Alltag eines Football-Spielers: Mit 22 Urlaubstagen durch die Saison

Alltag eines Football-Spielers: Mit 22 Urlaubstagen durch die Saison
Die Vikings kämpfen gegen Barcelona um den Einzug ins ELF-Finale. Auf dem Feld stehen großteils Amateure – ein Physiotherapeut erzählt, wie man Job und Sport unter einen Hut bekommt.

Von Nicolas Lendl

Mit dem Einstieg in die European League of Football (ELF) haben die Vienna Vikings den Schritt Richtung Profiverein gewagt. Knapp vor Ende der Saison kann man sagen: Dieser Schritt ist gelungen. Das Team von Coach Chris Calaycay hat sich souverän für die Play-offs qualifiziert, spielt heute gegen die Barcelona Dragons sogar um den Einzug ins Finale (14.45/live auf Puls24). Das Niveau der ELF ist durchaus vergleichbar mit der Champions League im Fußball. Die Gehälter der Akteure sind es hingegen ganz und gar nicht.

Auch wenn der Verein mittlerweile auf fast allen Ebenen professionell geführt wird – auf dem Feld stehen großteils Amateure. Lediglich acht Spieler sind als Profis angestellt (vier US-Legionäre, vier europäische Legionäre), vier weitere Akteure sind praktisch „Teilzeit angestellt“, der Rest sind heimische Spieler, die für ein paar hundert Euro spielen. Die müssen logischerweise auch einem Brotberuf nachgehen – und alles unter einen Hut bekommen. Das kann durchaus anstrengend sein, wie Luis Horvath, Safety bei den Vikings, erzählt.

„Ich hab den Luxus, als selbstständiger Physiotherapeut mir meine Woche sehr flexibel einteilen zu können. Aber ich weiß auch, dass viele andere einen 40-Stunden-Job haben und trotzdem viermal die Woche ins Gym und dreimal zum Training gehen,“ erzählt der 26-Jährige. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges. Einige seiner Mitspieler müssen etwa, nachdem sie am Montag um sechs Uhr in der Früh vom Auswärtsspiel ankommen, direkt in die Arbeit. „Der Florian Sudi hat sich glaub ich 22 Urlaubstage für die Saison nehmen müssen“, verrät Horvath. „Andere verbringen ihre Mittagspause in der Kraftkammer.“

Doch bei aller Anstrengung, die das Leben als Spieler in der ELF mit sich bringt, ist der Defensiv-Spieler mehr als zufrieden mit der ersten Saison inmitten der besten Teams aus Europa. „Das Niveau ist höher, es ist schneller, physischer, aber auch sehr cool, dass das alles nun professioneller und ernster ist. Dadurch ist das ein super Schritt für den österreichischen Football.“ Geld verdienen im österreichischen Football ist plötzlich kein Traum mehr, sondern Realität. Auch, wenn es nicht viel ist.

Horvath durchlief die Vikings-Akademie, genau wie Bernhard Raimann, der vor seinem NFL-Debüt mit den Indianapolis Colts steht (siehe unten). Auch für Horvath ist nach dem eigenen Spiel gegen Barcelona Daumendrücken angesagt: „Zu hundert Prozent. Ich bin ein großer Colts Fan seit diesem Jahr.“

Doch zuvor gilt die volle Konzentration dem Halbfinale gegen die Dragons. Die bisherigen zwei Begegnungen konnten die Wiener knapp für sich entscheiden. Ähnliches erwartet sich Horvath auch dieses Mal: „Die Dragons sind super aufgestellt. Es wird richtig knapp. Aber ich bin mir sicher, wir machen das schon.“

Mit dem Wechsel in die ELF sind die Vikings auch in die Generali-Arena umgezogen. Vergangenen Woche, also kurz vor dem Halbfinale, fand die Kooperation mit der Austria aber ein abruptes Ende. Die Vikings wurden vor die Türe gesetzt, mussten das Halbfinale kurzfristig in ihr Trainingszentrum verlegen.

Bei all der Euphorie, die durch die ELF aufkam, wird dadurch wieder einmal deutlich, welch steinigen Weg Football in Österreich noch vor sich hat. Am Ziel der Vikings ändert das nichts. Ende September möchten sie sich zum besten Footballteam in Europa küren oder wie Luis Horvath sagt: „Das Gold um den Hals haben.“

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