Wer wie ins Parlament kommt: Ein Fall für Mathematiker

Wer wie ins Parlament kommt: Ein Fall für Mathematiker
Aus Stimmen werden Mandate – so sehen die Rechenaufgaben während und nach der Auszählung aus.

Es geht alles doch recht flott: Eben erst gewählt, kurz nach 17 Uhr ist schon die erste Hochrechnung da, und noch am selben Abend liegt das vorläufige Endergebnis (ohne Briefwahl und Wahlkartenstimmen) vor. Da gibt es auch schon Wählerstromanalysen und die Mandatsverteilungen im Parlament.

Doch wie werden aus den Stimmen die Mandate? Eines vorweg: Ohne Mathematik geht gar nix.

Aus den abgegebenen Stimmen wird die Verteilung der Sitze im Parlament errechnet. Das Prozedere funktioniert in drei Stufen. Der KURIER hat es sich auf Basis der Nationalratswahlen 2017 angesehen.

Es ist komplex. „Aber transparent“, erklärt Politikwissenschaftler Florian Perlot, der die Ermittlungsverfahren für das Institut für Strategieanalysen digital animiert hat. Unten ist die Animation zu sehen, optimale Darstellung in der Desktopversion.

Die Idee des Wahlsystems sei eine möglichst gerechte Umlegung der Wählerstimmen. „In allen Regionen Österreichs sollen Mandate erreicht werden können.“

Und: Allen politischen Kräften von zahlenmäßig erheblicher Bedeutung werden Sitze im Parlament gesichert. Daher gibt es für die Parteien eine Vier-Prozent-Hürde.

Die Basis für die Berechnungen sind die Daten der Volkszählung. Das Wahlsystem an sich ist gesetzlich verankert: in den 129 Paragrafen der Nationalrats-Wahlordnung.

Hochgerechnet

Am Wahltag herrscht Hochbetrieb bei den Statistikern und Mathematikern. Sobald die ersten aussagekräftigen Sprengelergebnisse da sind, wird hochgerechnet. Kurz nach Wahlschluss um 17 Uhr könnte ein mögliches Ergebnis schon vorliegen: Sowohl Christoph Hofinger (SORA) als auch Franz Sommer (ARGE Wahlen) erwarten, den Wahlausgang mit einer Schwankungsbreite von etwa zwei Prozentpunkten vorhersagen zu können. Inklusive Schätzung zur Briefwahl.

Es gibt aber Unsicherheitsfaktoren: Sollte es knapp hergehen, könnten die Platzierungen der Parteien unsicher sein. Sollte es ganz knapp hergehen, könnte sogar nach Auszählung der Urnenwahl noch nicht hundertprozentig feststehen, welche Partei welchen Platz innehat oder welche Partei es in den Nationalrat geschafft hat. Grund dafür ist jener Teil der Briefwahlstimmen, die erst am Montag und Donnerstag nach der Wahl ausgezählt werden. Voraussichtlich werden sie mehr als 15 Prozent der gültigen Stimmen ausmachen.

Mehr Stimmen als Wähler

Mit einer Stimme pro Person ist es nicht getan: Theoretisch können bei der Nationalratswahl 25,6 Millionen Stimmen vergeben werden – und zwar, wenn alle 6,4 Millionen berechtigten Österreicher von ihrem Wahlrecht vollen Gebrauch machen.

Jeder verfügt über vier Möglichkeiten, ein Votum abzugeben: Eines für die Partei und drei Vorzugsstimmen für je einen Kandidaten in Wahlkreis, Bundesland und Bund. Die Vorzugsstimmen dürfen nicht gesplittet werden: Gültig sind sie nur, wenn die bevorzugten Personen alle der gewählten Partei angehören.

Die Wähler sollen so die Möglichkeit haben, Politikern, zu einem Mandat verhelfen zu können. Denn prinzipiell entscheiden die Parteien über ihre Listen, wer Abgeordneter wird. Es sei denn, ein nachgereihter Kandidat erhält genügend Vorzugsstimmen. Bisher haben diese bei Nationalratswahlen allerdings nur selten Kandidaten zu einem Mandat verholfen.

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