Wie Legia-Fans die Rangers mit dem Papst und einer Celtic-Legende trollten

Wie Legia-Fans die Rangers mit dem Papst und einer Celtic-Legende trollten
Im Europa-League-Playoff zwischen den Glasgow Rangers und Legia Warschau trollten die Polen mit ihrer Choreographie die Schotten.

Für europaweites Aufsehen sorgten die Fans von Legia Warschau in der Qualifikation zur Europa League. Im Rückspiel bei den Glasgow Rangers (0:0; 0:1) präsentierten die Polen eine Choreographie mit dem Konterfei ihres Landsmannes Johannes Paul II., der von 1978 bis 2005 Papst der römisch-katholischen Kirche war.

In englischer Sprache war unter dem Transparent der Ausspruch "Fürchtet euch nicht" zu lesen, den der mittlerweile Heiliggesprochene bei seiner Amtseinführung vom Petersplatz den versammelten Menschen zurief. 

Religiöse Komponente

Damit motivierten die Legia-Fans ihre Auswahl und versuchten, die Schotten aus der Reserve zu locken. Bei der Präsentation der Choreo schallte ein gellendes Pfeifkonzert durch das Ibrox Stadium. Nicht ohne Grund: die Rangers gelten als Klub der Protestanten in der Stadt, die loyal zu Großbritannien stehen. Das Old-Firm-Derby mit dem Celtic FC hat eine religiöse Komponente, der Stadtrivale ist von irischen Einwanderern katholisch geprägt worden. 

In der ersten Qualifikationsrunde gegen den St. Joseph's FC aus dem mehrheitlich katholischen Gibraltar und im Hinspiel in Warschau und fielen die Rangers-Fans mit konfessionell-fanatischen Gesängen auf.

"Holy Goalie" Boruc

In Polen, wo knapp 90 Prozent der Einwohner katholisch sind, sollen die Schotten im Hinspiel unter anderem Gesänge gegen den Papst angestimmt haben. Der europäische Fußballverband UEFA sah darin rassistisches Verhalten und rügte den 54-maligen schottischen Meister, weswegen 3.000 Plätze nicht in den Verkauf kamen. Der Klub kündigte außerdem an, für das nächste Auswärtsspiel im Wettbewerb keine Tickets zu beantragen und startete eine Diversitätskampagne. Laut britischen Medienberichten stand bei weiteren Verstößen eine komplette Stadionsperre im Raum.

Nicht nur mit der Choreographie wollten die Ultras des ehemaligen Militärklub die Schotten provozieren und sie zu religiösen Gesängen aufstacheln. Unter ihnen befand sich Premier-League-Keeper Artur Boruc, der selbst Gesänge in der Kurve anstimmte und in Glasgow nicht nur Freunde hat.

Der Bedeutung der konfessionellen Rivalität in der Stadt sich Boruc bewusst. Von 2005 bis 2010 hütete der 39-Jährige das Tor von Celtic und wurde drei Mal Meister und zwei Mal Pokalsieger. Vor seinem Wechsel auf die britische Insel hütete er das Tor des polnischen Hauptstadtklubs.

Die Fans der Grün-Weißen verpassten Boruc, mittlerweile bei Bournemouth aktiv, den Spitznamen "Holy Goalie", weil er bei Derbys vor den Anhängern der Rängers seine Zugehörigkeit zum Katholizismus demonstrierte. Aktionen wie ein Shirt mit dem Konterfei von Johannes Paul II. und dem Spruch "Gott schütze den Papst" und eine Bekreuzigung vor dem Anhang der Rangers machten den 65-maligen Teamspieler zumindest in grün geprägten Stadtteilen zum Publikumsliebling. Auch als Artur-BorucSprechchöre im Ibrox erhallten, folgten laute Pfeifkonzerte.

 

Todesdrohungen

Boruc beschränkte sich in seinen fünf Jahren in der drittgrößten Stadt des Vereinigten Königreichs nicht nur auf religiöse Seitenhiebe. Im Ibrox drehte er nach dem Gewinn der Meisterschaft mit einer Celtic-Flagge eine Ehrenrunde, auf seinen Bauch tätowierte er sich einen Affen, dessen Hinterteil vom Bauchnabel symbolisiert wird. Daneben steht die Aufschrift "Rangers". Gegenspieler David Weir würgte er auf dem Feld, Barry Ferguson und anderen Rangers-Akteuren verweigerte er nach Streitigkeiten den Handshake. Boruc rechtfertigte sich, dass er nicht dazu verpflichtet gewesen sei, außerdem Menschen die Hand nicht schüttelt, die er nicht leiden kann. Sein Verhalten hatte zur Folge, dass sein Haus 2009 mit Ziegelsteinen beworfen wurde. 

Dem Internetportal legia.net sagte er nach diesem Vorfall: "Früher war ich eher ein Leichtfuß und kümmerte mich nicht sonderlich darum, was um mich herum passierte. Dann begriff ich, es ist zu viel geworden. Ich hielt mich dann mehr zurück." Zwei Monate nach der Attacke auf sein Haus gastierte Boruc mit der polnischen Nationalmannschaft in Nordirland. Im protestantischen Belfast, das traditionell mit den Rangers sympathisiert, wurden Todesdrohungen an Häusermauern gesprüht: "Ruhe in Frieden, Boruc". Knapp 15.000 Fans sorgten im Windsor Park für eine heiße Atmosphäre. Als Boruc bei einem harmlosen Rückpass über den Ball trat und dieser zum zwischenzeitlichen 3:1 ins Tor rollte, kannte die Freude auf den Rängen kein Halten mehr. 

 

Nicht nur über den 3:2-Erfolg herrschte an diesem Tag große Freude in der nordirischen Hauptstadt, sondern vor allem den Fehler des verhassten Tormannes. Ähnlich war die Stimmung gestern auf den Rängen in Glasgow. In der ersten Minute der Nachspielzeit beendete Alfredo Morelos die Gruppenphasen-Träume der Warschauer, als er zum 1:0-Siegtreffer einnetzte. Boruc hat sich bisher nicht zu seinem Besuch oder der Niederlage Legias geäußert. 

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