Ruttensteiner sieht ÖFB-Team als klaren Favoriten

ABSCHLUSS-TRAINING DES ISRAEL-TEAMS IN HAIFA: RUTTENSTEINER
"Wenn wir in Österreich überraschen können, ist in der Quali noch etwas möglich", sagt Israels Sportdirektor.

Rund zwei Jahre nach der Trennung vom ÖFB kehrt Willi Ruttensteiner als Gegner der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft ins Wiener Happel-Stadion zurück. Gedanken an die Vergangenheit verschwendet Israels Sportdirektor vor dem EM-Qualifikationsspiel am Donnerstag nicht mehr - der 56-Jährige sieht das Duell mit Österreich aus rein professioneller Sicht.

Ruttensteiner ist sich der Rollenverteilung bewusst, auch wenn ÖFB-Teamchef Franco Foda Personalprobleme hat. "Uns erwartet auf jeden Fall ein irrsinnig starker Gegner. Sollte Alaba fehlen, wäre das ein schwerer Ausfall, weil er für mich ein absoluter Weltklassespieler ist. Andererseits haben die Österreicher das Potenzial, Ausfälle zu verkraften, weil sie viele Spieler im Ausland haben."

Dennoch spekuliert Ruttensteiner mit einer Sensation wie beim 4:2-Sieg der Israelis im vergangenen März in Haifa. "Österreich ist ganz klar Favorit, doch wir haben gegen jeden Gegner außer vielleicht Polen auswärts (Anm.: 0:4-Niederlage) sehr gut gespielt, das werden wir auch in Wien versuchen. Wenn wir in Österreich überraschen können, ist in der Quali noch etwas möglich. Wenn wir verlieren, haben wir glaube ich keine Chance mehr", sagte der Oberösterreicher der APA.

Slowenien-Niederlage liegt immer noch im Magen

Israel fehlen als Nummer 86 der FIFA-Weltrangliste - Österreich ist 27. - in der Tabelle der Gruppe G vier Runden vor Schluss drei Zähler auf Rang zwei. Die Ausgangssituation im Kampf um eines der beiden Fix-EM-Tickets verschlechterte sich zuletzt im September, weil man daheim gegen Nordmazedonien nur ein 1:1 erreichte und anschließend in Slowenien 2:3 verlor. "Das war sehr schmerzhaft. Die Mannschaft hat in der Vorbereitung gut gearbeitet und in Phasen sehr gut gespielt, aber am Ende ist nur ein Punkt geblieben", meinte Ruttensteiner.

Vor allem die Niederlage in Ljubljana durch ein vermeidbares Gegentor im Finish liegt dem Ex-ÖFB-Sportchef noch im Magen. "Das hat mit Qualität zu tun. Man muss in kritischen Situationen ruhig bleiben und ein Match zu Ende spielen. Da passiert uns eben der eine oder andere Fehler, und das kann auf diesem Niveau blitzschnell bestraft werden."

Folgenschwere Unkonzentriertheiten könnten auch damit zusammenhängen, dass einigen israelischen Internationalen wie etwa Ex-Salzburg-Goalgetter Munas Dabbur auf Klub-Ebene die Spielpraxis fehlt. "Vor allem im Sommer sind viele in die Situation gekommen, dass sie bei ihren Vereinen wenig spielen. Mittlerweile hat sich das zwar ein bisschen verbessert, doch letztlich haben wir nicht die Auswahlmöglichkeit, dass man einfach einen anderen Spieler nimmt, wenn jemandem die Spielpraxis fehlt", erklärte Ruttensteiner.

Ehrlichkeit hat Herzog nicht geschadet

Eine Ausnahme ist in dieser Hinsicht Shon Weissman - der Stürmer hält beim WAC in dieser Saison bereits bei 17 Pflichtspiel-Treffern. "Er wird bei seinem Verein sehr gut betreut, man interessiert sich für seine Kultur und hilft ihm. Dadurch gibt er sehr viel zurück", sagte Ruttensteiner über den 23-jährigen Stürmer.

Weissman gab sein Nationalteam-Debüt beim 2:3 gegen Slowenien, also ausgerechnet in jener Partie, die Israels Teamchef Andreas Herzog zu einem emotionalen TV-Interview veranlasste. Dass der Wiener seinem Ärger öffentlich Luft machte, kam laut Ruttensteiner in Israel gut an. "Es war ein großes Thema und ist sehr positiv aufgenommen worden, weil er authentisch war. Er war eben in dieser Situation enttäuscht, doch die Leute haben seine Ehrlichkeit gespürt. Das hat ihm nicht geschadet, ganz im Gegenteil."

Offene Zukunft

Auch wenn Herzog in seiner Wahlheimat hohes Ansehen genießt, so ist seine Zukunft dennoch offen. Der Vertrag des ÖFB-Rekordinternationalen würde im November auslaufen, sofern der EM-Startplatz verpasst wird. Eine zumindest kurzfristige Verlängerung gäbe es bei einer Teilnahme am Nations-League-Play-off oder an der EM 2020.

Ob es eine Zusammenarbeit über den Sommer hinaus geben könnte, soll nach dem anstehenden EM-Quali-Doppel geklärt werden. "Nach den Oktober-Spielen werden wir Gespräche führen", kündigte Ruttensteiner an.

Der seit Sommer 2018 als Sportchef amtierende Oberösterreicher hat in Israel noch einen Kontrakt bis 2022. "Wir haben einen Langzeitplan erarbeitet, machen meiner Meinung nach in den verschiedensten Bereichen sehr gute Schritte nach vorne und ich denke auch, dass der Verband mit mir zufrieden ist. Wenn man sich anschaut, wie das Nationalteam vor einem Jahr gespielt hat und wie jetzt - da hat sich einiges verändert." Neben der A-Auswahl beschäftigt sich Ruttensteiner auch mit Verbesserungen unter anderem bei der Trainerausbildung, im Breitensport und im Nachwuchsfußball.

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