Wird der Pilnacek-U-Ausschuss ein Fall fürs Höchstgericht?

TIROL: PROZESS / IBIZA U-AUSSCHUSS GEGEN OSTA JOHANN FUCHS: PILNACEK
Bis heute konnten sich die Fraktionen im Hohen Haus nicht durchringen, U-Ausschüsse live zu übertragen. Eine NGO könnte den VfGH zu einer Entscheidung zwingen.

Ehe im Jänner im Lokal 1 des Parlaments die Befragungen zum Pilnacek-U-Ausschuss beginnen, werden im Hohen Haus noch einige heikle Fragen diskutiert.

Abgesehen vom Inhalt des Untersuchungsausschusses, bei dem die FPÖ ja herausfinden will, ob Polizei und Justiz – salopp formuliert – schlampig beim Tod des Sektionschefs Christian Pilnacek ermittelt haben, sind auch die formalen Abläufe der Ausschusssitzungen Thema.

Die spannendste Frage lautet dabei: Wird der U-Ausschuss jetzt live übertragen?

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass dem so ist. Alle Fraktionen bekennen, dass sie prinzipiell dafür sind. Sowohl Nationalratspräsident Walter Rosenkranz als auch der Zweite Nationalratspräsident Peter Haubner haben zuletzt in Interviews angedeutet, dass eine Live-Übertragung durchaus möglich sei. Und zu guter Letzt gibt es nun auch noch ein anderes, formales Indiz, nämlich: einen Vertrag.

Der Hintergrund: Seit Jahr und Tag werden Parlamentssitzungen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk übertragen. Und laut dem KURIER vorliegenden Informationen ist der entsprechende Vertrag nun um den Punkt der U-Ausschüsse erweitert worden. Das bedeutet: Es gibt eine rechtliche Grundlage dafür, dass der ORF die bis heute nur medienöffentlichen Ausschusssitzungen live übertragen darf.

An dieser Stelle kommt das große Aber: Die genannten Indizien dürfen nicht überinterpretiert werden. Denn hinter den Kulissen bestätigen Vertreter mehrerer Parlamentsklubs, dass es doch sehr überraschend wäre, würde der Pilnacek-U-Ausschuss live übertragen. Zwar findet am 4. Dezember noch eine „Expertenrunde“ statt, bei der das „Für und Wider“ von Live-Übertragungen diskutiert wird. „Im Prinzip sind die Argumente aber seit Jahren unverändert und ausgetauscht, es handelt sich also eher um eine Beschäftigungstherapie“, erzählt einer der Teilnehmer unter Zusicherung von Anonymität. Und überhaupt sei fraglich, ob die für eine Änderung nötigen Parlamentsbeschlüsse vor den ersten Befragungen von Auskunftspersonen im Jänner gelingen.

Verfassungsgerichtshof

Unabhängig von den parlamentsinternen Diskussionen könnte in Bälde auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in die Entscheidung eingreifen. Der Grund heißt „epicenter.works“. Die NGO hat sich den Themen Transparenz und Open Government verschrieben, und im Parlament geht man davon aus, dass die Aktivisten einen juristischen Kniff verwenden werden, um nach dem Vorbild von Nationalratssitzungen auch die Sitzungen der U-Ausschüsse öffentlich zu machen.

Wie soll das gelingen? Die Aktivisten der NGO könnten bei der ersten Sitzung des U-Ausschusses versuchen, Kameras und Mikrofone im Ausschuss-Lokal zu positionieren, um Ton- und Bildaufnahmen zu ermöglichen. Wird ihnen das – wie es die geltende Rechtslage vorsieht – von Mitarbeitern des Parlaments verwehrt, könnten die Aktivisten mit dem Hinweis auf das Recht auf Information und die Meinungsfreiheit (Artikel 10 der Menschenrechtskonvention) vor den VfGH ziehen und dort ein Recht auf Öffentlichkeit erwirken.

Noch ist es nicht so weit. Doch sollte der VfGH die Rechtsmeinung der NGO teilen, würden nicht nur die Ausschusssitzungen live übertragen. Sie wären dann wohl grundsätzlich „saal-öffentlich“, wie es im Fachjargon heißt. Und das hieße: Jeder Staatsbürger könnte selbst vor Ort zuhören.

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