Champions League: Liverpool ist titellos, aber nicht mittellos

Unter Trainer Jürgen Klopp wurden in 43 Monaten 412 Millionen Euro ausgegeben, aber nichts gewonnen.

Liverpool ist für Fußball-Nostalgiker wie Beatles-Fans etwas ganz Besonderes. Und dennoch: In England ist der Klub nicht everybody’s darling. Trainer Jürgen Klopp jammerte erst vor Kurzem: „Gegen uns strengen sich alle besonders an.“ Das war vor ein paar Wochen nach dem letzten Punktverlust in der Premier League, nach dem torlosen Remis gegen Everton Anfang März. Damals im Stadtderby griff der Stadion-DJ von Everton zur perfiden psychologischen Kriegsführung.

Er legte Liverpool eine auf, indem er in der Halbzeit drei Songs von Oasis auflegte, von der Band aus Manchester, deren Mitglieder bekennende Fans von City sind – dem großen Gegner von Liverpool im Kampf um die Meisterschaft. Am Sonntag um 16 Uhr empfängt Liverpool in der letzten Runde Wolverhampton, Manchester City spielt in Brighton.

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Mo Salah verletzte sich in Newcastle am Kopf.

Rivale Manchester United

Es ist auf dem europäischen Festland schwer vorstellbar, dass einem Liverpool unsympathisch sein könnte. Aber in England ticken die Fans anders. Da erzählt City-Verteidiger Kyle Walker, dass er in Manchester sogar von United-Fans angesprochen wird und gebeten, doch den Titel von Liverpool zu verhindern. 20 Prozent der befragten United-Anhänger sagten in einer Umfrage unlängst sogar, sie würden lieber den Abstieg des eigenen Teams ertragen, als Liverpool über die Meisterschaft jubeln zu sehen. Warum?

United ist mit 20 Titeln Rekordmeister vor Liverpool, das den 18. und letzten Titel 1990 geholt hat. Nicht einmal Manchester City ist in England unbeliebt. Auch wenn der Höhenflug mit Öl-Milliarden aus Abu Dhabi finanziert wird. Zumal ja auch Liverpool seit 2010 im Besitz der Fenway Sports Group (FSG) ist. US-Milliardär John W. Henry und der ehemalige TV-Produzent Tom Werner stehen an der Spitze des Unternehmens, das damals umgerechnet rund 400 Millionen Euro für den Klub bezahlt hat.

Liverpool war über Jahre der alles überstrahlende Verein in den 1980er-Jahren. Das hat auf dem Festland auf Nostalgiker abgefärbt. Aber auf der Insel gibt es seitdem eine unterschwellige Abneigung gegen den Traditionsklub.

Zudem sind die Reds kein armer Klub, kein David, der die Goliaths herausfordert. Allein vor dieser Saison gab Liverpool für Alisson Becker (62,5), Fabinho (45), Xherdan Shaqiri (14,7) und Naby Keita (60) stolze 182,2 Millionen Euro aus. Weltweit war im letzten Sommer nur Juventus spendabler.

Champions League: Liverpool ist titellos, aber nicht mittellos

Große Geste: Klopp gratulierte Barças Star Messi, dem Mann des Hinspiels.

„Kein Schlaraffenland“

Noch im Jahr 2016 hatte Jürgen Klopp angesichts des 105-Millionen-Euro-Deals von Paul Pogba gesagt: „Ich will das anders machen.“ Auf www.lfchistory.net werden Klopps Einkäufe zusammengerechnet. 412 Millionen Euro wurde unter dem Trainer ausgegeben, der Anfang Oktober 2015 seinen Dienst in Liverpool angetreten hat. Klopp rechtfertigte die Ausgaben mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Coutinho nach Barcelona. „Hätten wir das Geld liegen lassen sollen?“ Klopp könnte einem fast leid tun, wenn er sagt: „Doch wir leben hier nicht im Schlaraffenland. Wir sind ans Limit gegangen.“

205 Spiele ist er nun schon auf der Bank der Roten gesessen. Kritiker bemängeln, dass es in diesen 43 Monaten aber keinen Titel zu feiern gegeben hat. Keine Meisterschaft, kein internationaler Titel, kein FA-Cup, nicht einmal den kleinen Liga-Cup hat Klopp geholt.

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