Rapid in Banja Luka: Warum das Achtelfinale nicht nur sportlich brisant ist

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Rapid gastiert in Banja Luka und damit erstmals im zerrissenen Land Bosnien-Herzegowina. Ex-Rapidler und Borac-Kapitän Grahovac spricht über die politische Lage.

Am Donnerstag kommt ein neues Land auf die lange Liste der Europacup-Gegner von Rapid. Nach Armenien (Noah) und Moldau (Petrocub) ist es bereits die dritte Premiere in dieser Saison: Die Hütteldorfer treten erstmals gegen einen Verein aus dem bosnischen Verband an.

Um 21 Uhr beginnt in Banja Luka gegen Borac das Achtelfinal-Hinspiel der Conference League (Canal+ live).

"Borac" mit dem wieder fitten Kapitän Srdjan Grahovac bedeutet „Kämpfer“ und liefert die kürzestmögliche Beschreibung des defensiv kompakten Gegners, den Rapid-Trainer Robert Klauß als „sehr unangenehm zu bespielen“ einschätzt.

Der Besuch in Bosnien-Herzegowina – es ist übrigens der 42. aktuell existierende Staat für Rapid in einem Europacup-Duell – fällt in eine politisch heikle Phase.

Banja Luka ist die Hauptstadt der Republik Srpska, die rund 250.000 Einwohner gehören mehrheitlich der serbischen Volksgruppe an. Der „Serbischen Republik“ (das ist die Übersetzung von Srpska) steht die bosniakisch-kroatische Föderation gegenüber.

Das zerrissene Land

Bosnien-Herzegowina gilt auch 30 Jahre nach dem historischen Dayton-Abkommen, das einen dreijährigen brutalen Krieg mit mehr als 100.000 Toten beendete, als ein zerrissenes Land.  Für politisch wichtige Entscheidungen braucht es die Zustimmung der drei Hauptvolksgruppen – den (muslimischen) Bosniaken, den (katholischen) Kroaten und den (orthodoxen) Serben.

Während die UEFA-Mitgliedschaft weitestgehend reibungslos verläuft, schaut es auch zwei Jahre nach der Ernennung zum EU-Beitrittskandidaten mit einer Vollmitgliedschaft Bosniens schlecht aus. Mittlerweile mischt auch Russland mit:  Serbenpolitiker Milorad Dodik liebäugelt mit Unterstützung Moskaus mit der Abspaltung der Republika Srpska. Balkan-Experten warnen vor einer neuerlichen Kriegsgefahr in näherer Zukunft. 

Die Lage bleibt heikel. Am  Mittwoch wurde Srpska-Präsident Dodik vom gesamtstaatlichen Bundesgericht wegen „Missachtung von Beschlüssen des Hohen Repräsentanten“ zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Ämterverbot verurteilt.

Rapid in Banja Luka: Warum das Achtelfinale nicht nur sportlich brisant ist

Warnungen vom österreichischen Außenministerium an Rapid oder die begleitenden Fans bezüglich der Reise sind bislang aber nicht eingegangen.

Rapid in Banja Luka: Warum das Achtelfinale nicht nur sportlich brisant ist

Auch Kapitän Srdjan Grahovac, der gleich zwei Mal zu Rapid wechselte, beruhigt im KURIER-Gespräch: „Das ist Politik und sehr komplex, hat aber nichts mit Fußball zu tun. Ihr alle könnt die schöne Stadt und das Spiel ohne Sorge genießen.“ 

Allzu lange wollen sich die Hütteldorfer nicht in Bosnien aufhalten: Noch in der Nacht nach dem Spiel erfolgt der Rückflug nach Wien.

Als Krankl, Starek und Dokupil scheiterten

Gespielt hat Rapid schon einmal in Bosnien. Damals gehörte Mostar allerdings noch zu Jugoslawien – und sorgte für eine Überraschung: Velez gewann das UEFA-Cup-Heimspiel in der 2. Runde mit 1:0, obwohl bei Rapid die Legenden Krankl, Starek und Dokupil im Aufgebot standen.

Im Rückspiel auf der Pfarrwiese (übrigens vor nur 4.700 Zuschauern) im November 1974 folgte mit einem 1:1 sogar das Europacup-Aus von Rapid.

Das wäre 50 Jahre später eine ähnlich große Enttäuschung.

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