Österreichs Breaker Jana und Marox: "Es ist so viel mehr als nur tanzen"

B-Girl Jana and B-Boy Marox
Beim Red Bull BC One World Final sind B-Girl Jana und B-Boy Marox in der Qualirunde gescheitert. Warum Events wie dieses so wichtig sind, erklären sie im Interview.

Wie seid ihr zum Breaking gekommen?

Marox: Ich habe mit sieben Jahren das erste Mal Breaking gemacht. Meine Eltern haben mir ermöglicht, viel Verschiedenes zu probieren - und Breaking war einfach das, was mich am meisten gefallen hat. Wahrscheinlich, weil es die Liebe zur Musik und zur Bewegung so gut verbunden hat. Und ich hatte damit etwas, mit dem ich mich selbst verwirklichen konnte, wo ich selber was kreieren und anstreben darf. Und es ist einfach eine Szene, in der ich mich von Anfang an wohlgefühlt habe. Und was mich auch so überzeugt hat, ist, dass es bei Breaking eben nicht dieses Idealbild gibt, wie Bewegungen auszusehen haben - wie etwa im Turnen. Es geht nur darum, den richtigen Weg für sich selbst zu finden. 

Jana: Ich habe mit Hip-Hop angefangen. Da, wo ich herkomme, war es gar nicht so leicht, den Tanz zu lernen und die Kultur kennenzulernen. Deswegen habe ich schon mit 13 angefangen, auf Tanzcamps zu fahren - in Italien, Deutschland, Kroatien und so weiter. Und habe einfach immer nach Infos gesucht über Hip-Hop, über die Kultur und über den Tanz, bin viel gereist, aber mehr im Hip-Hop Stand-Up-Tanz und irgendwann auch House-Tanz. Erst mit 27 Jahren bin ich dann auf Breaking gekommen. Vom Hip-Hop-Tanz kommend wollte ich physisch schwierigere Bewegungen lernen und dann bin ich aufs Breaking gekommen. Und jetzt seit zweieinhalb Jahren bin ich hauptsächlich beim Breaking und nehme aber alles, was ich davor über Tanz gelernt habe einfach mit.

Würdet ihr Breaking als Sport bezeichnen? Oder als Kunst? Oder ganz was anderes? 

Jana: Für mich ist es beides. Wir sind Athleten, wir sind Sportler. Wir müssen auf unseren Körper genauso schauen wie andere Sportler. Wir Tänzer kämpfen auch dafür, dass wir dafür anerkannt werden. Und gleichzeitig kommt aber die künstlerische Komponente dazu, dass es nicht nur darum geht, gewisse Leistungen zu erbringen, die messbar sind, sondern physisch ein Level zu erhalten und gleichzeitig neue Moves zu kreieren, auf die Musik einzugehen. 

Marox: Die Meinungen gehen auseinander. Es gibt Leute, die freuen sich, dass Breaking in den sportlichen Kontexten gerückt ist und können auch die Vorteile, die das mit sich bringt, nutzen - und das kann wirklich Leben verändern. Dass Leute dadurch Zugang zu Physiotherapie bekommen, Förderungen kriegen, reisen können mit Breaking. Für mich ist es eine gute Mischung aus allem. Sport im Sinne der Wettkämpfe. Ich mag das, den Wettkampf, die Battles. Es geht aber Hand in Hand mit der Kunst: Es ist mir auch wichtig, meine eigenen Moves zu finden, einen eigenen Style zu finden, was in Breaking was ganz Großes ist. Und auch die kulturelle Aspekte:  Breaking ist auch so viel mehr als nur tanzen, da ist das Vernetzen mit Leuten, wir sind jetzt in Japan, wir lernen Leute während dem Red Bull BC One Camp kennen und so weiter. 

Es scheint eine sehr diverse Szene zu sein...

Marox: Das ist ganz wichtig für Breaking. Es ist sehr zugänglich.

Jana: Das ist das, was uns ausmacht. Dass man sich so authentisch zeigt wie möglich. Sei es, wie man sich anzieht, wie man tanzt. Das ist ein wichtiger Wert dieser Kultur. 

Marox: Es ist eben auch ein Tanz oder eine Kultur, die aus der Armut und weniger  privilegierten Verhältnissen entstanden ist als die, aus der wir kommen... Dass wir jetzt wegen Breaking sogar bis nach Japan gekommen sind, da ist schon viel Arbeit vorher geleistet worden von Menschen, die vielleicht dann nicht diesen Lohn daraus gezogen haben, wie wir es jetzt machen. Breaking ist ein afroamerikanischer Tanz und kommt aus einem Kontext, von dem wir ganz fern sind.

Jana: Ich finde auch, Breaking ist wirklich für alle zugänglich. Und es ist nicht nur, ob du reich oder arm bist und welche Hautfarbe du hast und woher du kommst. Sondern auch zum Beispiel, welchen Körperbau du hast. Du machst die Moves so, wie sie auch zu dir passen. Jeder hat andere Stärken und Schwächen. Wir sind alle verschieden. Ich bin klein, jemand anderer ist groß. Und dieser Tanz erlaubt dir einfach auch, dass du das auf deine Weise machst - und nicht jemanden nachmachst.

Kann man von Breaking leben?

Jana: Ich lebe seit 4-5 Jahren nur vom Tanzen. Davor war immer noch etwas anderes dabei. Mittlerweile ist es möglich, so wie ich als Künstlerin selbständig zu sein... aber es ist schwierig. Es bedeutet viel Opfer zu bringen und immer voll am Ball bleiben zu müssen. Weil du ständig schauen musst, wo die nächsten Projekte sind. Davon zu leben ist möglich für eine kleine Anzahl an Tänzern in Österreich. Das Ziel sollte meiner Meinung nach sein, dass man für ein Berufsbild kreiert, das mehr akzeptiert und anerkannt wird. Vor allem in Österreich. Ich habe 6 Jahre in Paris gelebt, wo viele Künstler von ihrer Kunst leben können. Sie sind staatlich abgesichert.  In Österreich gibt es das auch, aber es ist in der Gesellschaft noch nicht so gängig. 

Wie ist das bei dir, Max? Kannst du vom Breaking oder vom Tanzen leben? 

Marox: Glücklicherweise ja. Aber auch ich, wie die meisten anderen, die ich kenne, würfle es mir irgendwie zusammen. Man unterrichtet, macht Projekte dazu, andere haben einen Nebenjob. Wenn wir jetzt bei Tanz rein von dem Breaking reden, von den Wettkämpfen, da kenne ich sehr wenige auf der Welt, die wirklich rein davon leben können. Das fände ich schon cool, wenn das in der sportlichen Schiene auch in Österreich anerkannt wird.

Welchen Eindruck habt ihr, was die Aufnahme ins Olympia-Programm von Paris 2024 mit diesem Sport gemacht hat? War das gut, war das schlecht? 

Jana: Es gibt immer Vorteile und Nachteile. Die Szene war unterschiedlicher Meinung. Olympia hat auf jeden Fall ein bisschen ein Scheinwerferlicht gebracht. Viel mehr Leute wissen jetzt ein bisschen mehr über Breaking oder können etwas mit dem Begriff anfangen. Es hat uns viele Möglichkeiten gegeben, Förderungen usw. Es hat ermöglicht, dass mehr Leute vom sportlichen Aspekt, vom Wettkampf-Breaking leben können. Gleichzeitig wurde es nicht optimal präsentiert. Nicht mit den Werten, die wir eigentlich leben. Es ist auch schwierig, das von außen zu zeigen, wie schön und wie powerful die Kultur eigentlich ist. Und wie cool so ein Event ist, was wir für Verbindungen wir zueinander haben. Das ist nicht durchgedrungen in die Welt. Vielleicht war die Welt auch nicht offen dafür. 

Marox: Wie Jana sagte, es war ein Schritt in die Richtung, dass man von dem sportlichen Aspekt von Breaking leben kann. Das habe ich auch gespürt. Ich bin in eine Sportförderung gekommen, vom Sportland Niederösterreich. Ich habe im Olympiazentrum in St. Pölten trainieren können. Ich habe Physio und Sportpsychologie bekommen. Aber das alles ist auch jetzt im Februar wieder weg. Weil bei den nächsten Olympischen Spielen 2028 Breaking nicht dabei sein wird. So wie mir geht es vielen anderen auf der Welt. 

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