Wer soll heute den Ballon d'Or bekommen? Fünf Sterne am Fußballhimmel

Der Ballon d'Or
Die Zeiten, in denen sich Lionel Messi und Cristiano Ronaldo zwei Weltstars Jahr für Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Trophäe des französischen Fußballmagazins France Football lieferten, sind vorbei. Die Frage, wer am Montag aus dem Pariser Théâtre du Châtelet den Goldenen Ball mit nach Hause nimmt, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Fragt man die künstliche Intelligenz, verweist sie mehrheitlich auf PSG- und Frankreich-Offensivallrounder Ousmane Dembélé.
Auch Barcelona- und Spanien-Supertalent Lamine Yamal steht hoch im Kurs. Auf der Shortlist finden sich außerdem Namen wie Vitinha, Erling Haaland, Florian Wirtz oder Mohamed Salah.
Es wählen 100 internationale Sportjournalisten die besten Spieler und Spielerinnen der vergangenen Saison. Bewertet werden die individuellen Leistungen, der Charakter, das Fairplay-Verhalten sowie Titelgewinne im Verein und in der Nationalmannschaft.
Die Trophäe ist nicht zu verwechseln mit der FIFA-Wahl zum Weltfußballer, bei der Journalisten, Trainer, Kapitäne und Fans über die Besten abstimmen.
Persönliche Auswahl
Die KURIER-Sportredaktion hat fünf Spieler ausgewählt und jeden mit einer persönlichen Laudatio bedacht. Die Auswahl war gar nicht so einfach. Wer ist Ihr Favorit?
Ousmane Dembélé, der Wandelbare.
Ousmane Dembélé galt einst als Wunderkind. Nach nur einem Jahr bei den Profis von Rennes schlug Dortmund zu und bezahlte für den Franzosen 35 Millionen. Ein gutes Geschäft, nur 14 Monate später kassierte der BVB für den Rechtsaußen mit dem unglaublichen Tempo 148 Millionen von Barcelona. Doch der Transfer beschädigte das öffentliche Bild vom damals 20-Jährigen, der sich knapp vor Transferende weggestreikt hatte.
Zum Image des Schwierigen kam bald des Verletzten. Dauernd fehlte der Dribbler den Katalanen – entweder der Oberschenkel oder das Knie machten Probleme. Deswegen musste Paris Saint-Germain 2023 „nur“ 50 Millionen Ablöse zahlen. Plötzlich wurde der Weltmeister fitter – und mannschaftsdienlich. Trainer Luis Enrique machte aus dem spektakulären Rechtsaußen einen Mittelstürmer, der Löcher reißt, cool abschließt oder vorlegt, wie mit den zwei Assists beim 5:0-Finaltriumph von PSG gegen Inter.
Ousmane Dembélé zeigt, dass Superstars auch mit 28 Jahren noch lernen oder sich gar neu erfinden können.
2024: Rodri (Manchester City)
2023: Messi (Paris SG)
2022: Karim Benzema (Real Madrid)
2021: Lionel Messi (Barca/Paris)
2020: nicht vergeben (Corona)
2019: Lionel Messi (Barcelona)
2018: Luka Modric (Real Madrid)
2017: Cristiano Ronaldo (Real Madrid)
2016: Cristiano Ronaldo (Real Madrid)
2015: Lionel Messi (Barcelona)
2014: Cristiano Ronaldo (Real Madrid)
Erling Haaland, die Tormaschine.
Es kann nur einen Grund geben, warum Erling Braut Haaland nicht zum besten Spieler gewählt werden könnte: Als Norweger kommt er sicher nicht aus einem Verband mit einer besonders starken Lobby.
Doch Haaland braucht auch gar keine Fürsprecher. Die 25-jährige Urgewalt im Angriff von Manchester City lässt Fakten für sich sprechen. Am Donnerstag erzielte er in seinem 49. Spiel in der Champions League sein 50. Tor. Die Marke erreichte er so schnell wie kein anderer vor ihm. Zuvor hatte Ruud van Nistelrooy 62 Spiele dafür gebraucht.
Vielleicht erinnern Sie sich an sein erstes Spiel in der Königsklasse? Ziemlich genau vor sechs Jahren erzielte der Teenager im ersten Gruppenspiel von Salzburg gegen Genk drei Treffer beim 6:2-Kantersieg gegen Genk.
Eine ähnliche Quote hat die Tormaschine auch im Norwegischen Nationalteam: 45 Spiele, 48 Treffer. Dass die Norweger in der Nations League in die A-Liga aufgestiegen sind und nicht Österreich, lag auch an den sieben Haaland-Treffern in den sechs Partien.
Lamine Yamal, das Jahrhunderttalent
Die Leistung einer ganzen Saison anhand eines Spiels zu analysieren, ist freilich nicht zulässig. Und doch beantwortet der Auftritt von Lamine Yamal im Champions-Legaue-Halbfinal-Hinspiel gegen Inter Mailand pars pro toto fast alle Fragen, warum er es sich verdienen würde, heuer zum Besten gekürt zu werden. Nicht nur, dass er sich mit einem Tor zum jüngsten Torschützen in einem CL-Semifinale machte. Nicht nur die Art und Weise, auf die er sich gegen fünf Gegenspieler durchsetzte und den Ball ansatzlos in die lange Ecke beförderte. Sondern auch die Statistik dazu: Der Teenager berührte den Ball im gegnerischen Strafraum in 90 Minuten öfter als die gesamte Inter-Mannschaft. Linien durchbrechende Pässe benötigt Yamal gar nicht, er durchbricht die Linien mit seinem unbestechlichen Dribbling einfach auf eigene Faust.
Auch wenn Yamal mit Barcelona (Champions League gegen PSG) und mit Spanien (Nations League gegen Portugal) heuer zweimal den Kürzeren zog. Mit spanischer Meisterschaft und Copa del Rey brachte er zwei Trophäen nach Barcelona.
Mohamed Salah, der Torgarant
Spieler vom afrikanischen Kontinent – und mögen sie noch so brillieren – haben traditionell einen schweren Stand bei der Wahl zum Fußballer des Jahres. Das liegt auch daran, dass die Nationalteams im internationalen Vergleich eher im Abseits stehen und Fußballern aus Afrika daher nur der Klub bleibt, um sich richtig in Szene zu setzen. Es ist bezeichnend, dass in der langen Geschichte der Wahl erst ein Afrikaner die Nr. 1 war (George Weah 1995).
Drei Jahrzehnte später wäre Mo Salah ein mehr als würdiger Nachfolger. Eine viel bessere Saison, wie sie der 33-jährige Ägypter 2024/’25 hingelegt hat, kann man im Grunde nicht spielen: Torschützenkönig mit 34 Treffern, mit 47 Torbeteiligungen eine historische Bestmarke in der Premier League, souveräner Meistertitel mit dem FC Liverpool – was muss Mo Salah, bitteschön, noch alles machen, dass ihm endlich die Ehre zuteilwird, die ihm schon längst zusteht?
In England haben sie den Ägypter übrigens zum Spieler des Jahres gewählt. Und die sollten sich ja eigentlich auskennen im Mutterland des Fußballs.
Vitinha, der Intelligente.
In einer Ära der Hochglanzstars fällt Vitinha selten durch große Gesten auf – dafür aber durch das, was im modernen Fußball entscheidend ist: Spielintelligenz, Ballkontrolle und Konstanz. Der 25-jährige Portugiese ist das strategische Herz von Paris Saint-Germain – einer Mannschaft voller Künstler, in der Vitinha der Architekt ist. Sein Trainer Luis Enrique lobt ihn regelmäßig für seine taktische Disziplin, seine Laufstärke und seine Fähigkeit, ein Spiel zu lesen wie ein erfahrener Schachspieler.
Seit 2022 spielt er in Paris, 2025 war sein Jahr: Mit PSG gewann er die Champions League, mit Portugal holte er die UEFA Nations League – und in beiden Wettbewerben war der beim FC Porto ausgebildete Mittelfeldspieler kein Mitläufer, sondern Taktgeber. Er glänzt nicht durch Spektakel, sondern durch Präzision, Passqualität und Pressingresistenz.
Der Ballon d’Or? Wenn dieser Preis auch für Einfluss auf das Spiel, Konstanz auf höchstem Niveau und Titel steht – dann gibt es 2025 eigentlich nur eine logische Wahl: Vitinha.
Frauen: Schon wieder Bonmati?
Seit 2018 wird auch die beste Fußballerin gewählt. Erste Siegerin war Ada Hegerberg, die immer noch bei Lyon und als Kapitänin von Norwegen Akzente setzt. Die letzten vier Jahre dominierte Barcelona mit Alexia Putellas (2021 und 2022) und Aitana Bonmati (2023 und 2024). Beide sind auch heuer wieder Kandidatinnen für den Ballon d’Or.
Niemand in der spanischen Liga kreierte laut OptaAnalyst mehr Chancen als Bonmati. Niemand erobert den Ball so oft in der gefährlichen Zone wie Putellas, die mit ihren gefürchteten Steilpässen für Gefahr sorgt.
Doch die englische Liga hat ein Wörtchen mitzureden. In Person von Alessia Russo etwa, die mit Arsenal die Champions League und mit England die EM gewann. Sie schoss fünf EM-Tore. Nur Putellas (7) traf öfter.
Bei den Champions von Arsenal hat die Spanierin Mariona Caldentey riesigen Einfluss. Die ehemalige Barca-Mittelfeldspielerin initiiert die meisten Angriffe – meist durch hohe Ballgewinne. Nominiert sind auch die Polin Ewa Pajor, Torschützenkönigin in Spanien und Marta, sechsfache FIFA-Weltfußballerin, die mit 37 immer noch bei Orlando Pride ihren Stempel aufdrückt.
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