweite Chance bekommen und die verlorene Relegation gegen Hertha BSC vor einem Jahr überstanden.
Erinnerung an Happel
„Ich glaube nicht, dass sich die Stuttgarter gefreut haben, als sie gehört haben, sie spielen gegen den HSV.“ Der frühere Stuttgart-Trainer – er musste 2019 nach einem halben Jahr in der zweiten Liga als Dritter gehen – legt noch nach. Mit einer Erinnerung an die großen HSV-Zeiten, als mit Trainer Ernst Happel vor 40 Jahren der Meistercup gegen Juventus gewonnen wurde: „Das wird ein tolles Spiel: Stuttgart, toller Verein – gegen den HSV, großer Verein.“
Noch vor der Relegation wird angedacht, den Vertrag mit Walter zu verlängern. Seine offensive Spielweise sorgt oft für Diskussionen, Spektakel ist aber garantiert.
Die Hamburger haben sich mit der Liga des früher viel kleineren Rivalen St. Pauli zwar nicht angefreundet, aber zumindest die Begeisterung für die Raute wieder gefunden.
Der Schnitt von über 53.000 Zuschauern hat Champions-League-Niveau. Jetzt fehlt nur noch ein gutes Hinspiel in Stuttgart und am Montag der Aufstieg. Der tatsächliche.
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