Peter Pacult: "Ich lasse nicht mehr wie bei Rapid trainieren"
Mit 63 Jahren erlebt Pacult als Coach von Klagenfurt einen zweiten Trainer-Frühling. Das Wiener Original über eherne Weisheiten und die eigene Weiterentwicklung.
02.04.23, 05:00
Peter Pacult führte Klagenfurt wie 2022 in die Meistergruppe. Beim Auftakt gegen Salzburg ist der 63-Jährige nach 27 Jahren als Trainer erstmals gesperrt. Das Wiener Original im Gespräch über hartes Training, Happel und Rangnick.
KURIER: Ist es für einen Trainer noch mehr wert, mit Klagenfurt zwei Mal in Folge in die Meistergruppe zu kommen als mit Rapid Meister zu werden?
Peter Pacult: Nein. Wir sind 2008 gegen eine übermächtige Red-Bull-Filiale Meister geworden. Natürlich war der Rapid-Kader sehr gut. Aber entscheidend war, wie wir Ausfälle kompensieren konnten. Ich erinnere nur an das 7:0 in Salzburg: Damals sind Boskovic und Katzer ausgefallen. Da sehe ich Parallelen zu Klagenfurt.
Warum?
Weil wie 2022 wieder in entscheidenden Spielen wichtige Spieler ausgefallen sind. Mir ist es da wie dort gelungen, jene Spieler so bei Laune zu halten, dass sie dann, wenn wir sie gebraucht haben, voll da waren. Auch wenn sie sich über mich und meine Aufstellungen geärgert haben. Vielleicht ist das ein Geheimnis von mir.
Mussten Sie noch bessere Arbeit abliefern, um nach den vielen Abgängen im Sommer wieder gleich viele Punkte wie vor einem Jahr zu holen?
Ich will meine Leistung nicht in den Mittelpunkt stellen, weil: Entscheidend sind immer die Spieler. Sie haben sich trotz der schwierigen Umstände – und vieler Schiedsrichter-Entscheidungen gegen uns – wieder zu einer Truppe entwickelt, die zusammenhält.
Wenn man sich unter Spielern umhört, kommen ähnliche Aussagen: Ein harter Trainer, der viel verlangt, aber immer geradeaus ist und in klaren Worten vorgibt, was Sache ist. Fühlen Sie sich gut getroffen?
Ich weiß es nicht, weil ich mich selbst ja nicht erlebe. Ich schreie jedenfalls nicht viel in der Kabine und folge einem Satz: So wie du trainierst, so spielst du auch. Es geht um Disziplin. Vielleicht wurde das auch Nagelsmann bei den Bayern zum Verhängnis: Sané kommt fünf Mal zu spät zum Training – und er toleriert das. Die Geldstrafe dafür ist nett für die Mannschaftskassa, aber das hat einer wie Sané doch mit der nächsten Punkteprämie mal 100 wieder herinnen.
Auffällig ist, dass mehrere Stürmer ihre besten Jahre mit Ihnen hatten: Pink, früher Hoffer oder Maierhofer. Verstehen Sie als ehemaliger Goalgetter Stürmer besser?
Es gibt noch Guri bei Kukesi und Vujacic bei Podgorica. Die haben mit mir getroffen wie noch nie – obwohl ich nie ein spezielles Stürmer-Training gemacht habe. Vielleicht liegt es daran, dass ich einem Goalgetter auch vertraue, wenn er ein paar Wochen nicht trifft.
Sie sind bekannt für Ihre harten Vorbereitungen und nehmen dafür auch müde Auftritte zum Saisonstart in Kauf ...
... nein, nein – das ist Vergangenheit. Natürlich schau ich drauf, dass wir körperlich gut beieinander sind, aber ich lasse nicht mehr so trainieren wie bei Rapid. Diese Spieler würden mich heute nicht mehr wieder erkennen. Heuer sind wir schlecht gestartet, weil wir in der Vorbereitung kaum auf Rasen trainieren konnten.
Sie sind erstmals in 27 Jahren gesperrt. Wie legen Sie es an?
Ich weiß bis heute nicht den Grund für meine zweite Gelbe Karte – das war populistisch. Ich habe vollstes Vertrauen in meinen Co-Trainer Martin Lassnig. Als Werner Lorant bei 1860 einmal gesperrt war, bin ich eingesprungen und wir haben die übermächtigen Bayern im Derby 1:0 geschlagen. Wenn das Martin gegen Salzburg auch so gelingt, wäre das eine schöne Geschichte.
Mit Manfred Schmid und Miroslav Klose mussten zuletzt zwei Trainer gehen, die Sie schätzen. Sie haben speziell am Balkan erlebt, wie schnell das Aus kommen kann. Fürchten Sie in der Bundesliga auch so eine Entwicklung?
Man muss einfach damit umgehen. Mich hat keiner zu Engagements am Balkan gezwungen – ich wusste, was passieren kann. Nur die zehn Tage in Slowenien bei Zavrc hätte ich mir sparen können. Der Präsident wollte, dass ich nur „seine“ Spieler aufstelle. Da hab’ ich ihm gesagt, dass es besser ist, wenn er sich als Trainer selbst hinsetzt. Klagenfurt-Sportchef Matthias Imhof hatte dann den Mut, mich zu holen.
Das Pensionsalter in Österreich beträgt 65 Jahre. Sie klingen nicht nach einem Pensionsantritt in zwei Jahren ...
Solange die Leistung stimmt und es Spaß macht, soll ein Trainer aktiv sein. Hodgson wurde mit 75 von Crystal Palace geholt. Aber: Ernst Happel hat gesagt, dass er nicht auf der Bank sterben wird. Und jeder weiß, wie es ausgegangen ist ...
Hat Happel den Spielern beim FC Tirol jemals von seiner Krebserkrankung erzählt?
Nein, kein Wort. Wir haben uns beim Start in Innsbruck noch gewundert. Warum ist er viel dünner als beim HSV? Beim zweiten Trainingslager auf Madeira wussten wir dann, was los ist. Er konnte nicht mitfliegen und ist krank im Spital gelegen. Umso schöner, dass er sich seinen Traum vom ÖFB-Teamchef noch erfüllen konnte.
Der neue ÖFB-Teamchef hat Sie bei Leipzig zu seinem Amtsantritt als Sportchef von Red Bull gefeuert, ohne Sie persönlich zu kontaktieren. Haben Sie Ralf Rangnick verziehen?
Ich habe es nicht vergessen. Aber warum soll ich jammern wegen einer Sache, die vor elf Jahren passiert ist? Ich gehe davon aus, dass Ralf das heute bedauert, weil es sich gehört hätte, dass er mit mir spricht. Aber das ist kein Thema mehr.
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