Wie der USA-China-Zollstreit Europas Bauern unter Druck setzt

Ein transatlantischer Wirbel braut sich in der Welt der Landwirtschaft zusammen, und die Bauern der EU sind mittendrin.
Auslöser ist der Zollkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China. Nikolaus Berlakovich, Ex-Landwirtschaftsminister und Vizepräsident der COPA, die 22 Millionen europäische Landwirte vertritt, warnt vor einem globalen Agrarsystem, das gerade ins Rutschen gerät.
Der Konflikt begann, als die Zollpolitik von Präsident Donald Trump China dazu veranlasste, die Tür für amerikanische Agrarprodukte zuzuschlagen. „Die Amerikaner haben ungefähr 20 Prozent ihrer Ernte nach China verkauft. Jetzt kauft China nichts mehr“, sagt Berlakovich. Der Stopp hat die US-Bauern schwer getroffen, insbesondere jene im Mittleren Westen, die traditionell riesige Mengen an Sojabohnen, Weizen und Schweinefleisch auf den chinesischen Markt exportierten. „Der Unmut in den USA ist extrem groß“, sagt Berlakovich.
Als Reaktion darauf hat Präsident Trump die Bauern zu „Helden“ erklärt und in einem Social-Media-Post geschworen, ihnen mit den neuen Zolleinnahmen zu helfen.
Da ihr Hauptmarkt weggebrochen ist, suchen die US-Produzenten nun nach neuen Käufern – und haben Europa im Visier. Hier beginnt der neue Konflikt. Denn die EU und die USA agieren nach unterschiedlichen landwirtschaftlichen Philosophien. Die europäischen Bauern und die europäische Gesellschaft fordern hohe Standards, die die USA als Hindernisse betrachten. Die Liste der Meinungsverschiedenheiten ist lang:
- Hormone und Antibiotika Europa verbietet strikt den Einsatz von Hormonen in der Rindermast und wachstumsfördernden Antibiotika – beides gängige US-Praktiken.
- Chlorhuhn Die amerikanische Praxis, Hühnerfleisch in Chlor zu waschen, ist in Europa verboten.
- Gentechnik (GVO) Während GVO-Sojabohnen in Europa als Futtermittel verwendet werden dürfen, müssen sie bei der Verwendung in der Lebensmittelindustrie gekennzeichnet werden – eine Regel, die US-Produzenten nicht nachvollziehen können.
- Geografische Angaben Die Europäer schützen die Herkunft von Produkten wie Parmaschinken und bestehen darauf, dass er nur aus diesen Regionen kommen darf. Die US-Sichtweise ist unverblümt, sagt Berlakovich: „Warum sollte Parmaschinken nicht aus Texas kommen?“
Aus amerikanischer Sicht sind dies keine Sicherheitsstandards, sondern „nicht tarifäre Handelshemmnisse“. US-Beamte und Landwirte argumentieren wiederholt, dass die europäischen Regeln nicht „wissenschaftlich basiert“ seien und ihren Marktzugang unfair behindern.
Der Druck auf Europa verschärft sich, da es als potenzielle Lösung für Amerikas wachsendes Agrarhandelsdefizit angesehen wird, das sich in nur einem Jahr von 16 Milliarden auf 31,8 Milliarden US-Dollar fast verdoppelt hat. Die USA exportieren hauptsächlich Rohwaren wie Soja und Weizen, während sie höherwertige verarbeitete Lebensmittel importieren – ein Trend, den Präsident Trump unbedingt umkehren will.

Bild oben von der 41. Nordamerika-EU Agrarkonferenz, am Bild von links nach rechts: Niki Berlakovich (1.COPA Vizepräs.), Massimiliano Giansanti (COPA Präs.), Keith Currie (Präs.Canadian Federation of Agriculture), Zippy Duvall (Präs. American Farm Bureau Federation), Jorge Esteve (Präs.Mexican National Agricultural Council)
Während die USA darauf drängen, die Standards zu senken, kämpft der europäische Markt zudem mit einem massiven Zustrom von Agrargütern aus der Ukraine, darunter Weizen, Mais, Geflügelfleisch, Honig und Zucker. Berlakovich warnt vor einer „kumulativen Wirkung“, die für die europäische Landwirtschaft verheerend sein könnte. Die Kernforderung der europäischen Bauern: ein fairer, regelbasierter Handel, der auf Gegenseitigkeit beruht. „Die gemeinsame Agrarpolitik, die wir in Europa haben, muss durch die Handelspolitik unterstützt und nicht untergraben werden“, betont Berlakovich.
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