Solche Spuren gibt es auf dem Staubfußballfeld beim Youth Center von Jamestown. In diesem Viertel ist Ghanas Hauptstadt Accra eng und alt, das Leben findet auf der Straße statt. Für die Kinder gibt es Sportklubs, sie sollen gar nicht erst auf dumme Ideen kommen. Ein Boxverein hier, ein Staubplatz da, auf den zwei ganze Fußballfelder passen würden. Lässt man den Namen Asamoah Gyan fallen, johlen Hunderte Kinder und Jugendliche.
Ein Mann beruhigt sie und stellt sich vor: Sein Name sei Nimama, er bietet hier in Jamestown Walking Tours an und berichtet stolz: „Gyan hat hier gespielt. Es gab eine lokale Liga kleiner Bezirksteams, seines war dabei. Als er berühmt wurde, kam er noch immer, wie andere Stars – immer donnerstags, wir nannten sie die Donnerstag-Stars.“ Und sie spielten mit den Kindern im Staub.
Gyan wurde jung zum Star: Drei Tage vor seinem 18. Geburtstag debütierte er in Ghanas stolzem Nationalteam. Seinen Namen quittieren die Menschen in Jamestown mit den Worten fantastisch, gesegnet, schnell wie kein anderer, bester Dribbler ... aber auf die Frage, ob er in Katar spielen soll, hört man oft nur ehrerbietendes Schweigen.
Auch auf dem Unabhängigkeitsplatz neben dem großen Triumphbogen, auf dem „Freedom and Justice“ steht und der schwarze Stern Ghanas prangt, fachsimpelt man über die Black Stars. Tourguide Isaac sagt, was viele sagen: „Gyan war zu Recht einer der verehrtesten Spieler, aber jede Zeit hatte ihren Star, man kann die nicht vergleichen. Und jetzt soll er seine jüngeren Brüder spielen lassen.“ Brüder im Sinne von Mitstreiter.
Ein Souvenirverkäufer mit zwei Strohhüten auf dem Kopf und fünfzig Holzperlenbändern am Arm hört das und wird laut, wie in Ghana üblich aber mit Lachen auf den Lippen: „Asamoah ist nicht nur der beste Spieler Ghanas, sonders Afrikas. Er sollte sehr wohl spielen. Er ist noch immer schnell.“ In die Diskussion steigt noch der Wächter am Unabhängigkeitsmonument ein, ein Sonnenbrillenträger, der sich selbst „Black Lion“ nennt und Gyan auch für zu alt hält. „Er sollte lieber die Jungen anweisen, wie es geht.“
Diesen Satz hört man fast immer, vom Strandbudenbesitzer Jamahl im Bob-Marley-Look an der Surferküste bis zum Sozialarbeiter Kofi im Dorf an Ghanas höchstem Berg: super Typ, toller Kicker, soll mitfahren und unterstützen, aber bitte eher nicht mehr spielen. Manche fügen noch hinzu, wie viel Gyan auch jetzt noch tut, er investiert Geld in Ghana, von Boxevents bis Musik, und zuletzt überlegte er sogar, eine kleine Fluglinie aufzumachen. War Held, ist Held, bleibt Held.
Nur einer sieht das alles anders: Der Voodoopriester in einem Küstendorf nahe der Mündung des Voltaflusses ist sich sicher: „Gyan ist der Allerbeste aller Zeiten. Natürlich soll er spielen.“ Ghana sei nämlich bereit für die ganz große Überraschung. Und die Tore wird alle Gyan schießen. Sagt der Voodoopriester.
Neue Generation
Doch Asamoah Gyan spielt in Katar nicht. Die Stafette ist längst an eine neue Generation weitergegeben worden. Etwa an Arsenal-Star Thomas Partey, Iñaki Williams von Athletic Bilbao oder den 22-jährigen Youngster Mohammed Kudus von Ajax Amsterdam, der bereits mit zwei Toren und einer Vorlage von sich reden gemacht hat.
Ghana, glaube er, habe Suárez nicht vergeben, sagt Kapitän André Ayew – der Einzige, der vom 2010er-Team heuer noch dabei ist. Jeder wisse, wie es sich damals angefühlt hat. Doch das Team sei mental mittlerweile weiter und suche keine Revanche: „Wir wollen einfach aufsteigen.“
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