Wer einen Blick in das Herzstück des Radrennstalls Bora-hansgrohe werfen will, der braucht eine persönliche Einladung und ein Navi. In der kleinen bayrischen Marktgemeinde, eine halbe Autostunde von der Tiroler Grenze entfernt, weist kein Wegweiser oder Firmenschild auf das prominente Team hin.
Niemand würde auf die Idee kommen, dass sich in diesem unauffälligen Gebäude zwischen einem Supermarkt und einem Bauhof die Logistik-Zentrale von Bora-hansgrohe befindet – und es soll auch keiner wissen, welche Schätze hinter den Mauern lagern.
Ja keine Postings in den sozialen Netzwerken, wird jedem Besucher von den Verantwortlichen des Rennstalls eingetrichtert. Und schon gar keine Hinweise auf den genauen Standort. Denn im Logistikzentrum sind zwischen den Rennen nahezu sämtliche Sportgeräte der 30 Profis eingestellt. Jedem einzelnen Fahrer stehen zehn Räder zur Verfügung, wenn man weiß, dass ein Fahrrad 20.000 Euro wert ist, dann kann man verstehen, weshalb dieses Gebäude so hermetisch abgeriegelt und abgesichert ist.
Dieser Tage wirkt die große Zentrale ein wenig verwaister. Das Team ist ab heute beim Giro d’Italia im Einsatz und startet in der Person von Jai Hindley (AUS) in Fossacesia Marina die Mission Titelverteidigung. Für die Verantwortlichen im Logistikcenter bedeutete die Planung und Vorbereitung auf die erste große Rundfahrt des Jahres penible Schwerstarbeit.
Was muss alles mit nach Italien? Was brauchen Profis und Betreuer in den drei Wochen beim Giro? Was darf bloß nicht vergessen werden?
"Wir sind ein eingespieltes Team und haben alles recht schnell zusammengepackt", verrät Thomas Hörl. Der Tiroler fungiert bei Bora-hansgrohe als Head of Logistik und ist das Mastermind hinter den Planungen. Die Mannschaft reiste mit einem großen Tross zum Giro. "Ein Mannschaftsbus, ein Mechaniker-LKW, ein eigener Küchentruck, dazu noch drei Transporter und fünf PKW", erzählt Hörl.
25.000 Trinkflaschen
Die Radprofis reisen da vergleichsweise mit kleinem Gepäck. "Sie müssen eigentlich nur darauf schauen, dass sie die richtige Bekleidung mithaben", erklärt der Logistik-Chef aus Söll. Für Spezialoutfits ist hingegen Thomas Hörl verantwortlich, vor dem Giro ließ er extra einen rosa Helm bestellen – für den Fall, dass ein Fahrer des Bora-hansgrohe-Teams das begehrte Rosa Trikot des Gesamtführenden tragen sollte.
Es ist ein großer Aufwand, den ein Radteam der World Tour betreibt. 25.000 (!) Trinkflaschen verbrauchen die 30 Profis in einer Saison, um die mittlerweile 126 Mitarbeiter des Rennstalls finanzieren zu können, ist ein Budget von knapp 30 Millionen Euro nötig. "95 Prozent werden durch Sponsoren wie in unserem Fall zum Beispiel das Ötztal finanziert", erklärt Teammanager Ralph Denk. "Wir vermissen ein Stück weit andere Einnahmequellen. Bei uns sind zwar pro Etappe 500.000 bis eine Million Leute an der Strecke, aber leider bezahlt keiner. Und der TV-Rechteverkauf liegt bei den Rennveranstaltern."
Wenn sich die Bora-hansgrohe-Profis ab heute beim Giro abstrampeln, kann Logistik-Chef Thomas Hörl in seiner Zentrale meist nur mit einem Auge hinschauen. Zu viel Arbeit. Der Urlaub muss bis zum nächsten Saisonhöhepunkt warten. "Ich gehe meistens während der Tour de France. Da ist dann alles unterwegs und bei uns in der Zentrale ist es ruhiger."
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