Kühe gegen Klima: Tricksen Neuseeland und Irland bei Methanemissionen?

von Annika Meyborg
Flugzeuge, Autos und Kuhrülpser – Wer an Erderwärmung denkt, hat wahrscheinlich nicht sofort eine Kuh im Kopf. Und doch gehören Kühe, beziehungsweise die Viehzucht, zu den weltweit größten Methanquellen. Eine einzige Kuh verursacht am Tag schätzungsweise zwischen 100 und 300 Liter Methan. Besonders in Neuseeland und Irland werden viele Rinder gehalten; allein in Neuseeland sind es rund fünf Millionen Milchkühe. Beide Länder gehören zu den größten Methanemittenten pro Kopf, was mit ihrer exportorientierten Milch- und Fleischindustrie zusammenhängt.
Methan war neben Ammoniak und Wasserdampf ein Hauptbestandteil der irischen Uratmosphäre, und ist der meist vertretene Kohlenwasserstoff in der unserer Atmosphäre. Es entsteht hauptsächlich dann, wenn organisches Material unter der Abwesenheit von Sauerstoff umgewandelt wird. Gängige Wege sind Verfaulen, Vermodern oder Verdauen. In der Natur kommt es als Hauptbestandteil von Erdgas vor. Methan findet sich also nicht nur in Kuhmägen, sondern auch in Sümpfen und Reisfeldern.
Methanemissionen hatten ursprünglich einen natürlichen Ursprung. Heute werden sie (indirekt) vom Menschen verursacht. Methan ist, trotz geringerer Konzentration als CO₂, für 30 Prozent der derzeitigen globalen Erderwärmung verantwortlich. Entscheidend ist die chemische Struktur seiner Moleküle. Diese hindern Wärmestrahlen effektiv daran, ins All zu entweichen, und werfen sie zurück Richtung Erde. Eine Tonne atmosphärisches Methan verursacht mittelfristig weitaus mehr Treibhauseffekte als eine Tonne CO₂ und hat über einen Zeitraum von 20 Jahren eine etwa 80-mal so hohe Heizwirkung wie Kohlendioxid.
Um ihre Methanemissionen zu berechnen, verwenden sowohl Neuseeland als auch Irland die Methode des „Global Warming Potential Star“ (GWP*). Dabei werden die kurzfristigen Auswirkungen von Methan auf die Erderwärmung, statt das gesamte langfristige Erwärmungspotenzial betont.
Doch diese Berechnungsmethode stößt zunehmend auf Kritik: 26 renommierte Klimawissenschafter haben in einem offenen Brief den neuseeländischen Premierminister Christopher Luxon aufgefordert, diese Strategie zu überdenken. Sie kritisieren, dass die neue Methode genutzt werden könnte, um geringe Reduzierungen von Methanemissionen als ausreichend darzustellen. Sie orten einen „Buchhaltungstrick“, um die methanemittierende Viehzucht vor klimawirksamen Maßnahmen zu schützen. Schließlich haben sowohl Neuseeland als auch Irland ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Erhalt ihrer Kühe.
Methanemissionen reduzieren
Die Wissenschafter sprechen von der Schaffung eines gefährlichen Präzedenzfalls und fordern ambitioniertere Reduktionsziele für Methanemissionen von Neuseeland. Andernfalls könnten andere Länder die Methode ebenfalls nutzen, um Klimaziele und Maßnahmen zu umgehen. Neuseeland soll seinen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung leisten und seinen internationalen, klimatischen Verpflichtungen nachkommen, fordern sie. Generell sei das Ziel „keine zusätzliche Erwärmung“ schwer mit Neuseelands Verpflichtung im Rahmen des Global Methane Pledge zu vereinbaren. Dieser fordert eine schnelle globale Emissionsreduzierung um 30 Prozent bis 2030.
Zusätzlich steht die Methode im Widerspruch zu Artikel 4 aus dem Pariser Abkommen über die Verantwortung und Gerechtigkeit der Industrieländer. Das Methan, das in Neuseeland und Irland durch die Landwirtschaft entsteht, ist eine Konsequenz, die von beiden Ländern in Kauf genommen wird.
Kommentare