Mattersburg-Fan zu Bankenskandal: "Rechne mit dem Schlimmsten"

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"Mit dem hat niemand rechnen können", sagt Mattersburg-Trainer Ponweiser. Der Verein sucht nach neuen Geldquellen.

Als am Dienstag nach Bekanntwerden des Bankenskandals die ersten Schockwellen über Mattersburg hinwegbrausten, schloss sich beim dortigen Fußball-Erstligisten flott die Wagenburg. Heraus trat bis jetzt nur Franz Ponweiser. "Der aktuelle Vorstand versucht derzeit, den Sponsor-Entfall zu kompensieren. An dem wird mit Hochdruck gearbeitet", sagte der Coach am Freitag zur APA - Austria Presse Agentur.

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Franz Ponweiser.

Ponweiser wollte in diesen Tagen eigentlich seine Vertragsverlängerung als Trainer bekanntgeben. Durch die jüngsten Entwicklungen um den Rücktritt des Klub-Präsidenten Martin Pucher, der als mittlerweile zurückgetretener Chef der Mattersburger Commerzialbank der Mittelpunkt des jüngsten Bankenskandals ist, kam alles anders. Der SVM steht seitdem nicht nur ohne seinen jahrzehntelangen Klub-Regenten, sondern auch ohne den Großsponsor Commerzialbank da. Deren Bilanzen sind mutmaßlich jahrelang falsch geführt worden.

Die übrigen Vorstandsmitglieder des Klubs versuchen nun offenbar, das üppige Loch im Budget zu füllen. "Jeder versucht, seine Kontakte spielen zu lassen", sagte Ponweiser. Er wisse nicht, wie beträchtlich der Verlust sei, meinte Ponweiser weiter. Viele Kleinsponsoren sind allerdings selbst wirtschaftlich eng mit der Bank verbunden und auch die Klubkonten werden bei der behördlich geschlossenen Commerzialbank Mattersburg vermutet. Beim SVM stellt sich zunehmend die Liquiditätsfrage.

Das große Abwarten

Die Unsicherheit sei auch unter den Kaderspielern groß, berichtete Trainer Ponweiser. "Die Spieler sind natürlich beunruhigt, wie es weitergeht. Das ist verständlich, es geht um ihren Arbeitsplatz. Nur: Mit dem hat niemand rechnen können."

Ponweiser rate den Spielern, was er derzeit auch Medien kundtut: "Abwarten, bis wir wissen, wie es tatsächlich weitergeht." Dass die Kaderplanung derzeit auf Eis liegt, beunruhigt Ponweiser, der auch Sportlicher Leiter beim Klub ist, derzeit - noch - weniger. "Wir haben genug Spieler unter Vertrag, wir haben eine konkurrenzfähige Mannschaft. Aber natürlich müssen wir das Budget kennen." Im besten Fall droht für die kommende Saison eine erneute, saftige Kürzung. "Wir waren schon auf der Sparwelle, die wurde uns vom Präsidenten ohnehin vorgegeben. Jetzt müssen wir schauen, ob wir mit der nächsten Sparwelle durchkommen oder nicht."

Thomas Prunner (ORF) zur Commerzialbank Mattersburg

Bis zum kommenden Freitag müssen die Burgenländer ihre finanzielle Situation an den Senat 5 der Bundesliga melden. Im Idealfall soll dann feststehen, wer Puchers Nachfolger wird. Richard Woschitz, ein in der Baubranche tätiger Unternehmer und derzeit Vizepräsident des SVM, wird das am ehesten zugetraut. Die Vorstandsmitglieder gaben auch nach einer Sitzung am Donnerstagabend bis Freitagnachmittag keine offizielle Stellungnahme ab.

Absturz wird befürchtet

Ob die derzeitige Lage akut existenzbedrohend sei, wollte Trainer Ponweiser nicht beurteilen. Langjährige Fans fürchten indes den Absturz des Vereins in die Unterklassigkeit, wie etwa Markus Theiler: "Ich rechne aktuell mit dem Schlimmsten, hoffe aber natürlich auf das Beste. Der Wegfall der Commerzialbank dürfte dem Verein extrem wehtun aus budgetärer Sicht", meinte Theiler, ein Mattersburg-Fan seit über 20 Jahren.

Er hoffte, dass sein Klub noch einmal mit einem blauen Auge davonkommt. "Falls man doch noch weitermachen kann, wünsche ich mir, dass der Verein die Chance ergreift und im 21. Jahrhundert ankommt. Andere Vereine machen es vor, dass man auch mit kleineren Sponsoren überleben kann."

Durch das Aussetzen der finanziellen Kriterien im Lizenzierungsverfahren wegen der Coronakrise würde Mattersburg im Falle eines Sanierungsverfahrens kein Zwangsabstieg drohen, sondern ein Sechs-Punkte-Abzug für die kommende Saison sowie eine Personalkostenbremse. Bei einem Konkurs oder freiwilligen Lizenz-Verzicht würde für Mattersburg der Zwangsabstieg folgen und der sportliche Absteiger WSG Tirol bliebe in der Bundesliga.

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