ÖFB-Star Marko Arnautovic: Ein Trickser wird zum Nationalhelden
Als er 19 war, gaben seine Eltern für ihn die Jobs auf. Nun ist er Österreichs Rekordteamspieler. Der Weg dorthin war steinig. „Wir sind sehr stolz“, sagt die Mutter. Taugt Arnautovic zum Vorbild?
Für Marko Arnautovic ist klar: Er wird am Sonntag spielen und zu Österreichs alleinigem Rekord-Nationalspieler aufsteigen. „Im Fußball hat man immer kleine Wehwehchen, aber kleine Wehwehchen können mich nicht stoppen“, sagte der 33-Jährige nach dem 0:2 in Paris, nachdem Teamchef Ralf Rangnick zuvor noch davon gesprochen hatte, dass der Stürmer für das Spiel gegen Kroatien in Wien (20.45 Uhr/live ORF 1) fraglich sein würde.
Marko Arnautovic will aber zum 104. Mal für Österreich spielen. „Wir sind natürlich sehr stolz auf ihn, aber wir wären es auch ohne diesen Rekord“, betont Gabriela Arnautovic, wenn sie über ihren jüngeren Sohn spricht. „Schön, dass wir ihn all die Jahre begleiten durften“, sagt die Mutter zum KURIER.
Begleitet hat die Familie Arnautovic ihr jüngstes Mitglied fünf Jahre lang auch im örtlichen Sinne. Bruder Danijel erinnert sich: „2008, als Marko schon zwei Jahre lang bei Twente Enschede in den Niederlanden im Internat war und einen Profivertrag unterschrieben hat, wollte er, dass wir zu ihm ziehen.“ Eine schwierige Entscheidung. „Unser Vater hat damals bei der Firma Porr gearbeitet. Die Mama war Zahnarzt-Assistentin im AKH.“
Allerdings: Plötzlich sah es danach aus, als würde der junge Fußballer vor einem Durchbruch stehen. Und die Familie setzte vieles, vielleicht sogar alles, auf eine Karte, um ihn vor Ort zu unterstützen. Die Eltern gaben ihre Jobs auf und zogen in die Niederlande.
Was Marko heute tun würde, wäre er nicht Fußballer geworden? Eine Frage, die selbst Vater Tomislav nicht so richtig beantworten kann. „Er wollte eigentlich immer nur Fußballer werden. Gott sei Dank hat er sich diesen Traum erfüllt.“
Tatsächlich, die Rechnung ging auf. Außer Fußball habe ihn nicht wirklich irgendetwas interessiert, ergänzt die Mutter. „Selbst im Urlaub mussten wir immer sofort einen Ball kaufen.“ Welche Eigenschaften ihres Sohnes sie besonders schätzt? „Er ist ein absoluter Familienmensch und sehr emotional, auch wenn man es nicht vermuten würde, aber er ist auch sehr direkt und ein Gerechtigkeitsfanatiker. Er kann es nicht leiden, wenn man ihm oder anderen unrecht tut.“
Von Enschede über Mailand und Bremen war die Familie bis 2013 an der Seite von Marko, ehe es zurück nach Wien ging und Arnautovic mit seiner Frau Sarah und der damals einjährigen Tochter Emilia nach Stoke weiterzog, um die Premier League unsicher zu machen. Über London (West Ham) und Schanghai ging es schließlich nach Bologna, wo Arnautovic heute mit sechs Toren aus sieben Partien die Torschützenliste anführt.
Als Sohn eines Serben und einer Österreicherin spiegelt Arnautovic die Realität des Einwanderungslands Österreich wider"
von Judith Kohlenberger
Migrationsforscherin
Parallel dazu ist Arnautovic auch unter seinem sechsten Teamchef nicht wegzudenken aus dem Nationalteam. Der Aufstieg des Einwandererkindes zum Fußballhelden der Nation überrascht Migrationsforscherin Judith Kohlenberger nicht. „Als Sohn eines Serben und einer Österreicherin spiegelt Arnautovic die Realität des Einwanderungslands Österreich wider. Sein Name mag nicht typisch österreichisch sein, doch er geht jedem Fan leicht von den Lippen.“
Rekord als Signal
Allerdings, so Kohlenberger, stelle sich bei Spitzensportlern immer auch die Frage, ob diese tatsächlich integriert, anerkannt und zugehörig seien, oder nur funktional aufgrund ihrer Leistungen. „Denn sobald sie die gewohnte Leistung nicht mehr bringen, gehören sie vielleicht nicht mehr zu ‚uns‘.“
Ob im Spitzensport oder in der Privatwirtschaft, noch immer entscheide laut Kohlenberger oft der Erfolg über den Grad der Integration, den man einer Person zugesteht. „In jedem Fall ist jedoch der Rekord von Arnautovic ein Signal nach innen wie nach außen für die Diversität und Vielfalt Österreichs.“
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