40 Jahre danach: Die Katastrophe im Heysel-Stadion und ihre Folgen

Bilder des Grauens: Schreckliche Szenen vor dem Spiel Juventus gegen Liverpool.
Trafikanten ersuchten um Nachlieferungen. Vor 40 Jahren war die KURIER-Ausgabe vergriffen. Ein Fußball-Europacupfinale hatte Zeitungen einen Rekordabsatz beschert. Aus tragischem Grund.
39 Menschen starben am Abend des 29. Mai 1985 im Brüsseler Heysel-Stadion, als das Endspiel Juventus Turin – Liverpool noch nicht einmal angepfiffen war. In der baufälligen belgischen Arena war es zu Zusammenstößen zwischen italienischen und englischen Radikalinskis gekommen.

Auflage ausverkauft: Der KURIER berichtete am Tag danach auf drei Seiten.
Veranstalter (sie hatten bei der Kartenvergabe eine Trennung zwischen Juve- und Liverpool-Fans verabsäumt) und Polizei reagierten chaotisch. Und der UEFA (Europäische Fußball-Union) schien am wichtigsten, eine Absage des Finales zu vermeiden.
Das ZDF stieg aus
Obwohl die genaue Zahl der Toten und Schwerstverletzten noch nicht feststand, erfolgte mit eineinhalbstündiger Verspätung der Anstoß. Das ZDF stieg – im Gegensatz zum ORF – demonstrativ aus der Übertragung aus. Die Deutschen muteten ihren Sehern das makabre Treiben nicht zu.
Möglich, dass den Spielern das Ausmaß der Katastrophe nicht bewusst gewesen, dass nicht Konkretes in die Kabine gedrungen war. Jedenfalls versahen die Profis „Dienst nach Vorschrift“ im ausgeglichenen Finale. Es wurde durch einen umstrittenen, vom Schweizer Referee Andre Daina verhängten Elfer entschieden, den Juve-Regisseur Michel Platini zum 1:0-Siegestor verwandelte. Jener französische Ausnahmekicker, der von 2007 bis 2015 UEFA-Präsident sein und 2016 von der FIFA gesperrt werden sollte.
Im April 1989 kamen im völlig überfüllten Stadion von Sheffield gar 97 Menschen, darunter der zehnjährige Cousin des späteren Liverpool-Kapitäns Steven Gerrard, ums Leben. Wieder bei einem Liverpool-Spiel (gegen Nottingham). Wieder löste eine Panik unter der ins Stadion drängenden Menge die Katastrophe aus. Wieder schienen Polizei und Veranstalter völlig überfordert.
Die Tragödien von Brüssel und Sheffield führten nach dem Motto „Es muss erst was g’schehn, bis was g’schieht“ bei der UEFA, vor allem aber in England zum Umdenken. Dort geht es in den obersten Profi-Ligen inzwischen nahezu konfliktfrei zu. Weil Klubs und Security genau wissen, wer wo sitzt; weil alle Tribünen videoüberwacht sind; weil Personen, über die Stadionsperren verhängt wurden, sich am Matchtag auf der Polizeistation einzufinden haben.
Im Heysel-Stadion wurde nach dessen Modernisierung erst nach elf Jahren wieder gespielt – als Paris SG das Europacupfinale gegen Rapid 1:0 gewann. Dass Rapid so weit kam, war auch ein Verdienst von Peter Stöger, der mit Dietmar Kühbauer im Mittelfeld Regie führte. Das nur zur Erinnerung für jene Rapid-Extremfans, die den neuen Rapid-Trainer Stöger wegen seiner Austria-Vergangenheit ablehnen.
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