Ich habe gelesen, dass er eine Koalition mit der ÖVP ausschließt. Ich nehme an, dass er genauso wenig eine mit der FPÖ machen würde. So wird man schwer das durchsetzen können, was man möchte. Aber nochmals: Ich hege große Sympathien für Idealisten, aber ich glaube nicht, dass sein sehr linker Kurs der richtige Weg für die SPÖ ist.
Erwähnt sei aber, dass er in den Sozialen Netzwerken als der Liebling der linken Intellektuellen gilt.
Natürlich gibt es auch innerhalb der Sozialdemokratie sehr viele junge Menschen, die sagen, wir müssen unsere Ziele wieder stärker in den Vordergrund stellen. Ich glaube dennoch, dass es der falsche Weg ist, weil eine ganz linke Politik in Österreich nicht mehrheitsfähig ist.
Mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil würde die SPÖ auf ihrem politischen Weg nach rechts abbiegen?
Für mich gibt es drei Gründe, warum ich nicht für Hans Peter Doskozil eintreten kann. Erstens ist sein politisches Programm zu populistisch. Da meine ich gar nicht nur die Migrationsfrage, obwohl ich nicht verstanden habe, warum er Flüchtlingskinder aus Moria in Österreich nicht aufnehmen wollte. Da geht es um Kinder. Das ist einfach nicht menschenfreundlich, um es vorsichtig zu formulieren. Das Zweite – für mich genauso ein No-Go – ist, dass er eine Politik macht, die nur aus staatlichen Ressourcen besteht.
Im Burgenland?
Ja. Die SPÖ war aber immer dann stark, wenn die Balance geschaffen wurde zwischen einem Staat, der kontrolliert, der regelt, und einem Staat, der die Grundsatzregeln der Marktwirtschaft akzeptiert. Das war bei Bruno Kreisky so, das war auch bei Franz Vranitzky so. Was Hans Peter Doskozil im Burgenland macht, erinnert mich sehr an das, was Jörg Haider in Kärnten gemacht hat. Wir kennen alle das Resultat. Kärnten war danach bankrott und muss heute zehn Jahre später noch die Schulden abzahlen. Das ist nicht das politische Programm, das ich mir von einer Sozialdemokratie wünsche. Der dritte Grund: Ich kann als SPÖ-Mitglied niemanden zum Vorsitzenden wählen, der nicht eine Koalition mit der FPÖ ausschließt.
Das hat Doskozil zuletzt doch angedeutet?
Ich habe bei seinem ZIB2-Interview genau zugehört. Er hat gesagt, dass er eine Koalition mit Parteichef Herbert Kickl ausschließt, aber nicht mit der FPÖ. Und ehrlich gesagt: Mir ist es gleichgültig, ob Kickl Vizekanzler wird oder ein anderer. Mit einer Partei, die so EU-kritisch ist, die wahrscheinlich auch aus der EU austreten möchte, wenn sie es könnte, die im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland im besten Fall neutral, aber eher an der Seite Russlands steht und die in der Corona-Zeit ein Wurmmittel als Schutz empfiehlt, kann man nicht koalieren. Und da erwarte ich von jedem zukünftigen Parteivorsitzenden, dass er das ausschließt.
Zusammengefasst: Für den SPÖ-Vorsitz ist Doskozil nicht Ihr Mann.
Es gibt noch einen weiteren Grund: seine Persönlichkeit. Die SPÖ braucht an der Spitze jemanden, der einigt, der Diskussionen führt, der versucht, die Spaltung zu verhindern. Wir brauchen einen Einiger an der Spitze der SPÖ und noch viel mehr an der Spitze Österreichs. In den vergangenen Jahren hat er gezeigt, dass er das Gegenteil ist. Das hat ja schon unter Christian Kern begonnen und wurde mit ständigen Sticheleien gegen Pamela Rendi-Wagner fortgesetzt.
In einem Puls24-Interview haben Sie Ende 2022 gesagt, Hans Peter Doskozil ist für Sie kein Sozialdemokrat. Bleiben Sie bei dieser Formulierung?
Ich hätte das vielleicht damals nicht so überspitzt formulieren sollen. Aber Doskozil ist für mich jemand, der die SPÖ in eine Richtung führen will, die viele Gemeinsamkeiten mit der FPÖ hat. Das ist für mich der absolut falsche Weg. Deswegen würde ich eine SPÖ, die den Spitzenkandidaten Hans Peter Doskozil hat, nicht wählen können. Das wäre das erste Mal, dass ich in meinem Leben nicht SPÖ wählen würde.
Kommen wir zu Pamela Rendi-Wagner. Ihren Ausführungen zufolge wäre sie weiterhin die geeignete Bundesvorsitzende und Spitzenkandidatin der SPÖ.
Sie ist zweimal am Parteitag gewählt worden. Das letzte Mal mit 75 Prozent. Dennoch hat sie wissen wollen, ob die Mehrheit der Mitglieder hinter ihr steht. Auch da hat sie gewonnen. Und jetzt hat sie gesagt, machen wir die Mitgliederbefragung. Das ist etwas, was mir wirklich Respekt abverlangt. Eine Frau, die sagt, ich kämpfe. Ich kämpfe nicht für mich, sondern für die Richtung in der Partei. Deswegen stehe ich voll hinter Pamela Rendi-Wagner. Sie hat es verdient, als Spitzenkandidatin in die Nationalratswahl zu gehen und zu zeigen, was sie kann.
Sie werden ihr als Mitglied die Stimme geben?
Ja, und ich hoffe, dass sie gewinnt. Ich glaube auch nicht, dass Hans Peter Doskozil bei der Nationalratswahl besser abschneiden würde als Pamela Rendi-Wagner, denn viele Sozialdemokraten würden eine SPÖ unter der Führung von Hans Peter Doskozil nicht wählen.
Es gibt ein älteres Interview von Ihnen, wo Sie sagen, Sie trauen Rendi-Wagner zu, die SPÖ zu Wahlsiegen zu führen. Das hat sie bis jetzt aber noch nicht erfüllen können.
Nein, das hat sie nicht. Aber lassen wir sie doch die Wahl führen, und dann wird man sehen, ob sie diesen Anspruch auch erfüllen kann. Aber dazu braucht es auch eine geschlossene Partei. Und wenn man der Mitgliederbefragung und dem Sonderparteitag etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die Hoffnung, dass die Partei danach wieder geeint ist – und hoffentlich in die richtige Richtung gehen wird. Ich hoffe auch, dass die Sticheleien aus dem Burgenland aufhören, wenn Rendi-Wagner klar gewinnt. Sicher bin ich mir da aber nicht.
Bezüglich der Mitgliederbefragung gibt es in der SPÖ noch immer die Debatte, ob diese nur die Wiedergabe eines Meinungsbildes ist. Aber sollte das Ergebnis nicht doch bindend sein?
Das ist relativ klar. Wenn es aus dieser Befragung heraus ein klares Ergebnis gibt, dann wird der Parteitag diesem folgen. Da gibt es für mich überhaupt keine Diskussion. Wenn allerdings alle drei relevanten Kandidaten ungefähr die gleiche Stimmenanzahl haben, dann wird wohl oder übel der Parteitag entscheiden müssen.
Wenn es kein klares Ergebnis gibt, sollte dann eine neue Person für den Vorsitz gesucht werden?
Das muss der Parteitag entscheiden. Ich gehe aber davon aus, dass eine dieser drei Personen in Zukunft die Partei führen wird.
Könnten nicht eventuell Sie selbst so eine neue Person sein? Es gibt schon SPÖ-Funktionäre, die Ihren Namen ins Spiel bringen. Würden Sie dafür überhaupt zur Verfügung stehen?
Ich habe diese Frage in den vergangenen fünf bis sechs Jahren mindestens 50 Mal beantwortet und das immer mit dem gleichen Wort: nein.
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