ÖFB-Boss Josef Pröll: „Emotional war es gewaltig“
Das Jahr 2026 bringt dem Fußballfan mit der WM in den USA, Kanada und Mexiko ein absolutes Highlight – mit Österreich als Teilnehmer. Josef Pröll, Aufsichtsratsvorsitzender des ÖFB, zieht eine positive Zwischenbilanz seiner Amtszeit, erklärt seine Mitarbeiterführung und warum er sich im sportlichen Bereich nicht einmischt.
KURIER: Wie groß ist bei Ihnen die Vorfreude auf die WM?
Josef Pröll: Die gab es schon während der Quali, hatte einen Höhepunkt mit dem Match gegen Bosnien-Herzegowina, und seit der Auslosung steigt die Vorfreude weiter, weil wir die Gegner und die Orte kennen, in denen wir spielen.
Viele meinen, die Österreich-Gruppe ist spannend. Welche Adjektive würden Sie hinzufügen?
Den regierenden Weltmeister mit Argentinien in der Gruppe zu haben, ist ein besonderes Element, Jordanien und Algerien sind eher unbeschriebene Blätter für uns. Ich würde sagen, das ist eine starke, konsolidierte Gruppe. Wir müssen uns auf unsere Vorbereitung konzentrieren. Ich bin überzeugt, dass wir reüssieren können.
Apropos reüssieren. An Rechnereien fehlt es wahrlich nicht. Welche Erwartungen haben Sie?
Ich bin knapp sieben Monate Aufsichtsratschef des ÖFB, eines ziehe ich immer durch: Wir müssen die besten Rahmenbedingungen schaffen. Zu meiner Verantwortung gehört es nicht, sportliche Ziele zu definieren.
Wann wäre die WM eine gute WM?
Ich hole jetzt in Kürze den WM-Pokal, der bei uns am 7. Jänner am Campus ausgestellt wird. Natürlich will man so weit wie möglich kommen. Wir gehen ambitioniert in die Gruppe und wollen ins Sechzehntelfinale.
Wie weit sind Sie eingebunden in die WM-Vorbereitungen?
Es ist kein Geheimnis, dass Teamchef Rangnick und ich uns regelmäßig austauschen. Ich rechne ihm hoch an, dass er gleich nach der Auslosung eine Woche mit seinem Team unterwegs war, um das Teamquartier auszuloten. Wichtig ist ein gutes Quartier, verbunden mit den bestmöglichen Trainingsbedingungen. Mitte Jänner sehen wir, ob der Plan auch aufgeht.
2024 war die EM in Deutschland, die WM 2026 ist das Kontrastprogramm. Auch bezüglich der Kosten?
Ja, die Logistik allein für das Team ist unvergleichlich höher.
Ist es das teuerste Projekt des ÖFB in der Geschichte?
Man kann sagen, dass es von den Bewerben und Turnieren das teuerste Projekt werden muss. Mit den Distanzen und den horrenden Kosten vor Ort. Was soll’s, wir sind dabei. Ein wenig negativ überraschend ist, dass die Beiträge der FIFA ungefähr gleich hoch sind wie jene der UEFA bei der letzten EM. Es wird insgesamt ökonomisch eine Herausforderung für den ÖFB.
Wird die WM womöglich finanziell ein Verlustgeschäft?
Nein, davon gehen wir nicht aus.
Für die Fans wird die WM ein teurer Sommerspaß. Mit vielen Fans rechnet der ÖFB?
Was sich für den ÖFB abzeichnet, gilt leider auch für die Fans. Wir sind positiv davon angetan, dass es großes Interesse für die Karten gibt. Schauen wir, wie viele Fans dann die Tickets wirklich aufgreifen. Was wir von der FIFA hören, ist, dass die Amerikaner und Amerikanerinnen ebenfalls hohes Interesse zeigen.
Sie sind sieben Monate im Amt. War das ein Traumstart mit der WM-Auslosung und dem WM-Finale der U17?
Da möchte ich auf die Bremse steigen, das war ja nicht mein Traumstart. Das haben andere erledigt, wie Ralf Rangnick mit seinem Team, oder dann Hermann Stadler und seine Burschen. Wir sind sehr stolz. Emotional war es natürlich gewaltig. Von den Rahmenbedingungen, die mir serviert wurden, war es ein erfolgreiches erstes Halbjahr. Mir ist es wichtig, dass ich mit den Kollegen in den Bundesländern und der Bundesliga an einem Strang ziehe. Da geht jetzt etwas weiter.
Zeigt der Erfolg der U17, dass die Nachwuchsarbeit beim ÖFB funktioniert?
Es ist sicher ein Beispiel, dass es in vielen Bereichen gut funktioniert im Nachwuchs. Diese WM-Teilnahme und der Erfolg werden viel an der Basis bringen. Aus dieser Breite die Elite hervor zu bringen, das wird die Aufgabe sein. Das Jahr 2026 wird wichtig sein mit der Strategiedebatte im ÖFB – und gemeinsam mit der Bundesliga. Wir müssen laufend junge Burschen und Mädchen in die heimische Liga und dann in die Top-Ligen bringen.
In diesem Punkt gab es zuletzt viel Kritik. Die Top-Klubs setzen zu wenig auf junge Österreicher. Wie weit können Sie das beeinflussen?
Der Wunsch ist vorhanden. Bei der U17-WM war es ein Thema, dass unsere Jungs als Zweitliga-Spieler immer wieder gegen erwachsene Kicker spielen. Das wäre ersichtlich gewesen.
Welche Baustellen bei Ihrem Amtsantritt sind jetzt geschlossen?
Ich glaube, dass wir im Aufsichtsrat trotz der Akzeptanz abweichender Meinungen am Ende zu einem Entschluss kommen. Es ist gelungen, mit einer Sprache nach außen hin zu sprechen. Und mit dem Umzug in den Campus ist ein Ruck durch alle Mitarbeiter gegangen. Dennoch müssen wir uns weiter bewegen, digitaler und moderner werden. Mit dem Campus ist einmal die Grundlage geschaffen.
Dort sind die zwei Büros von Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold fast nebeneinander. Zwischen beiden herrschte bekanntlich nicht das beste Einvernehmen. Sind Sie ein Mediator zwischen ihnen?
Es gibt Führungskräfte bei uns, die ihre Aufgaben erledigen müssen. Ich gebe jedem seine Chance. Natürlich habe ich die Zurufe aus der Vergangenheit gehört, viel eher beurteile ich das, was ich in der Gegenwart sehe. Sie müssen nicht die besten Freunde sein und regelmäßig auf ein Bier gehen. Das ist auch nicht so wichtig. Sie müssen fähig sein, in heiklen Situationen einen Konsens zu finden. Natürlich stehen wir alle immer auf dem Prüfstand.
Braucht es in dieser Causa noch eine Personalentscheidung?
Ich sehe derzeit keinen Grund etwas zu ändern. Ich messe Führungskräfte an ihrer Arbeit. Und die ist in Ordnung.
Personalentscheidungen vor der WM können Unruhe bringen. Beispiel Ralf Rangnick – wäre eine Entscheidung vor der WM sinnvoll?
Ich habe mit ihm am Rande der Auslosung ein ausführliches Gespräch geführt über eine mögliche Vertragsverlängerung. Es geht ihm um viel mehr als nur um seine Position, auch um die Breite und Bewegung. Wir werden es zu gegebenem Zeitpunkt ansprechen.
Aber vieles ist mit seiner Position verbunden.
Absolut. Beide Seite müssen irgendwann auf einen grünen Zweig kommen. Dabei können wir uns auf unser Gesprächsklima verlassen. Das spielen wir aber nicht über die Bande der Öffentlichkeit.
Wird es in Ihrer Ära noch ein Nationalstadion geben?
Der ÖFB kann bei so einem großen Projekt nur der Initiator und Ideengeber sein. Ohne private Geldgeber wird ein Stadion nicht realisierbar sein. Vor allem in der aktuell angespannten politischen Situation. Wir werden aber bei dem Thema auch in Zukunft sicher nicht locker lassen.
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