Faßmann zu Studenten: "Staat kann nicht für alles einspringen"

Faßmann zu Studenten: "Staat kann nicht für alles einspringen"
Wissenschaftsminister Heinz Faßmann berichtet über “Nächste Schritte im Bereich der Hochschulen" mit Uni- und FH-Rektoren

Das Sommersemester soll zum „neutralen Semester“ werden, hatte Bildungsminister Heinz Fassmann erklärt. Soll heißen: Für die Fortzahlung von Beihilfen sind keine Leistungsnachweise in diesem Semester zu erbringen, die Fristen für Studien- und Familienbeihilfe sind verlängert worden.

Keine zusätzliche Hilfe für Studenten

Faßmann sieht aber keine Notwendigkeit, deshalb Studiengebühren zu erlassen. Keine zusätzlichen Hilfen gibt es auch für Studenten, die sich einen Teil ihres Lebens durch Studentenjobs finanzieren, etwa in der derzeit geschlossenen Gastronomie. Zu einer zusätzlichen  finanziellen Unterstützung für Studierende erklärte der Minister: „Der Staat kann nicht für alles jetzt einspringen.“

Kein Schummeln bei digitalen Hochschulprüfungen

 

Und auch für die Unis ändert das nichts an den „Leistungsvereinbarungen“: Denn die Unis müssen sich einen Teil ihres Budgets „verdienen“, indem sie - wie mit dem Wissenschaftsministerium ausverhandelt – eine festgelegte Anzahl an Studenten positiv prüfen. Idee dahinter ist, dass die Studienzeiten insgesamt kürzer werden sollen.

Die Unis haben den Studierenden das in einem Mail so erklärt: "Das Ziel der Steigerung der Prüfungsaktivität als zentraler Indikator der Universitätsfinanzierung bleibt nämlich aufrecht, das heißt wir müssen weiterhin versuchen, möglichst viele Lehrveranstaltungen und Prüfungen bis zum 30. September abzuschließen!"

Medizin-Aufnahmetest verschoben

Fix ist, dass der für 3. Juli geplante Aufnahmetest für das Medizinstudium wird Corona-bedingt verschoben. In einem Verordnungs-Entwurf gibt Faßmann nun zwei Optionen vor: Der Test soll entweder am 14. August oder im Zeitraum von 28. September bis 7. Oktober stattfinden. Auch alle anderen Präsenz-Aufnahmeprüfungen mit mehr als 200 Teilnehmern finden erst ab 1. August statt.

Für den Medizin-Aufnahmetest an den Medizin-Unis Wien, Innsbruck und Graz bzw. der Uni Linz haben sich 17.600 Personen angemeldet. Für den 14. August spreche, dass die Unis im Sommer leichter mehrere Standorte anmieten können und auch an den Hochschulen selbst dann mehr Platz sei, so Faßmann bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Aus einer Großveranstaltung kann so eine Veranstaltung mit mehreren kleineren Standorten werden.“

Aufnahmetests ab 1. August bleiben

Alle anderen geplanten Präsenz-Aufnahmetests mit mehr als 200 gleichzeitig anwesenden Teilnehmern dürfen ab 1. August durchgeführt werden. Das betrifft etwa die Jus-, Informatik- und Wirtschaftsstudien - außer sie weichen auf eine Online-Variante aus, wie das etwa bereits die Wirtschaftsuniversität (WU) gemacht hat, oder sie teilen die Teilnehmer auf mehrere Standorte bzw. Zeitpunkte auf.

„Durchstarten“ statt Hochfahren

Ansonsten wird der Hochschulbetrieb langsam hochgefahren - wobei Hochfahren eigentlich das falsche Wort sei: „Durchstarten ist vielleicht der bessere Begriff“, so Faßmann. Die Hochschulen würden weitgehend geschlossen bleiben, Lehre und Prüfungen so weit als möglich online stattfinden.

Jene wenigen großen Prüfungen, die nicht auf diese Weise durchgeführt können, müssten unter den entsprechenden Hygienemaßnahmen geplant werden - also mit durchorganisierten Zu- und Abgängen, großen Abständen zwischen Tischen, Mundschutz außer am Platz, Waschmöglichkeiten etc. Bei der Verteidigung von Abschlussarbeiten würden die Prüfungskommissionen klein und die Prüfungsräume möglichst groß gehalten.

„Abspecken“ bei Uni-Übungen

Laborübungen, Lehrgrabungen und künstlerischer Einzelunterricht sollen laut Faßmann in abgespeckter Form durchgeführt werden. Forschung in Labors bzw. am Patienten werde schrittweise ermöglicht. Einschränkung: Grabungen oder Feldstudien im Ausland müssen weiter unterbleiben.

Eine von der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) geforderte generelle Rückzahlung von Studiengebühren in diesem bzw. den Verzicht darauf im kommenden Semester wird es nicht geben. „Die Universitäten und Fachhochschulen sagen zurecht, dass erst am Ende des Tages abgerechnet werden kann“, so Faßmann. „Solange es Lehre und Prüfungen gibt, kann man nicht von einem verlorenen Semester sprechen.“ Man werde sich aber in Einzelfällen ansehen, ob Studierende wirklich keine Leistungen erhalten hätten, versprach die Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler. „Das wird aber ein individuelles System sein müssen.“

Die Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten werden grundsätzlich nicht aufgeschnürt. Man werde sich aber etwa ansehen, ob bzw. inwieweit Geld zurückgefordert werde, wenn Unis es nicht schaffen, die vereinbarte Steigerung der prüfungsaktiven Studenten zu erreichen, so Faßmann.

Die Fachhochschulen (FH) wiederum sollen die vom Bund finanzierten Normkosten pro Studienplatz auch dann bekommen, wenn sie diese Plätze coronabedingt nicht füllen können. Gleichzeitig verlangte der Präsident der Fachhochschulkonferenz (FHK), Raimund Ribitsch, erneut eine zehnprozentige Erhöhung dieser Fördersätze.

Heftige Kritik der Hochschülerschaft

Für die ÖH sind die „vermeintliche Erfolge bei der Umsetzung der Fernlehre“ nicht nachvollziehbar, vielmehr sprechen die Studierendenvertreter von einem „katastrophaler Fehlschlag“.

Laut Faßmann, so die Kritik der ÖH-Vertreter, werde die Fernlehre von einer breiten Mehrheit der Studierenden mit „es geht so“ bewertet.  “Das Eigenlob von Ministerium und FHK zu einer de facto nicht funktionierenden Fernlehre ist absurd. „Es geht so“ kann und darf doch nicht der Anspruch an Österreichs Bildung sein!“, kritisiert Adrijana Novaković vom ÖH Vorsitzteam.

Bei einer Studie der Universität Wien zu „Lernen unter COVID-19-Bedingungen“ gaben ein Viertel der Studierenden an, dass sich der Lernaufwand durch die Umstellung auf Fernlehre übermäßig erhöht hat. Lediglich 7% der Studierenden gaben an, erfolgreich unter den aktuellen Bedingungen studieren zu können.

“Statt Selbstbeweihräucherung braucht es Lösungen. Eine Absage für die Rückerstattung der Studiengebühren für alle Studierenden mit erbrachten Serviceleistungen der Hochschulen zu argumentieren ist eine Frechheit.“, so Novaković weiter.

Kritik gibt es auch, weil nicht vorgesehen ist, Studiengebühren zurückzuerstatten.  Dora Jandl vom ÖH Vorsitzteam kritisiert diesen Schritt: “Während für Unternehmen Milliarden locker gemacht werden, lässt man Studierende mit ihren finanziellen Schwierigkeiten alleine. Für viele heißt es im Moment: Miete oder Studiengebühren zahlen. Für ein tatsächlich neutrales Semester braucht es endlich einen Erlass. Die Probleme, mit denen sich Studierende tagtäglich an uns wenden, löst man nicht mit Pressekonferenzen und leeren Versprechungen. Die Studiengebühren müssen jetzt rückerstattet werden.

FPÖ kritisiert, Neos begrüßen Schritte

„Lediglich ein “inhaltsloses Geschwurbel“ sei Faßmanns Pressekonferenz gewesen, kritisieren die Freiheitlichen. Wissenschaftssprecher Martin Graf meinte: „Wo da die ‚nächsten Schritte im Bereich der Hochschulen‘ waren, wie es in der Ankündigung der Pressekonferenz hieß, lässt sich aber nach den Ausführungen des Ministers nicht einmal erahnen.“

„So hat Faßmann überhaupt nichts darüber berichtet, wie es mit den österreichischen Universitäten tatsächlich weitergehen soll, ob nun individuell aufgesperrt wird oder nicht. Auch präsentierte der Minister zum Aufnahmetest für das Medizinstudium kein neues Konzept. Dieser Test wird einfach verschoben und soll nun entweder am 14. August oder im Zeitraum von 28. September bis 7. Oktober stattfinden. Es ist schon klar, dass Corona-bedingt die Situation an den Unis nicht einfach ist, aber Faßmann hat mit seiner heutigen Pressekonferenz den Studenten mehr Verunsicherung als notwendige Klarheiten vermittelt.“

„Ich bin froh, dass Wissenschaftsminister Faßmann heute endlich klargestellt hat, wie es mit den Medizinaufnahmetests weitergeht“, so NEOS-Wissenschaftssprecherin Martina Künsberg. „Es ist gut, dass sich Studierende und Lehrende nun darauf einstellen können, wie die nächsten Monate in etwa aussehen. Nun braucht es auch für die anderen Aufnahmeverfahren schnell Klarheit. Bei weiteren Detailfragen, wie, welche Lehrveranstaltungen wieder als Präsenzlehre geführt werden, erwarte ich, dass Ministerium und Universitäten alle Betroffenen schnell und transparent informieren.“

Auch der Vorsitzende der JUNOS Studierenden, Stephen Slager, begrüßt die heutige Klarstellung: „Die Verschiebung des Medizinaufnahmetests ist eine sinnvolle Lösung. Ich bin froh, dass dies nun mit einem konkreten Datum kommuniziert wurde.“

Slager begrüßt weiters, dass die Fristen für Studien- und Familienbeihilfe verlängert wurden: „Studierende, die dieses Semester aufgrund der COVID-Maßnahmen ihr Studium nur eingeschränkt fortsetzen konnten, dürfen dadurch keinen finanziellen Nachteil haben.“

An der Fachhochschule Wiener Neustadt hat sogar schon die erste Präsenzprüfung stattgefunden - örtlich ist man dafür in die Arena Nova ausgewichen. 90 Studenten des Studiengangs Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege wurden für ihre Prüfung in Anatomie & Physiologie in mehrere Hallen aufgeteilt, hieß es in einer Aussendung. Pro Student waren dabei rund 30 Quadratmeter reserviert.

Noch nicht endgültig geklärt ist das weitere Vorgehen der Hochschulen bei den Aufnahmeprüfungen für das nächste Studienjahr. In den meisten großen Studienrichtungen laufen derzeit noch die Anmeldefristen. Klarheit soll es bis Mitte Mai geben.

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