Massive Kritik an den Enhanced Games: "Es wird Tote geben"

Lance Armstrong, Ben Johnson und Kollegen - die größten Doper der Sportgeschichte.
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten geschehen auch unbegrenzte Wahnsinnigkeiten. Im Mai 2026 soll es so weit sein, die ersten Enhanced Games sind in Las Vegas geplant, auf dem Hotel- und Casino-Gelände „Resorts World“. Ihren Internet-Auftritt garnieren die Veranstalter mit einer ganz besonderen Liste von Bestmarken. 22 Weltrekorde sind dort aufgeführt. Es fängt an mit Ben Johnsons Olympia-Lauf 1988 über 100 Meter. Auch Lance Armstrong darf nicht fehlen, siebenmal stand er am Ende der Tour de France mit seinem Gelben Trikot ganz oben auf dem Podium. Was die beiden eint: Sie waren bis obenhin voll mit Dopingmittel – und natürlich wurden ihre Erfolge annulliert.
„Wir würdigen diese Personen als Pioniere der menschlichen Leistung und erkennen ihre Leistungen als Maßstab an, seien sie nun natürlich oder verbessert“, heißt es in einem PR-Video der Enhanced Games. Und weiter: „Wir träumen weiter, als wir erlaubt waren zu träumen.“
Überführt: Die Enhanced Games werben mit den größten Dopern. Eine Auswahl von ihnen und einige andere finden Sie in der Collage oben und hier:
Lance Armstrong (USA)
Der Radprofi überlebte eine Krebserkrankung und gewann danach unter massivem Einsatz von Dopingmittel sieben Mal die Tour de France. Alle Siege wurden aberkannt.
Johannes Dürr (AUT)
Der Langläufer wurde des EPO-Dopings überführt. Er zeigte sich danach reuig – und dopte weiter.
Ben Johnson (CAN)
Der Sprinter hatte einen Körper wie ein Geständnis. In Seoul zertrümmerte er 1988 den 100-Meter-Weltrekord, gedopt u. a. mit Steroiden.
Marion Jones (USA)
Sie war die schnellste Sprinterin, dopte und wurde wegen Falschaussage sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Johann Mühlegg (ESP)
Der Langläufer gewann 2002 drei Mal olympisches Gold, verlor aber gegen die Doping-Kontrolleure.
Kamila Walijewa (RUS)
Die Eiskunstläuferin wurde mit nur 15 Jahren überführt. Die WADA sperrte sie für vier Jahre.
Sun Yang (CHN)
Der Schwimmer wurde wegen Doping-Vorfällen mehrfach gesperrt.
Doping soll bei diesen Spielen nicht nur erlaubt sein. Leistungssteigerung dank Medizin ist das Prinzip. Es gehe um die „ultimative Demonstration dessen, wozu der menschliche Körper fähig ist“. Die ausgelobten Preisgelder sollen die Sportler verführen. Eine Million Dollar gibt es für einen neuen „Weltrekord“ über 100 Meter in der Leichtathletik oder 50 Meter im Schwimmen. 250.000 Dollar werden für Rekorde in anderen Disziplinen bezahlt, wie etwa im Gewichtheben.
Die erste Million kassierte bereits Kristian Gkolomeev. Der vierfache Olympia-Medaillengewinner aus Griechenland ist mit seinen 33-Jahren schon ein Schwimm-Veteran. Er ist aber auch das Zugpferd der Enhanced Games und Hauptdarsteller einer Dokumentation zur Premiere der Spiele. Gkolomeev schwamm während der Dreharbeiten die 50 Meter in 20,89 Sekunden, so schnell wie nie ein Mensch zuvor. Nach eigenen Angaben wurden ihm zwei Monate lang leistungssteigernde Substanzen zugeführt, und er schwamm mit einem Hightech-Anzug.
Dass mögliche Bestmarken selbstverständlich nicht anerkannt werden, stört die schwerreichen Macher hinter den Spielen nicht. „Der Mensch ist darauf programmiert, den schnellsten Mann oder die schnellste Frau sehen zu wollen“, sagte etwa der deutsche Milliardär Christian Angermayer, der ebenso wie Peter Thiel hinter dem Projekt steht. „Wir wollen nicht den schnellsten natürlichen Menschen sehen.“
Mit seiner Investment-Firma stieg auch Donald Trump Junior ein. „Hier geht es um amerikanische Dominanz auf der Weltbühne – etwas, worum es der MAGA-Bewegung geht.“ Der Junior schwärmt von „echtem Wettbewerb, echter Freiheit und echten Rekorden, die zerschmettert werden“. Und Enhanced-Games-Präsident Aron D’Souza spricht von „Sport ohne Heuchelei“.
Schärfste Kritik
Das IOC (Internationale Olympische Komitee) sieht das Projekt diametral anders: „Wenn man das Konzept von Fairplay im Sport zerstören will, ist das ein guter Weg.“ Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) spricht von einem „gefährlichen und unverantwortlichen“ Konzept und Travis Tygart (USADA) nennt die Veranstaltung eine „gefährliche Clownshow“.
Auch Michael Cepic ist von der Idee entsetzt. Der Geschäftsführer der NADA Austria erklärte vergangene Woche seinen Standpunkt und sprach über ...
... Sport: Das hat mit Sport überhaupt nichts zu tun. Man kann es Show nennen. Sport und Weltrekorde haben in diesem Zusammenhang nichts verloren.
... das alte Rom: Für mich ist das ein Rückschritt um 2.000 Jahre zu den Gladiatorenkämpfen der alten Römer. Auf Kosten der Gesundheit von Menschen, zum Gaudium von sehr, sehr reichen Leuten, werden Spiele veranstaltet und man schaut, wie lange das ein Körper aushalten kann.
... Berichterstattung: Eigentlich sollte man darüber gar nicht berichten. Und wenn, dann unter dem Begriff „Show“. Es ist eine Show zulasten der Athleten unter dem Motto: „Mach das, und wenn du es überlebst, bekommst du viel Geld.“

NADA-Austria-Geschäftsführer Michael Cepic
... Lebensgefahr: Ich gebe ein simples Beispiel: Ein Sportler darf nehmen, was er will, um den 100-Meter-Rekord zu brechen. Angenommen, dafür reicht eine Tablette und er bricht den Rekord. Dann kommt der nächste und sagt, wenn du diesen Rekord brichst, zahlen wir 1,5 Millionen Euro. Und dann nimmt man zwei Tabletten, drei oder vier. Und dann ist die Frage, wann es den ersten Toten gibt. Es wird den Toten wahrscheinlich nicht im Bewerb geben, aber es wird ihn geben. Dieses Event ist höchst gefährlich.
... Vorbildwirkung: Versetzen Sie sich in die Situation eines neunjährigen Schwimmers, der mit Enthusiasmus dabei ist. Kann dieses Kind unterscheiden, wer sauber ist? Das Kind will so sein wie der, der so schnell ist. Deshalb ist das auch für den Nachwuchs extrem gefährlich. Welche verantwortungsvollen Eltern würden ihre Kinder noch zum Sport schicken?
... Fairness: Diese Idee widerstrebt all den Werten, die mit Sport in Zusammenhang gebracht werden. Würden wir das als Gesellschaft akzeptieren, wäre das der Tod des Sports.
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