Warum Skandal-Golfer John Daly eine Attraktion in Augusta ist
Der Amerikaner wird wie in den 17 Jahren zuvor auch heuer nicht am Masters teilnehmen, hat aber dennoch viel zu tun im Golf-Mekka. „The Wild Thing“ gilt als Mann des Volks und ist begehrt bei Fans und als Werbeträger.
Der Weg zum Golf-Paradies führt über eine amerikanische Hölle. Wer zum Eingang des exklusiven National GC in Augusta vordringen will, wo neben farbenprächtigen Blumen und unter dem Schatten mächtiger Bäume ab Donnerstag das Masters-Turnier der weltbesten Golfer stattfindet, der muss die Washington Road nehmen.
Es ist eine Schnellstraße, wie sie nur Amerikaner bauen können: vielspurig, laut, grell, fußgängerfeindlich. Gesäumt ist sie mit Nagelstudios, Textilreinigungen und den üblichen (Schnell)-Restaurant-Ketten.
Genau dort ist in dieser Woche das Revier von John Daly.
Der zweifacher Major-Turniersieger schlägt beim Einladungsbewerb in Augusta zwar seit 2006 nicht mehr ab, aber seit Jahren seine Zelte im Mekka des Golfsports auf. Auf dem Parkplatz des örtlichen Hooters-Restaurants, ziemlich genau eine Meile von der legendären Golfanlage entfernt, bringt der mittlerweile 56-jährige Amerikaner Fanutensilien und Autogramme unters Volk.
Und das Volk kommt nach Jahren der pandemischen Einschränkungen wieder in Scharen. Bis zu 20.000 Fans werden rund um John Daly pro Tag erwartet.
Dazu passt, dass der gebürtige Kalifornier, selbst ein gern gesehener Gast in den Hooters-Restaurants, vor gar nicht allzu langer Zeit einen offiziellen Werbedeal abgeschlossen hat mit dem Unternehmen, das mit seinen knapp bekleideten Kellnerinnen, den Hooters Girls, mittlerweile wie aus der Zeit gefallen wirkt.
Aus einer anderen Zeit scheint auch John Daly. Als einer der talentiertesten Golfer überhaupt bezeichnet, dauerte es Anfang der Neunzigerjahre nicht lange, bis sich der Mann mit dem mächtigen Abschlag den Spitznamen „The Wild Thing“ erarbeitet hatte.
Da er Tage und Nächte lieber in Casinos (laut eigenen Angaben hat er rund 50 Millionen Dollar verspielt) und Bars verbrachte als auf dem Trainingsplatz, ist die Liste seiner Eskapaden länger als die seiner Erfolge. „Ich selbst bin mein schlimmster Gegner“, hatte Daly einmal ganz offen zugegeben.
Zu sehen bekommen hat man das auch bei einem unvergessenen Auftritt in Österreich 2011. Als Starteilnehmer an den Austrian Open ins Tullnerfeld gereist, läuft es sportlich schlecht für Daly. Als er auf der zweiten von vier Runden einen Ball im Wasser versenkt, fliegt der Schläger gleich mit in den Teich. Beim Replatzieren des Balles begeht er einen Regelverstoß. Als die Regelhüter zwei Strafschläge anordnen, marschiert er fluchend Richtung Clubhaus, ordert eine Flasche Whiskey und lässt sich anschließend zum Flughafen chauffieren.
„Ich habe verdammt viel falsch gemacht“, sagt er über sein Leben. Ob er dazu auch die vier geschiedenen Ehen zählt? Die vierte Gattin wurde wegen bandenmäßiger Geldwäsche verurteilt. John Daly sagt aber auch: „Ich bin immer zu allem gestanden.“
Vielleicht ist er deshalb ungebremst populär bei Fans und Sponsoren – als amerikanischer Showman, der drei Musikalben (2022: „Whiskey & Water“) aufgenommen hat, und als Antiheld für jenen elitären Sport, der ihn reich und berühmt gemacht hat. „Und bei meinen Bemühungen begleitet mich ein Rat, den mir meine Mutter vor langer Zeit gegeben hat: Champion wird man durch sein Herz“, liest man in seiner Autobiografie.
Dort findet sich auch der Satz: „Ich habe immer gesagt, ich spiele Golf für die Fans.“ Er tut dies nur noch bei ausgewählten Turnieren und vorwiegend auf der Champions Tour der Altstars.
12 Cola light und 20 Zigaretten für 18 Löcher
Gleich geblieben ist aber seine Wegzehrung auf einer Golfrunde. Während die junge Garde zu Wasser, Elektrolytgetränken, Powerriegeln und Obst greift, verbraucht Daly auf 18 Löchern schon mal zwölf Dosen Cola light, sechs Packerl M&M’s und eine Schachtel Zigaretten.
Dieser Aufwand bleibt nicht ohne Folgen, er rechnet sich gar. Vor wenigen Tagen gab Daly einen neuen Werbedeal bekannt: Ein Zigarrenhersteller vertreibt die „John Daly Collection“. Ähnliches gibt es auch bei dem Hersteller eines Barttrimmers.
Ob er etwas bereut, wird John Daly oft gefragt. Nur das wenige Training in seinen besten Jahren, antwortet er dann. Dazu passt eine Anekdote, die man sich über ihn und Tiger Woods erzählt.
Am Morgen eines Turniers kam Daly kurz vor der Abschlagzeit erst auf die Anlage. Beim Betreten kommt ihm Woods aus dem Kraftraum entgegen. Daly soll den Star gefragt haben, ob dieser Aufwand denn wirklich nötig sei. Woods’ Antwort: „Nicht, wenn man so talentiert ist wie du.“
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