Billard-Weltmeisterin Jasmin Ouschan über Zweifel und Männer

Wer in Österreich Billard sagt, der muss auch Ouschan sagen. Seit 20 Jahren ist die 39-jährige Kärntnerin als Profi unterwegs, vor wenigen Tagen kürte sich Jasmin Ouschan in den USA zur Weltmeisterin im 8-Ball. Damit hält sie bei 28 EM- und drei WM-Titeln. Wirklich drei? „Das hört sich zwar schön an, aber einen zähl’ ich eigentlich gar nicht dazu, das war ein Junioren-Titel.“ Das war vor 20 Jahren, 2010 folgte dann das erste „richtige“ WM-Gold.
Und 15 Jahre später jetzt der nächste WM-Titel – ein ganz besonderer. „Es ist der erste in der Disziplin 8-Ball überhaupt, dazu der erste WM-Titel nach so langer Zeit. Das Niveau im Finale war auch extrem hoch. Da sind so viele Sachen zusammengekommen, ich bin unfassbar happy.“ Die Zeit zwischen den Titeln sei nicht immer einfach, die Zweifel groß gewesen. „Und nach dem Finale, hab ich mich nur noch gefragt, warum ich mir jemals Sorgen gemacht hab.“

Jasmin Ouschan (r.) mit WM-Gold).
Ouschan, die schon im zarten Alter von drei Jahren erstmals einen Billard-Queue in der Hand hatte, weiß: „Eigentlich bin ich verwöhnt, wenn ich mir meine Erfolge anschaue.“
Neben dem Begriff „Titel-Hamster“ könnte im Lexikon durchaus ein Foto von Jasmin Ouschan abgebildet werden. Ist sie die erfolgreichste Sportlerin des Landes? „Das glaube ich so nicht, weil es ja Olympiasiegerinnen gibt.“ Sie sei aber auch kein Fan, diese Dinge zu vergleichen. „Österreich hat ganz viele tolle und erfolgreiche Sportler. Ich freue mich auch immer mit, wenn andere Erfolge nach Hause bringen.“
Dancing Queen
Darüber, dass sie bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres wohl wieder nicht ganz vorne landen wird (2015 belegte sie Platz 3), will sich die bescheidene Kärntnerin nicht groß beschweren. „Obwohl: Viel mehr als Gold bei WM und EM kann ich eigentlich nicht machen. Aber die Aufmerksamkeit auf andere Sportarten ist halt größer.“ Aber auch in der Wahrnehmung „ihrer“ Sportart habe sich viel geändert. So hätte sie sich nie gedacht, dass sie einmal bei Dancing Stars dabei sein würde. 2021 belegte sie mit Partner Florian Gschaider den zweiten Platz.
Am Billardtisch sieht man die Tochter des mehrfachen österreichischen Meisters Albin Ouschan senior selten lächeln, da ist sie voll fokussiert. „Billard ist eine Sportart, die sehr viel Raum gibt für den Kopf“, erklärt sie. Neben der mentalen Komponente sei aber natürlich auch Taktik und Technik sehr gefragt, genau wie Ballgefühl und Hand-Augen-Koordination. „Am Ende ist aber zumeist der Kopf entscheidend.“
Und genau da hat sie ihren Zugang im Laufe der Jahre auch geändert. „Ich gehe Dinge jetzt sicher entspannter an. Früher bin ich nach Niederlagen aufs Zimmer gegangen und war nicht mehr zu sehen. Jetzt weiß ich, das Leben geht weiter. So ist auch der WM-Titel gekommen. Weil ich ihm nicht nachgelaufen bin.“
Auf ihrem eigenen Youtube-Kanal gibt Ouschan Tipps. Und erzählt auch, von wem man sich was abschauen kann. Nämlich von Kindern. „Warum lernen Kinder so schnell? Wenn etwas nicht funktioniert, probieren sie es einfach noch einmal. Erwachsene hingegen hinterfragen gleich alles.“ Hin und wieder sei es aber gut, den Kopf auszuschalten. „In der Schule haben wir leider gelernt, dass Fehler etwas Schlimmes sind. Ohne Fehler geht es aber nicht. Die große Kunst ist der Umgang damit, weil dort liegt oft versteckt, was uns weiterbringt.“ Nicht nur am Billardtisch: „Sport ist eine gute Lebensschule.“
Nicht zu unterschätzen sei Fitness. „Ich kann mich länger konzentrieren, schneller regenerieren, besser mit dem Jetlag umgehen.“ Apropos Jetlag. Bis zu 150 Tage ist Ouschan im Jahr unterwegs, aktuell steht sie in Jakarta am Tisch.
Männer vs. Frauen
Dass Billard oft mit Wirtshäusern und Lokalen in Verbindung gebracht wird, stört Ouschan, die sich nicht als Teamplayerin bezeichnet, nicht. „Es ist doch was Schönes, wenn Leute fortgehen und Billard spielen.“ Nur eines ist ihr wichtig: „Dass die Leute verstehen, dass der Profisport ganz anders aussieht.“
Früher hat sie sich auch regelmäßig mit Männern gemessen. Aktuell geht sich das zeitlich nicht aus. „Ich konzentriere mich voll auf die Damentour“, sagt die Weltranglisten-Dritte. Prinzipiell wäre ein direkter Geschlechtervergleich in der Präzisionssportart Billard schon möglich. „Weil es nicht so stark um die körperliche Komponente geht.“ Wirklich Sinn machen würde das für Ouschan aber nur als Langzeitprojekt.

Jasmin Ouschan.
Sie selbst hat den direkten Vergleich in der Familie, Bruder Albin (34) ist selbst zweifacher Weltmeister. Gemeinsames Training lässt der Terminplan derzeit nicht zu, „aber wir haben immer wieder gemeinsam trainiert, da hab ich mir sehr viel abschauen können“.
Rein von den Fähigkeiten haben Männer nur wenige Vorteile. „Beim Anstoß zum Beispiel, weil Männer mehr Schnellkraft haben aus dem Arm heraus. Ich habe immer hart anstoßen können, aber auf die Power von Albin bin ich nie gekommen.“ Ab einem gewissen Level sei das jedoch nicht mehr ausschlaggebend.
Katz- und Mausspiel
Drängt sich noch die Frage auf: Was wäre, wenn Jasmin Ouschan gegen einen Hobbyspieler an den Tisch tritt? Zum Beispiel gegen einen KURIER-Redakteur, der schon das eine oder andere Mal einen Billard-Queue in der Hand hatte. Hätte der eine Chance? „Billard ist keine Rückschlagsportart. Wenn du am Tisch bist, dann kann ich nichts tun“, lacht Ouschan. „Ich bin mir sicher, dass du ein paar Bälle reinschießen wirst.“ Einer Weltmeisterin darf man da nicht widersprechen. Leider kam noch der Nachsatz: „Aber du wirst nicht lange mithalten. Und wenn ich dran bin, dann werde ich ins Defensive gehen und mit dir Katz und Maus spielen.“
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